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Beitrag vom 01.04.2008
Erneut antisemitische Beleidigungen gegen TuS Makkabi
AVIVA Redaktion
Beim Spiel der jüdischen Fußballmannschaft TuS Makkabi I gegen den Adlershofer BC kam es am 29. März 2008 in der Fußballverbandsliga zu rechtsradikalen Vorfällen mit anschließenden Festnahmen.
Wie die Berliner Polizei mitteilte, hat ein 44-jähriger Mann nach dem Fußballspiel auf einem Sportplatz im Lohnauer Steig in Adlershof den "Hitlergruß" gezeigt. Der dort eingesetzte Polizeibeamte beobachtete, wie der Mann den rechten gestreckten Arm erhob und der jüdischen Gastmannschaft laut Naziparolen zurief, nachdem das Verbandsliga-Spiel gegen 15. 45 Uhr beendet war. Erste Ermittlungen haben weiterhin ergeben, dass ein 38-jähriger Mann die 58-jährige Betreuerin des TuS Makkabi rechtsradikal beleidigt hat. Polizeibeamte stellten die Personalien der alkoholisierten Täter fest und brachten sie zur Blutentnahme.
Erst kürzlich hatte Tuvia Schlesinger, Vorsitzender des TuS Makkabi in einem Interview (WOZ vom 27.03.2008) erklärt: "Es vergeht kein Wochenende, an dem wir nicht angegriffen werden, keine Woche ohne ein antisemitisches Vorkommnis." Dabei gingen die Beleidigungen zwar hauptsächlich, aber nicht nur, von gegnerischen Fans aus. Obwohl Schlesinger das Vorgehen des Berliner Fußballverbands gegen die Anfeindungen als "zu milde" kritisierte, erkennt er die eingeleiteten Maßnahmen, wie Schiedsrichter zum Thema Fremdenfeindlichkeit zu sensibilisieren oder die Überarbeitung des Rechtswesens, an. Mit muslimischen Mannschaften, auch palästinensischen Vereinen, gäbe es kaum Probleme, bei diesen Spielen "läuft das meistens sehr ruhig ab", denn "beide Bevölkerungsgruppen sind sich der Brisanz bewusst" und selbst rassistischen Anfeindungen ausgesetzt.
Einer der krassesten antisemitischen Vorfälle gegen den einzigen jüdischen Sportverein in Berlin ereignete sich am 26. September 2006 beim Kreisliga-Spiel gegen den Ost-Berliner VSG Altglienicke. Die Makkabi-Spieler (TuS Makkabi II) wurden vor und während des Matches von Zuschauern beschimpft ("Jude, verrecke", "Synagogen müssen brennen") und bedroht, so dass letztendlich das Spiel abgebrochen wurde. Die Mannschaft verließ das Feld unter Protest. Später schloss das Sportgericht den Schiedsrichter, der nicht eingeschritten war, vom Berliner Fußball-Verband (BFV) aus. Schlesinger beschrieb diesen Vorfall als "Das Schlimmste, was einem jüdischen Verein seit der Hitler-Diktatur in Deutschland widerfahren ist" und kritisierte, dass der BFV "im Fall Altglienicke nicht konsequent genug" war.
Ãœbrigens spielen in der ersten Mannschaft des TuS Makkabi laut Schlesinger "aktuell nur zwei Juden mit. Aber alle unsere Spieler werden als Juden wahrgenommen. Schon deshalb, weil wir den Davidstern auf dem Trikot haben."
Verein mit Tradition
Unter dem Namen "Bar Kochba" wurde der Makkabi-Verein am 22. Oktober 1898 ins Leben gerufen. Niemand hätte es zu seiner Zeit für möglich gehalten, dass eine der größten jüdischen Organisationen der Welt so seinen Ursprung erhält. Im Jahre 1930 waren bereits 40.000 Mitglieder aus 24 Ländern registriert. Durch das Naziregime wurde dem Verein jedoch 1938 vorerst ein Ende gesetzt. Viele Jahre vergingen, bis sich der Verein neu gründen konnte. Am 26. November 1970 ließ eine kleine Gruppe jüdischer Sportler den "TuS Makkabi Berlin e.V." neu auferstehen. Bis heute zählt Makkabi Berlin mit seinen rund 500 aktiven und passiven Mitgliedern zu einem der größten Makkabi Vereine Deutschlands. Makkabi ist mehr als nur ein Sportverein, selbst beim Deutschen Sportbund fällt Makkabi Deutschland unter die Rubrik: "Verein mit besonderer Aufgabenstellung". Dies spiegelt sich insbesondere in den Lokalvereinen wider, da Makkabi neben den zionistischen auch gesellschaftspolitische Ziele verfolgt. Im Rahmen von sportlichen Aktivitäten wird der Dialog zwischen Juden und Nichtjuden stark gefördert. Makkabi war und ist für viele Juden in Deutschland und in aller Welt eine Lebenseinstellung und eine Hoffnung auf ein friedliches Miteinander. (Vereinsinfo von TuS Makkabi Berlin e.V.)
Weitere Infos:
TuS Makkabi Berlin e.V.: www.tus-makkabi.de
Weiterlesen auf AVIVA Berlin:
Der Verteidiger. Das Portrait über Tuvia Schlesinger von Pieke Biermann.
Klaus Faber, Julius H. Schoeps und Sacha Stawski (Hg.) "Neu-alter Judenhass"
(Quellen: Presseinformation der Berliner Polizei, WOZ, Tus-Makkabi.de)