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Beitrag vom 06.03.2006
Nora
Stefanie König
Zwei Frauen, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben, treffen aufeinander. Ein einfühlsamer Roman über die Zerbrechlichkeit des Glücks und die langsame Rückkehr ins Leben.
Nora ist Mitte vierzig und vor gut zwanzig Jahren vor ihrer Vergangenheit aus Deutschland nach New York geflohen. Durch den Tod des Vaters aus der Bahn geworfen- ihre Mutter hatte die Familie schon Jahre zuvor für eine Gesangskarriere verlassen- hielt sie nichts mehr in der Heimat.
Doch auch in New York hat sie nicht viele Freunde. Sie arbeitet als Übersetzerin und lebt ein einsames, von quälenden Erinnerungen diktiertes Leben. Der Schatten der Vergangenheit lastet auf ihr, doch sie vertraut sich keinem an, niemand versteht sie. Vor festen Bindungen scheut Nora zurück, ihre einzige längere Beziehung war die Vernunftheirat mit ihrem Freund David, um nicht länger illegal in den USA zu leben.
Die einzige Ablenkung in ihrem Leben sind ständig wechselnde Affären mit verheirateten Männern, sie geben ihr ein Stück Selbstbehauptung und Zufriedenheit.
Die andere Protagonistin des Romans ist Amy, eine junge Amerikanerin Anfang dreißig. Sie ist glücklich verheiratet, hat zwei kleine Kinder und lebt in einem Vorort in New Jersey. Ihr Mann Richard ist Börsenmakler und pendelt jeden Tag nach New York zur Arbeit. Die Welt scheint in Ordnung, bis Richard beim Attentat auf das World Trade Center ums Leben kommt.
Amy ist verzweifelt, die gemeinsame Zukunft ist zerstört und ihre Töchter geben ihr die Schuld dafür. Freunde und Familie sind für sie da, doch auch sie können nicht aufhalten, dass Amy sich immer mehr aus dem Leben zurückzieht.
Nach den Anschlägen werden in Nora alte Ängste wieder wach, und sie begreift, dass die Vergangenheit nicht vergangen ist: Auch ihr Leben wurde einst vom Terror aus der Bahn geworfen. Als der Zufall sie mit Amy zusammenführt, steigert sich ihr Mitgefühl, ihre Identifikation mit der Fremden, zur Obsession. Sie will wissen, was aus Amy wird, und folgt ihr von nun an ständig.
Zur Autorin:
Pia Frankenberg wurde 1957 in Köln geboren. Nach einem Schauspielstudium in Hamburg ist sie seit 1981 Regisseurin und Produzentin eigener Kurz- und Spielfilme. U.a. "Nicht, nichts ohne Dich" (Max-Ophüls-Preis 1986) und "Brennende Betten" (1988 mit Ian Dury in der Hauptrolle).
In den 90ern widmete sie sich hauptsächlich der Produktion von Spielfilmen und Dokumentationen, sowie diverser Themenabende für den Fernsehsender "Arte". 1996 erschien bei Rowohlt ihr erster Roman "Die Kellner und ich".
Pia Frankenberg lebt seit 1995 in New York.
AVIVA-Tipp: Klar und einfühlsam erzählt Pia Frankenberg von der Macht der Vergangenheit und der destruktiven und heilsamen Kraft der Liebe. Die politische Dimension der Anschläge bleibt im Dunkeln, das Buch konzentriert sich auf Einzelschicksale und die Verarbeitung der Ereignisse auf persönlicher Ebene. Leider sind Noras Reaktionen oft unverständlich, sie bleibt fremd, lässt ihre Freunde, aber auch den/die Leser/in nicht an sich heran.
Es ist ein Buch über Verluste, Trauer und über deren Verarbeitung. Eine Geschichte über Vergeben und Vergessen, die einem die Vergänglichkeit des Glücks schonungslos vor Augen führt.
AVIVA-Berlin verlost 3x "Nora" aus dem Rowohlt Berlin Verlag. Bitte nennen Sie uns einen weiteren Buchtitel der Autorin Pia Frankenberg und senden Sie bis zum 20.04.2006 eine eMail an folgende Adresse: gewinnspiel@aviva-berlin.de
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Pia Frankenberg
NoraRowohlt Verlag, erschienen März 2006
256 Seiten gebunden
ISBN: 3871345474
18,90 Euro