Das Echo der Schuld - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Literatur





 

Chanukka 5785




AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 22.10.2006


Das Echo der Schuld
Christiane Müller

Charlotte Link behandelt in ihrem neuen Roman ein schreckliches Thema: Kindesmissbrauch und Mord. Sie schlüpft in unterschiedliche Charaktere und erzählt die Story aus verschiedenen Perspektiven.




Eines gleich vorweg: Die LeserInnen, die die Bücher "Die Rosenzüchterin", "Der Verehrer" oder "Am Ende des Schweigens" bereits kennen, werden sich bei der Lektüre des neuen Romans von Erfolgsautorin Charlotte Link oft gründlich langweilen. Wäre Frau Link eine Köchin, sie würde uns immer den gleichen Eintopf servieren und dabei das Rezept nur minimal verändern. "Das Echo der Schuld" hat das gleiche bewährte Grundrezept wie ihre anderen "psychologischen Spannungsromane": Die Protagonistin ist immer eine intelligente, hübsche Frau in den Dreißigern, die gerne joggt und ein psychisches Problem und einen verständnislosen Ehemann zu bewältigen hat. Während sie mit ihrem harten Schicksal hadert, tritt ein gut aussehender Fremder in ihr Leben, der ihre erotische Saite zum Schwingen bringt, aber überaus undurchsichtig oder gar bedrohlich wirkt. Die Situation eskaliert, die Heldin muss im Showdown alles geben… alles wie gehabt. Allerdings ist die neue Story trotzdem solide und - für Link-ErstleserInnen - stellenweise sehr spannend erzählt. Und es gibt sicherlich viele Fans der Bestsellerautorin, die von ihrem typischen Erzählstil, der sich immer eingehend mit der Psyche der Figuren beschäftigt, gar nicht genug kriegen können.

Diesmal heißt die Protagonistin Virginia Quentin. Sie ist 38, Engländerin und Mutter einer siebenjährigen Tochter. Ihr psychisches Problem: Sie leidet an schlimmen Schuldgefühlen, weil sie in der Vergangenheit einen grausamen Fehler begangen hat. Deshalb verkriecht sie sich in ihrem düsteren Landhaus in Norfolk und hat große Angst vor Menschenansammlungen. Ihr verständnisloser Ehemann heißt Frederic und ist Bankier mit politischen Ambitionen. Er versteht nicht, dass seine attraktive Frau ihn nicht unterstützt und nicht an seinem gesellschaftlichen Leben in London teilnehmen will. Als sie in ihrem einsamen Ferienhaus auf der schottischen Insel Skye Urlaub machen, sinkt vor der Küste ein kleines Segelboot. Die Besatzung, ein deutsches Aussteigerpaar, kommt gerade noch mit dem Leben davon, ihr gesamter Besitz ist mit dem Schiff untergegangen. Nathan und Livia stehen buchstäblich vor dem Nichts. Virginia hat Mitleid und kümmert sich um die Schiffbrüchigen. Was sie erst später realisiert: Sie verknallt sich bereits auf den ersten Blick in den gut aussehenden Deutschen, der sich merkwürdig lieblos seiner Frau gegenüber verhält. Und sie wird sie nicht mehr los: Kurz nachdem Virginia mit ihrer Familie nach King´s Lynn in Norfolk zurückgekehrt ist, steht Nathan vor ihrer Tür und mischt sich aufdringlich in ihr Leben ein. Aus Einsamkeit und weil Virginia ihn attraktiv findet lässt sie es zu, und Nathan erfährt nach und nach ihre Lebensgeschichte.
Gleichzeitig wird die Gegend, in der Virginia lebt, von einem grausamen Kindermörder heimgesucht. Er hat bereits ein vier- und ein achtjähriges Mädchen getötet und als auch Virginias Tochter Kim plötzlich verschwindet, keimt ein schrecklicher Verdacht auf. Hat der geheimnisvolle Deutsche, mit dem Virginia eine leidenschaftliche Affaire beginnt, etwas damit zu tun...?
Hier hat Charlotte Link allerdings Mut bewiesen. Sie hat eines der furchtbarsten Verbrechen - Kindesmissbrauch- und Mord - in ihrem Roman thematisiert und schildert aus verschiedenen Perspektiven, was in den Beteiligten vorgeht. Da sind die traumatisierten Mütter, die sich vorwerfen, nicht auf ihre Kinder aufgepasst zu haben, die Mädchen, die nichts ahnend in ihr Verderben rennen und die Eltern, die vor Sorge schier durchdrehen. Eine nicht gerade leichte Kost...

AVIVA-Tipp: Ein typischer Charlotte-Link-Roman: Keine große Literatur, aber unterhaltende Belletristik mit einer sehr klaren Sprache, solide und durchaus spannend erzählt. Für LeserInnen, die bereits zwei oder drei Link-Bücher kennen, ist das Buch wahrlich keine Überraschung, sondern eher eine langweilende Variation der früheren Werke.


Das Echo der Schuld
Charlotte Link

Blanvalet Verlag, erschienen September 2006
21,95 Euro
ISBN: 3-7645-0231-2
Gebunden, 542 Seiten90008115&artiId=5463678"



Literatur

Beitrag vom 22.10.2006

AVIVA-Redaktion