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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 26.04.2007


Attia Hosain - Licht auf zerborstenen Säulen
Yvonne de Andrés

Laila, eine muslimische Inderin, beschreibt ihren Weg zur persönlichen Unabhängigkeit vor dem Hintergrund der Teilung des Subkontinents.




Der autobiographisch eingefärbte Roman von Attia Hosain beginnt mit ihrem 15. Geburtstag. Laila, die Ich-Erzählerin, gehört zur indischen Oberschicht. Sie wächst als Waise bei ihrem autoritären Großvater und ihren bigotten, engstirnigen Tanten auf. Ihre Flucht ist die Lektüre. Die Erziehungsratschläge ihrer Tante Abida lauten: "Heb den Kopf aus den Büchern und schau in die Welt mein Kind! Lies den Koran, denk an Allah und den Propheten, dann werden alle Mütter sich darum reißen, dich für ihren Sohn zu bekommen." Der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben jenseits der traditionellen Familien Regeln keimt sehr früh auf.

Nach dem Tod des Großvaters zieht sie mit ihrem strengen aber liberalen Onkel Hamid in die Provinzhauptstadt Luchnow. "Meine Beziehung zu Onkel Hamid und Tante Saira war einfach und ging nicht über Formalitäten hinaus. Sie sorgten für mich, und ich versuchte, ihnen nicht zu missfallen." Sie genießt hier das großbürgerliche Leben mit vielen Parties und bekannten Persönlichkeiten und erhält die Möglichkeit zum Studium. Ihre Tante drückt es so aus: "Meine Nichte Laila wird so erzogen, dass sie in die neue Welt passt. Aber unsere alten Traditionen und unsere Kultur behalten wir dabei im Auge." Sowohl zu Hause als auch am College kommt Laila immer mehr mit politischen Themen wie Unabhängigkeit und Identität in Berührung. Lailas Thema ist das der Determination der jungen Frau als Ehefrau. Die Teilung des Subkontinents in Indien und Pakistan und die ausgelösten Vertreibungs- und Fluchtbewegungen lassen Attia Hosain in Form der Protagonistin Laila erfahren, dass die Welt von gestern endgültig untergegangen ist. Attia Hosain ist selber 1947 nach London aufgebrochen, um dort das "alte" Indien zu suchen.

Zur Autorin: Attia Hosain (1913-1998) wurde in Lucknow/Nordindien geboren. Sie entstammte einer politisch aktiven Familie und studierte als erste Frau an der Universität von Lucknow. Sie war als Schriftstellerin, Journalistin und Schauspielerin tätig. In den 1930er Jahren gehörte sie dem indischen Progressive Writers Movement an und engagierte sich in der Frauenbewegung. Mit der Teilung des Subkontinents 1947 emigrierte Hosain nach London und arbeitete dort als Journalistin u. a. bei BBC, wo sie eine eigene Sendung auf Urdu hatte. Sie veröffentlichte zahlreiche Kurzgeschichten. "Licht auf zerborstenen Säulen" (1961) ist ihr einziger Roman.

AVIVA-Tipp: Ein Buch voller poetischer Dichte. Durch die Augen der jungen Muslimin Laila erleben wir das Indien der zwanziger und dreißiger Jahre. Parallel zur politischen Unabhängigkeit Indiens aus der britischen Kolonialherrschaft bis zur Unabhängigkeit erfolgt die eigene Emanzipation von Laila aus den familiären Zwängen. Sprachlich sehr differenziert und nuancenreich. Die gelungene Übersetzung von Anna Winterberg macht das Buch zum Lesevergnügen.



Attia Hosain
Licht auf zerborstenen Säulen

Originaltitel: Sunlight on a Broken Column.
Ãœbersetzt von Anna Winterberg.
Deutsche Verlags-Anstalt, erschienen September 2006
Gebunden - 411 Seiten
ISBN: 3421042381
EAN: 9783421042385
19,90 Euro90008115&artiId=5420736"


Literatur

Beitrag vom 26.04.2007

Yvonne de Andrés