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Beitrag vom 23.12.2019
Doris Dörrie – Leben, schreiben, atmen. Eine Einladung zum Schreiben
Bärbel Gerdes
Die Regisseurin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin Doris Dörrie lädt zum Schreiben ein und erzählt dabei ausführlich aus ihrem Leben. Autobiographisches Schreiben kann Selbstvergewisserung und Trost sein, schmerzliche Erinnerung und wunderbare Befreiung.
Die Gabe des Geschichtenerzählens steckt in jeder von uns, erzählen und konstruieren wir doch minütlich unsere Vergangenheit und Gegenwart in einem unendlichen Monolog. Wir ordnen Ereignisse ein, heften sie ab, gestalten sie neu, um daraus das zu machen, was unser Leben ist. Dabei sind es nicht die großen Errungenschaften oder Erfolge, sondern die tausend kleinen Erinnerungen, aus denen sich ein Leben zusammensetzt.
In ihrer Einladung zum Schreiben über sich selbst möchte Doris Dörrie der Leserin die Scheu nehmen vor dem Papier, vor dem unbeschriebenen Blatt, vor allem aber vor all den Angels in the House, wie Virginia Woolf es ausdrückte, die uns einflüstern, dass Schreiben nun wirklich nicht die richtige Beschäftigung für eine Frau sei. Und so zählt auch Dörrie all die Einwände auf, die dem Beginn entgegenstehen: zu blöd, zu uninspiriert, nicht originell genug, mein Leben ist nicht interessant genug …. Endlos rauschen diese Sätze durch unseren kreativen Kopf und verstopfen das, was nach außen drängt.
Indem Dörrie aus ihrem Leben plaudert, regt sie zur eigenen Erforschung an. In kurzen Kapiteln erzählt sie von sich als kleines Mädchen, die sich so schämte, weil sie nachts Korrekturschuhe tragen musste, von ihrem Vater, der nach jedem Mittagessen schwarze Schokolade verteilte. Dörrie schreibt über Füße und Gegenstände und Menschen, die gefunden und verloren wurden, über eine Mondfinsternis und über Japan.
Jedes Kapitel wird am Ende begleitet von Aufforderungen an die Leserin: Schreib über das erste Mal. Das erste Mal von irgendwas. Schreib über eine Begegnung mit einem Kind. Flaniere und notiere.
Ein wunderbarer Einstieg ist dabei sicherlich das automatische Schreiben: frau schreibt fünf Minuten lang zu einem Thema – ohne abzusetzen, ohne nachzudenken, ohne zu unterbrechen, ohne zu stocken. Jeglicher Zensor / jegliche Zensorin wird ausgeschaltet dabei. Frau schreibt! Und während dieses Vorgangs entfalten sich verborgene und ganz neue Geschichten und Perspektiven – eine beglückende Erfahrung.
AVIVA-Tipp: Doris Dörries Einladung zum autobiographischen Schreiben richtet sich an alle, die gerne beginnen möchten mit dem Schreiben und keinen Anfang finden. Die anregenden Tipps und zahlreichen Übungen lassen die Kreativität von der Leine und ganz nebenbei lernt die Leserin Dörrie besser kennen.
Zu Doris Dörrie: Geboren im Jahr 1955 arbeitete Doris Dörrie nach ihrem Film- und Schauspielstudium in den USA und Deutschland als freie Filmemacherin für verschiedene Fernsehanstalten. Den ersten internationalen Erfolg feierte sie mit der Komödie "Männer" (1985). Es folgten u. a. die Leinwandproduktionen "Ich und er" (1988), "Bin ich schön?" (1998) und "Nackt" (2002) und "Kirschblüten – Hanami" (2008) mit Elmar Wepper, Hannelore Elsner und Nadja Uhl. 2010 war ihr Film "Die Friseuse" in den Kinos zu sehen. Es folgten u.a. Grüße aus Fukushima (2016) und kIrschblüten & Dämonen (2019). Neben zahlreichen Spielfilmen für Kino und Fernsehen dreht Doris Dörrie auch Dokumentarfilme, arbeitet für den Hörfunk und inszeniert Opern, unter anderem "Così fan tutte" (dirigiert von Daniel Barenboim), "Turandot" (dirigiert von Kent Nagano) sowie "Rigoletto" (dirigiert von Zubin Mehta). Seit 1987 veröffentlicht Doris Dörrie Erzählungen und Romane. Daneben lehrt sie "kreatives Schreiben" an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Für ihre Arbeiten wurde Doris Dörrie u. a. mit dem Max-Ophüls-Preis, dem Bambi, dem Deutschen Filmpreis und dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 2016 erhielt sie den Hans-Vogt-Filmpreis für Verdienste um den Tonfilm, 2018 den Max-Ophüls-Ehrenpreis für Verdienste um den jungen deutschsprachigen Film.
Doris Dörrie
Lesen, schreiben, atmen. Eine Einladung zum Schreiben
Diogenes Verlag, erschienen im September 2019
288 S., gebunden.
ISBN 978-3-257-07069-9
18,00 €
Mehr zum Buch: www.diogenes.ch
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