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Beitrag vom 05.10.2011
Tori Amos - Night of Hunters
Britta Meyer
Sie ist wieder da: Tori Amos hat nach fünfzehn Jahren Zusammenarbeit mit ihrem bisherigen Studio gebrochen und nahm ihr neuestes Album mit komplett neuer Bandbesetzung und unter Mitwirkung...
... renommierter GastmusikerInnen auf, wie dem Apollon Musagete Quartet und dem Klarinettisten der Berliner Philharmonie, Andreas Ottensamer.
"Night of Hunters" handelt, so sagt Amos, von "der Jägerin und der Gejagten, die beide in jeder von uns existieren" und erzählt in ihrem verflochtenen Liederzyklus die Geschichte einer Frau, die sich am Ende einer Beziehung wiederfindet. Allein in einem alten Haus am Fluss begegnet sie in der Abenddämmerung einem kindhaften mythischen Wesen, das sich Anabelle nennt. Anabelle nimmt sie mit auf eine Reise durch die Zeit, Tausende von Jahren zurück in ein archaisches Irland, wo eine frühere Inkarnation der Frau dieselbe gescheiterte Liebesgeschichte erlebt, wie sie auch.
Amos` Gesang ist so perfekt wie immer, ihre Stimme balanciert sicher in jeder Höhe und Tiefe. Sie variiert in den einzelnen Liedern Themen von Größen wie Bach, Débussy, Chopin und Schubert und fügt deren Kompositionen nahtlos in ihr eigenes Spiel mit ein. Die Stimmungen der einzelnen Stücke sind überwiegend ruhig gehalten, die alten Meister unter den neuen Melodien werden nur solchen HörerInnen auffallen, die sich mit klassischer Musik beschäftigen. Gesanglich wird Amos streckenweise von ihrer Tochter, Natashya Hawley (welche die Rolle der Anabelle singt), und ihrer Nichte, Kelsey Dobyns begleitet. Herausgebracht wurde das Album von der Deutschen Grammophon Gesellschaft, die sich eigentlich ausschließlich auf klassische Musik spezialisiert hat.
Tori Amos, die im Alter von zwei Jahren das Klavierspielen lernte, hat das Piano längst in die moderne Singer/Songwriter-Branche geholt und zu ihrem persönlichen Markenzeichen gemacht. Ihre Stimme tanzt mühelos zwischen lieblichen Tönen und gutturalem Brüllen, ihr Spiel auf dem Bösendorfer ist unverwechselbar und ihre Live-Auftritte legendär. Nachdem sie schon mit "Scarlet`s Walk" und "Tales of a Librarian" eigene Liederzirkel zu bestimmten Themen geschaffen hat, wagt sie sich mit "Night of Hunters" an eine Mischung aus irischer und mexikanischer Mythologie und einer sich durch Raum und Zeit wiederholenden Lovestory, alles zusammengeführt durch Variationen klassischer und romantischer Themen der Musikgeschichte. Beim Zuhören setzt sich jedoch nach und nach der Eindruck fest, dass hier zuviel auf einmal zusammengeworfen wurde. Die Komponenten harmonieren zwar fließend miteinander, aber nie setzt der "Amos-Moment" ein, an dem die Hörerin wirklich von der Musik gepackt wird. Das ist Schönheit, der die Kanten fehlen.
AVIVA-Fazit: Wer Amos` frühere Arbeiten kennt, wird schon vor den offensiv kitschigen und übermäßig geairbrushten Bildern des Booklets zurückzucken. Die Texte bewahren ihre Amos-typische kryptische Poesie, aber die im Liederzyklus erzählte Geschichte ist so seicht wie ein Selbsterfahrungs-Fantasyroman. Spätestens, wenn die Feuermuse und die Protagonistin zusammen einen Zauber wirken, der die Welt vor den Mächten der Finsternis bewahren soll, wünscht sich die Hörerin die kunstvolle Brachialität von "Precious Things" oder den traurig-sanften Wahnsinn von "Hey Jupiter" zurück. Ein im Booklet enthaltenes keltisches Baumrunenalphabet trägt auch nicht gerade zur Entkitschung bei.
Tori, wo ist dein Biss geblieben?
Tori Amos
Night of Hunters
Label: Deutsche Grammophon
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.toriamos.com
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