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Beitrag vom 20.02.2008
Zunehmender Antisemitismus in Italien
Anna Tremper
Der Antisemitismus erfährt in Italien derzeit eine Renaissance. Linke rufen zum Boykott gegen israelische SchriftstellerInnen auf, Neonazis denunzieren jüdische ProfessorInnen im Internet.
Als im Februar 2008 bekannt gegeben wird, dass zur Turiner Buchmesse 2008 israelische SchriftstellerInnen als Ehrengäste geladen werden sollen, protestiert die italienische Linke dagegen. Unterstützung erhält sie von arabischen SchriftstellerInnen, die die Veranstaltung boykottieren wollen. Doch auch die italienische Neonaziszene weiß ihre antisemitischen Ansichten zu verbreiten.
Die jüngsten Ereignisse weisen darauf hin, dass Antisemitismus in Italien zur Zeit sowohl bei der politischen Linken als auch bei den Rechten starken Zuspruch findet.
"Manches ist kaum zu glauben, und doch wahr." äußert Dr. Elvira U. Grözinger, Vizevorsitzende der Initiative "Peace in the Middle East" (SPME-Germany) angesichts der von italienischen Neonazis veröffentlichten "schwarzen Liste" die jüngst im Internet erschienen ist. Auf dieser Liste sind die Namen von 162 HochschullehrerInnen verschiedener italienischer Universitäten zu finden, die als "Professori Universitari Ebrei" (jüdische UniversitätsprofessorInnen) geführt werden. Dieser Liste geht eine Aufzählung von Anschuldingen voran, die den an den Pranger gestellten DozentInnen angelastet werden. Es ist von Machtlobbyismus jüdischer ProfessorInnen die Rede und davon, dass die genannten Personen Propaganda für Israel machten und ihre Interessen auf Kosten des italienischen Volkes verteidigten. Zudem wird das Verhalten der Organisation britischer HochschullehrerInnen (UCU) gelobt. Diese ruft seit 2005 regelmäßig zum Boykott israelischer WissenschatlerInnen auf.
Lesen Sie mehr dazu auf AVIVA-Berlin: Akademischer Boykott gegen Israel
Donatella di Cesare, Professorin an der Universität La Sapienza, ist eine der genannten Dozentinnen. Sie wendet sich in einem Brief an die Öffentlichkeit und bittet um Solidaritätsbekundungen mit den denunzierten ProfessorInnen. In ihrem Schreiben äußert sie sich entsetzt über die Liste und sagt, sie fühlte sich als hielte sie ein Schriftstück aus den Dreißiger Jahren in den Händen. Überdies spricht sie davon, dass sich das kulturelle und politische Klima in Italien, auch unter den Intellektuellen, schon seit längerem in eine antisemitische Richtung entwickelt hätte.
Dem Aufruf Donatella di Cesares sind die VertreterInnen der Initiative "Peace for the Middle East" gefolgt und bekunden ihre Solidarität mit den Betroffenen:
"Wir verurteilen diese Liste aufs Schärfste und unterstützen die weltweiten Proteste gegen derartige Angriffe auf Hochschullehrer und Wissenschaftler. Diese eindeutig antisemitischen, antizionistischen und antiisraelischen Ausfälle erinnern an die dunkelsten Zeiten des Nationalsozialismus und Faschismus. Es ist nicht hinnehmbar, dass im demokratischen Italien, ja im Europa des 21. Jahrhunderts, solches geschehen kann. Wir appellieren daher an die internationale wissenschaftliche Community, sich an unserem Protest zu beteiligen und fordern die italienische Regierung auf, alles zu tun, um die Täter zu finden, zu bestrafen und die jüdischen Bürger ihres Landes zu schützen." (Der Vorstand von SPME-Germany Diethard Pallaschke, Elvira Grözinger, Matthias Küntzel, Stefanie Galla, Ralf Schumann,,Karl Ernst Roehl, Jörg Rensman).
Die Liste ist bereits aus dem Internet gelöscht worden, doch vergessen wird sie so schnell nicht. Nun bleibt zu hoffen, dass die BoykotteurInnen der Turiner Buchmesse ein Einsehen haben und sich bewusst werden, dass ihr Vorgehen wirklich niemandem etwas nützt.
(Quelle: Lizas Welt)
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