Kooperation will Antisemitismus sichtbar(er) machen und den Betroffenen zur Seite stehen. FACHSYMPOSIUM am 15. und 16. November in Berlin: Vom Schweigen und Sprechen über Antisemitismus - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Public Affairs



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 10.10.2016


Kooperation will Antisemitismus sichtbar(er) machen und den Betroffenen zur Seite stehen. FACHSYMPOSIUM am 15. und 16. November in Berlin: Vom Schweigen und Sprechen über Antisemitismus
AVIVA-Redaktion

Das Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST) e.V. und die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V. ermutigen Jüdinnen und Juden darin...




... , antisemitische Vorfälle zu melden

Erfahrungen mit Antisemitismus werden von Juden und Jüdinnen nur selten bei der Polizei angezeigt oder bei zivilgesellschaftlichen Organisationen gemeldet. Ihre Erfahrungen bleiben für die nicht-jüdische Bevölkerung weitgehend unsichtbar. Werden sie thematisiert, reagieren Beteiligte häufig abwehrend: Antisemitismus wird bagatellisiert und als "nicht so gemeint" entschuldigt, die Betroffenen als "zu empfindlich" dargestellt.

Am 29. September 2016 wurde nun eine Kooperation zwischen RIAS und dem "Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment" der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden vereinbart, um dieser Unsichtbarkeit entgegenzuwirken und die Vorfälle zu dokumentieren. Das Ziel: Betroffene unterstützen, jüdische Menschen schützen

Der Direktor der ZWST, Benjamin Bloch, ist zuversichtlich, dass diese modellhafte und zukunftsweisende Kooperation ein wichtiger Meilenstein für die Antisemitismusbekämpfung in Deutschland ist. Er erklärt: "Die enge Zusammenarbeit unserer Projekte wird die Unterstützung jüdischer Institutionen, sowohl auf der Ebene der Erfassung antisemitischer Vorfälle als auch im Bereich der Beratung und Begleitung von Betroffenen verbessern."

Die Geschäftsführerin des VDK e.V., Bianca Klose, freut sich über das Zustandekommen der Kooperation mit der ZWST. Sie erklärt: "Die Einbeziehung der Sichtweisen und Expertisen von Juden und Jüdinnen sind für unsere Projekte, die sich gegen Antisemitismus und für die Entwicklung einer demokratischen Kultur einsetzen von elementarer Bedeutung. Die gezielte Ansprache jüdischer Communities und der Aufbau von Vertrauen in zivilgesellschaftliche Angebote ist ein zentrales Anliegen von uns."

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS), gefördert durch das "Landesprogramm Demokratie. Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus" hat im Austausch mit jüdischen und nicht-jüdischen Organisationen aus Deutschland und England ein Melde- und Erfassungssystem in Berlin entwickelt und erprobt. Das niedrigschwellige Angebot beruht auf einem mehrsprachigen Online-Portal, über das sich die Betroffenen jederzeit an das Projekt wenden können. Benjamin Steinitz, der Leiter von RIAS erklärt dazu: "Obwohl uns seit dem Start der Online-Meldestelle im Juli 2015 weit über 200 Vorfälle aus Berlin und anderen Bundesländern mitgeteilt wurden, gehen wir davon aus, dass das Dunkelfeld noch immer viel zu groß ist. Deswegen freuen wir uns den in Berlin bereits erfolgreich eingeschlagenen Weg ab sofort gemeinsam mit einem weiteren bundesweit tätigen Partner verfolgen zu können."

Das Kompetenzzentrum der ZWST, gefördert durch das Bundesprogramm "Demokratie leben!" entwickelt Programme für Community Coaching, Wissenschaftspraxistransfer und politische Bildung. Darüber hinaus qualifiziert das Kompetenzzentrum spezialisierte Fachkräfte und baut eigene Beratungs- und Unterstützungssysteme auf. Marina Chernivsky, die Leiterin des Kompetenzzentrums erläutert: "Antisemitische Kommunikation und konkrete Vorfälle werden oft zum Selbstschutz klein geredet oder als traurige Normalität begriffen. Die mangelnde Anerkennung der Betroffenenperspektive ist oftmals der Grund, warum auch die bestehenden Beratungsangebote nicht in Anspruch genommen werden. Menschen, die Diskriminierung erfahren, wollen nicht als Opfer angesehen werden. Sie haben ihre eigenen Ressourcen und Umgangsstrategien und brauchen Räume für Selbsterfahrung, Austausch und professionelle Unterstützung. Dort wo Erfahrungen geteilt werden, ergeben sich neue Möglichkeiten für ein wirksames und stärkendes Handeln."

Mit den neuen Angeboten des Kompetenzzentrums rückt nun auch das Empowerment der Betroffenen in den Fokus der ZWST.

