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Beitrag vom 09.07.2008
Neuester Antisemitismus-Skandal in Berlin
Benjamin Weinthal
Der Beitrag von Benjamin Weinthal zu den israelfeindlichen Äußerungen Mohammed Laridschanis, dem Ex-Außenminister des Iran, erschien bereits bei "Welt-Online" und ist nun auf AVIVA-Berlin zu lesen.
In unmittelbarer Nähe des Holocaust-Mahnmals, in der Hessischen Landesvertretung im Herzen Berlins, fallen erschütternde Sätze: Ein ehemaliger stellvertretender iranischer Außenminister fordert das Ende des "zionistischen Projekts" in Palästina. Die Konferenz, auf der das passiert, wird mit staatlichen Geldern finanziert.
Es überraschte kaum, dass der ehemalige iranische Vizeaußenminister Mohammed Laridschani ganz im Stile seines Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad kürzlich über Israel sagte: "Der zionistische Plan ist schrecklich gescheitert und hat nichts als fürchterliche Schäden in der Region verursacht."
Es überraschte allerdings, dass der Iraner dies in der Hessischen Landesvertretung sagen durfte, unweit des Holocaust-Mahnmals im Herzen von Berlin. Noch dazu auf der vom Auswärtigen Amt und der Bundesregierung mitfinanzierten dritten transatlantischen Konferenz, deren erklärtes Ziel es war, "gemeinsame Lösungen" für den Nahen Osten zu diskutieren.
Außenamtssprecher Jens Plötner bestätigte der Zeitung "Jerusalem Post", dass das Auswärtige Amt, Wirtschaftsministerium, Forschungsministerium sowie das Kanzleramt der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) eine Geldsumme für diese Konferenz überwiesen hätten. Der finanzielle Zuschuss stamme aus einem Fond für "zivilgesellschaftliche Projekte". Die Hessische Stiftung habe vier Monate vor der Konferenz auf einem überbehördlichen Treffen vorgeschlagen, Laridschani einzuladen, erklärte Plötner.
Leugner des Holocausts und Befürworter der Steinigung
Eine Ministeriumsmitarbeiterin bestätigte WELT ONLINE, das Auswärtige Amt habe darauf bestanden, dass Laridschani als Redner auf der Konferenz "gefördert werden sollte". Dem Protokoll der vertraulichen Sitzung zufolge haben die Vertreter von drei der vier beteiligten Behörden zugestimmt, Laridschani einzuladen. Der Vertreter des Wirtschaftsressorts habe sich enthalten und geltend gemacht, die Einladung des Vertreters eines menschenverachtenden Regimes sei nicht angemessen für eine Friedenskonferenz.
Laridschani sagte auf der Konferenz Ende Juni 2008 weiter, die Leugnung des Holocausts in der muslimischen Welt habe nichts mit Antisemitismus zu tun, Präsident Ahmadinedschad habe nie den Holocaust geleugnet. Tatsächlich aber hat er den Holocaust immer wieder infrage gestellt und berief 2005 eine Konferenz in Teheran ein mit dem Titel: "Eine Welt ohne Zionismus". Er lud dazu Holocaust-Leugner aus aller Welt ein.
Mohammed Laridschani, der Bruder des iranischen Parlamentspräsidenten und ehemaligen Teheraner Atomunterhändlers Ali Laridschani, ist erklärter Befürworter martialischer Strafen wie der Steinigung. Er hatte 2007 als Vorsitzender der iranischen Menschenrechtskommission erklärt, die Steinigung sei eine legitime Strafe und nicht unangemessen für einen Verstoß gegen ein religiös-islamisches Gesetz.
Gehen Wirtschaftsinteressen vor den Menschenrechten?
Harald Müller, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der HSFK, meinte: "Herr Laridschani ist Teil des konservativen Lagers, das auf Distanz zu Präsident Ahmadinedschad gegangen ist. Das macht ihn als Person interessant." Müller schrieb in einer Pressemitteilung, die HSFK bedaure, "die Gefühle einzelner israelischer Teilnehmer verletzt" zu haben. Damit suggeriere er, so analysierte das "Wall Street Journal Europe" in einem Kommentar, das Problem sei die Überempfindlichkeit der Israelis und nicht der iranische Aufruf, ihr Land zu zerstören.
Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, kritisierte das Auswärtige Amt scharf: "Die Tatsache, dass ein Mittäter im Mullah-Regime auf Anregung des Auswärtigen Amtes eingeladen wurde, ist schon schlimm genug. Wie bereits in der Tibet-Frage rangieren offenbar handfeste Wirtschaftsinteressen vor Menschenrechten und bestimmen den Kuschelkurs des Auswärtigen Amtes und einzelner Mitglieder des Deutschen Bundestages mit der Diktatur im Iran. Die Leidtragenden sind nicht in erster Linie die Bürger Israels oder die Juden insgesamt, sondern die verfolgten und unterdrückten Studenten, Frauen und Journalisten im Iran selbst."
Ein Pressesprecher der Bundesregierung bestätigte, Kanzleramt und Auswärtiges Amt hätten alle antisemitischen und antiisraelischen Äußerungen Laridschanis mündlich zurückgewiesen. Eine offizielle schriftliche Verurteilung gibt es bislang jedoch nicht. Das Wiesenthal Center Europa forderte Außenminister Frank-Walter Steinmeier dazu auf, das Justizministerium darin zu bestärken, juristische Schritte gegen Laridschani einzuleiten. Er habe mit seinen Äußerungen gegen deutsches Recht verstoßen.
Der Publizist Henryk M. Broder machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass während der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer die Hitler-Wachsfigur im Berliner Madame Tussauds als "Banalisierung und Veralltäglichung des Schreckens" kritisiert, ein ehemaliger stellvertretender iranischer Außenminister in Berlin das Ende des "zionistischen Projekts" in Palästina fordern könne, "ohne dass ihm jemand ins Wort fällt."
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