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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 26.10.2005


Tilla Durieux – Ausstellung und Biografie zum 125. Geburtstag
Maren Westensee

Die außergewöhnlich schöne und viel porträtierte Frau war neben ihrer Bühnentätigkeit auch politisch und sozial aktiv. Edgar Rai stellt die berühmte Schauspielerin und Kunstförderin unterhaltsam vor




Rai hat die Biografie der Schauspielerin gemäß ihres Berufes in fünf Akte aufgeteilt. Es beginnt mit dem Anfang der Karriere: Regisseur Oberländer kommt eines Nachmittags auf die unbekannte Tilla zu und fragt, ob sie am Abend die erkrankte Gertrud Eysoldt in der Rolle der Salome ersetzen kann. Tilla hat nur 15 Minuten, um den Tanz einzustudieren, den der erkrankte Star wochenlang üben konnte, den Text kannte sie schon. Die Aufführung wird ein Riesenerfolg, und Tilla spielt fortan abwechselnd mit der Eysoldt die Salome. Das war im Herbst 1903.

Dabei sollte Tilla nach dem Wunsch ihrer Mutter Klavierlehrerin werden. Es war in jener Zeit für Frauen ungewöhnlich, einen Beruf auszuüben, erst recht den der Künstlerin. Trotzdem setzte Tilla sich durch. Die einzige Chance, der despotischen Mutter endgültig zu entkommen, schien die Heirat mit ihrem Freund Eugen Spiro, von Beruf Maler. Schnell jedoch lernte sie Paul Cassirer, den berühmten Kunsthändler, kennen und verliebte sich sofort in ihn. Nach nur einem Jahr Ehe wurde sie geschieden und zog mit Cassirer zusammen, der ihr Mentor wurde. Doch er war permanent untreu. Tilla litt an seinen Eskapaden und wollte sich von dem Schmerz befreien, konnte ihn aber trotz allem nicht verlassen. Cassirer wird mit den Jahren jedoch nervlich immer unzurechenbarer. Nach langer, schwerer Zeit will sie sich endlich von ihm scheiden lassen, doch Cassirer willigt nicht ein. Statt dessen bringt er sich um. Tilla geht zwar auf Tournee, doch sie ist zerstört. 1928, zwei Jahre nach dem Selbstmord Cassirers, sagt sie in einem Interview: "Die Arbeit ist wie ein Rausch. Verfliegt er, dann sieht man sich mit schmerzhaft wachen Augen in der Welt um und fragt sich: Was bleibt? Nichts bleibt. Man ist einsam."

Soweit das "Stück", Tilla Durieuxs´ Leben, bis zum vierten Akt. Ihr Leben dauerte noch mal so lang, doch das konnte sie nicht wissen. Sie fand ihren dritten Mann, den jüdischen Großindustriellen Ludwig Katzenellenbogen, und floh mit ihm vor den Nazis. Nach seiner Deportation 1941 tauchte sie unter und schloss sich einer kroatischen Widerstandsbewegung an. Als der Krieg vorbei war, kehrte sie nach Berlin zurück und feierte ein großes Comeback als Schauspielerin. Sie stand bis ins hohe Alter auf der Bühne und wirkte in über 30 Filmen mit. 1963 wurde ihr das Filmband in Gold verliehen.

Der Autor:
Edgar Rai
arbeitete nach seinem Studium der Musikwissenschaft und Anglistik bereits als Teppichverkäufer, Chorleiter, Handwerker, Autor und als Dozent für Kreatives Schreiben. Letzteres ist der Biographie anzumerken, die alles andere ist als eine trockene Aneinanderreihung von Daten und Fakten.

AVIVA-Tipp: Edgar Rai erzählt die ungewöhnliche Geschichte der Künstlerin wie einen Roman. Auf unterhaltsame Weise taucht er mit den LeserInnen in Tillas Leben ein und lässt die bewegenden und entscheidenden Momente wieder auferstehen.

Zur Feier des 125. Geburtstages der großen Schauspielerin Tilla Durieux findet am Dienstag, 01.11.2005, ab 18.30 Uhr eine musikalische Ausstellungseröffnung und Biografie-Präsentation unter dem Motto "Die Gräfin ohne Gleichen" statt. Zu sehen ist der 1967 von Tilla Durieux gestiftete Schmuck, der alle 10 Jahre für besondere Leistungen an eine Schauspielerin verliehen wird, sowie Autogramme, originale Briefe, eine Kopie des Portraits von Auguste Renoir u.a.
Berliner Trauer- und Bestattungshaus, Bayerischer Platz 7, Ecke Meraner Straße, 10779 Berlin.
Weitere Informationen finden Sie unter www.mit-sterben-leben.de.

Tilla Durieux - Eine Biografie
Edgar Rai
Parthas Verlag, April 2005
184 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
Zahlreiche fotografische Abbildungen
ISBN: 3-86601-645-X
EAN: 9783866016453
19,80 Euro
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Literatur

Beitrag vom 26.10.2005

AVIVA-Redaktion