Kontakt für Rückfragen und weitere Informationen unter:

Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment (ZWST): zwst-kompetenzzentrum.de

Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS): www.report-antisemitism.de/berlin

Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) auf Facebook: www.fb.com/AntisemitismusRechercheBerlin

Verein für Demokratische Kultur in Berlin e.V.: www.vdk-berlin.de

Veranstaltungshinweis
15. November, 14 Uhr, und 16. November 17:30 Uhr
FACHSYMPOSIUM "Vom Schweigen und Sprechen über Antisemitismus"

Das Symposium ist ein Forum für kritische Reflexion über den Antisemitismus aus der Sicht jüdischer Zivilgesellschaft - Studierender, Künster*innen, Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen. Mit diesem neuen Event will das Kompetenzzentrum der ZWST jüdische Perspektiven auf Antisemitismus sichtbar machen, Selbstermächtigungsideen diskutieren und Ressourcen bündeln. Die Teilnehmer*innen erwartet ein vielseitiges Programm, das durch Referent*innen aus der Wissenschaft, Kunst und Praxis bereichert wird.
Die Veranstaltung greift die Erkenntnisse der Empowerment-Bewegung auf und stellt die unterschiedlichen Empowerment-Ansätze im Hinblick auf Bedarfe und Entwicklungen der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zur gemeinsamen Diskussion.
Berlin (Mitte)
Die Online Anmeldung ist ab sofort möglich unter:
zwst-kompetenzzentrum.de


"Die Arbeit von RIAS ist sehr wertvoll" - Berliner Stimmen zum 1-jährigen Bestehen der Online-Meldestelle für antisemitische Vorfälle

Zahlreiche Betroffene antisemitischer Vorfälle haben sich seit der Gründung der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Berlin im Jahr 2015 an das Projekt gewandt. Rund 200 Fälle wurden seit vergangenem Sommer über das mehrsprachige Online-Portal www.report-antisemitism.de und über soziale Medien an RIAS gemeldet.

Der alltägliche Antisemitismus wird durch die Arbeit von RIAS sichtbarer

Das bundesweit erste zivilgesellschaftliche Angebot dieser Art wurde vom Verein für demokratische Kultur in Berlin e.V. (VDK e.V.) gegründet, weil von Antisemitismus betroffene Jüdinnen und Juden ihr Erfahrungen nur selten zur Anzeige bringen. Im ersten Jahr konnten zahlreiche Vorfälle sichtbar gemacht werden, ein Erfolg der Meldestelle, wenngleich ein bedrückender. Positiv zu verzeichnen ist, dass nach Veröffentlichungen von RIAS die Berliner Polizei mehrere Dutzend antisemitische Straftaten aus dem Vorjahr nacherfasst. Die Zahlen von RIAS liegen deutlich über denen der behördlichen Statistik.

"Die Schilderungen der Betroffenen werden auf Grundlage der Arbeitsdefinition Antisemitismus bewertet", sagt Projektleiter Benjamin Steinitz, "Wenn die Berliner Polizei, sich an dieser Arbeitsdefinition bei der Ermittlung antisemitischer Tatmotive orientieren würde, wie es zum Beispiel die englische Polizei tut, dann wäre die Fallzahl auch in der offiziellen Statistik deutlich höher."
Auch die vielen Meldungen von Vorfällen, die keine strafrechtliche Relevanz haben, belegen den großen Bedarf für die Aufnahme und Bekanntmachung antisemitischer Vorfälle durch eine zivilgesellschaftliche Organisation.

"Nur wenn wir als politische Entscheidungsträger genau wissen, womit wir es zu tun haben, ist eine effektive und zielgerichtete Bekämpfung dieser gefährlichen Ideologie möglich." (Anja Schillhaneck, Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses)
"Die Meldestelle trägt dazu bei, das Dunkelfeld aufzuhellen, hilft Betroffenen und unterstützt die Arbeit der Polizei." (Dilek Kolat, Berliner Bürgermeisterin und Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen)
"Wir Juden in Deutschland können uns nur in diesem Land sicher fühlen, so lange diese Form der Aufklärung stattfindet und Antisemitismus von Zivilgesellschaft und Institutionen aktiv bekämpft wird." (Vize-Präsidentin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V., Maya Zehden)

Aus der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Berlin:

Einem Israeli und seiner Begleitung wird von drei angetrunkenen Männern aus der Ferne zugerufen "Da sind ja schon wieder ein paar von diesen Drecksjuden" und "Scheiß Juden, dass ihr euch immer noch in unser Land traut." Die Täter treffen die Beiden mit Glasflaschen. Die umstehenden Passant_innen reagieren nicht.
Ein orthodoxer Jude wird auf dem Weg zur Synagoge von zwei Unbekannten gefragt, ob er Jude sei. Als er die Frage bejaht, wird er von einem der Täter beschimpft und zwei Mal ins Gesicht gespuckt. Der Angreifer bezeichnet sich selbst als Palästinenser und fertigt mit seinem Handy mutmaßlich Fotos von dem Betroffenen an.






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Beitrag vom 10.10.2016

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