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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 26.07.2019


Marion Tauschwitz – Das unverlierbare Leben. Erinnerungen an Hilde Domin
AVIVA-Redaktion

Zum 110. Geburtstag von Hilde Domin, geborene Hildegard Dina Löwenstein, der "Dichterin der Rückkehr". Sehr persönlich erzählt Autorin Marion Tauschwitz ("Hilde Domin. Dass ich sein kann, wie ich bin", "Hilde Domins Gedichte und ihre Geschichte", "Selma Merbaum. Ich habe keine Zeit gehabt zuende zu schreiben. Biografie und Gedichte") von ihrer Zeit mit der großen jüdischen Lyrikerin, vom Wachsen einer langjährigen Freundschaft.




Marion Tauschwitz war fünf Jahre lang enge Vertraute von Hilde Domin, die sie bis zu deren Tod begleitet hat. Wie kam es zu ihrer Begegnung? Wie entwickelte sich das gegenseitige Kennenlernen? Worauf gründete sich die tiefe Freundschaft der beiden Frauen? Tauschwitz erzählt aus ganz persönlicher Sicht von ihren intensiv gelebten Jahren mit der Schriftstellerin und Lyrikerin. Dabei spürt sie nicht nur den Gedanken und Eigenheiten Domins nach, sondern erzählt vom Alltag, von Empfindlichkeiten und Eitelkeiten, von Domins Umgang mit Prominenz, von abenteuerlichen Begebenheiten und großen Festen. "Das unverlierbare Leben" beleuchtet persönlich nah und kenntnisreich nicht nur die letzten Lebensjahre Hilde Domins, sondern zeichnet im Erzählen und Verweben von Zeitebenen ein lebendiges Porträt der großen Nachkriegslyrikerin.

"Sie müssen mich in meinem Dichterturm besuchen. Ein Turm, wie ihn die Droste hatte. Ach". Ach, dieses ´Ach´. Ich sollte es noch so oft hören. Mal sehnsuchtsvoll gehaucht, mal nicht mehr als ein kleiner Atemstoß, dem eine dramatische Geste der Hand Auftrieb gab. Immer wieder setzte Domin diesen Atemhauch ein. Er war Rufen und Hoffen. Er unterstrich oder verwarf das Gesagte. In ihren Kurzbriefchen verstand er sich oft als Schlussformel."

AVIVA-Tipp: Die Autorin Marion Tauschwitz beschloss 2006, Hilde Domins Lebensgeschichte aufzuschreiben. Ihrer Recherche, unter anderem in Antiquariaten und in den Staats- und Universitätsarchiven der Dominikanischen Republik - ist es zu verdanken, dass Hilde Domin Leben und Werk unvergessen bleibt. "Unverlierbar".

Hilde Domin wurde am 27. Juli 1909 in Köln als Hildegard Dina Löwenstein geboren. Aus einem jüdischen assimilierten Elternhaus stammend – der Vater, Eugen Siegfried Löwenstein, die Mutter, Paula Löwenstein, geborene Trier war ausgebildet als Sängerin und Pianistin – arbeitete als promovierter Jurist als Rechtsanwalt beim Land- und Amtsgericht in Köln, studierte sie Jura, Philosophie und Soziologie. Während dieser Zeit lernte Hilde den Altphilologie- und Archäologiestudenten Erwin Walter Palm kennen, der ihre große Liebe wurde und es bis zum Tod 1988 blieb.
1932 beschlossen die beiden, Deutschland zu verlassen, nachdem sie eine Rede Hitlers gehört und "Mein Kampf" gelesen hatten. Das Paar floh 1932 nach Italien wo Domin 1935 in Florenz promovierte. Nachdem auch dieses Exilland mit seinen faschistischen Gesetzen die Juden und Jüdinnen verfolgte, emigrierte das Ehepaar (sie hatten 1936 in Rom geheiratet) nach England und 1940 in die Dominikanische Republik, wo sie bis 1954 lebten. Diesem Exil entlehnte sie den Namen, unter dem sie seit Ende der 1950er Jahre vor allem als Lyrikerin bekannt wurde. Domin war darüber hinaus aber auch als Lehrerin und Universitätsdozentin sowie als Übersetzerin und Fotografin tätig. 1954 kehrte sie zusammen mit ihrem Mann nach Westdeutschland zurück. Für Domin war die Rückkehr, nicht die Verfolgung, "das große Erlebnis" ihres Lebens – denn es war eine Rückkehr in Freiheit, aus freien Stücken – im Gegensatz zu den erzwungenen Fluchten und Exilen. Domin erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Literaturpreise, ihre Gedichte wurden in 22 Sprachen übersetzt. Hilde Domin starb am 22. Februar 2006 in Heidelberg. Der von ihr gewählte Grabspruch lautet: "Wir setzten den Fuß in die Luft / und sie trug".
Vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Löwenstein in der Riehler Str. 23 in Köln erinnern seit dem 4. April 2017 Stolpersteine an die Lyrikerin Hilde Domin, ihren Vater Eugen Siegfried Löwenstein, ihre Mutter Paula Löwenstein (geb. Trier) sowie ihren Bruder Hans Artur Löwenstein.

Zur Autorin: Marion Tauschwitz Jahrgang 1953, studierte Germanistik und Anglistik in Heidelberg. Vor ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin arbeitete sie als Gymnasiallehrerin und Dozentin. Tauschwitz war engste Vertraute und Mitarbeiterin der Lyrikerin Hilde Domin, deren viel beachtete Biografie "Hilde Domin. Dass ich sein kann, wie ich bin" sie zu deren einhundertstem Geburtstag vorlegte. Marion Tauschwitz lebt als freie Autorin in Heidelberg. 2015 wurde sie von der Internationalen Autorinnenvereinigung zur "Autorin des Jahres" gewählt und 2018 in das PEN-Zentrum Deutschland aufgenommen. Bei zu Klampen veröffentlichte sie bisher "Selma Merbaum – Ich habe keine Zeit gehabt zuende zu schreiben" (2014) sowie als Wiederauflagen "Hilde Domin. Dass ich sein kann wie ich bin" (2015) und "Hilde Domins Gedichte und ihre Geschichte" (2016).
(Quelle: Presseinformation des Zu Klampen Verlags)

Marion Tauschwitz
Das unverlierbare Leben. Erinnerungen an Hilde Domin

zu Klampen Verlag, erschienen am 27.07.2019
200 Seiten, Paperback
ISBN 978-3-86674-596-4
20 Euro
www.zuklampen.de

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Quelle: zu Klampen Verlag, AVIVA-Berlin


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Beitrag vom 26.07.2019

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