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Beitrag vom 30.09.2005
Tahar Ben Jelloun. Papa, woher kommt der Hass
Sharon Adler
Nach "Die Schule der Armen" und Papa, was ist ein Fremder?" spricht der mit dem europäischen "Preis der Künstler für den Frieden" und dem "Global Tolerance Award" der UNO ausgezeichnete Autor..
... in Gesprächen mit seiner Tochter über die Welt nach dem 11. September 2001.
Wie hat sich die Welt nach diesem Tag für die Menschen verändert?
Was veranlasst gläubige MuslimInnen, zu SelbstmordattentäterInnen zu werden? Warum hassen sich die Juden und Araber? Wie ist die Al Qaida entstanden? Wie konnte sich eine radikale Form des Islam entwickeln? Und weswegen sollen sich die Frauen verschleiern und dürfen nicht Auto fahren?
"Papa, wie ist es überhaupt möglich, ein ganzes Volk zu hassen?"
Sechs Jahre nach "Papa, was ist ein Fremder?" von Tahar Ben Jelloun ist die Welt eine andere geworden - Anlass für ein erneutes Gespräch zwischen Vater und Tochter. Heute geht es um die gesteigerte Gewaltbereitschaft und Gründe für den Hass, den Unterschied zwischen Islam und Islamismus und um den neuen Antisemitismus, Parallelgesellschaften, die (gescheiterte) Integration von Einwandererkindern und die Angst der Menschen vor einem "Kampf der Kulturen".
Tahar Ben Jelloun setzt sich für das Verständnis der Menschen ein und streitet für die Werte der Aufklärung - gegen einen falsch interpretierten oder politisch missbrauchten Islam - und versucht, Lösungen jenseits von rassistischem Hass und sinnloser Gewalt aufzuzeigen.
"Ich bin beunruhigt über die Zukunft meiner Kinder, aller Kinder ... Bücher können die Welt nicht verändern, aber sie können Veränderungen in den Köpfen herbeiführen."
(Tahar Ben Jelloun)
Leseprobe:
Wie ist der Islam zum Feindbild geworden?
Der islamistische Terrorismus hat die westlichen Gesellschaften zutiefst verunsichert.
Das Heimtückische am Terrorismus ist, dass der Feind unsichtbar ist und jederzeit und überall zuschlagen kann. Kein Wunder, dass die Menschen Angst haben. Das Gefühl der Ohnmacht lähmt sie, und sie wollen sich davon befreien - doch wie lässt sich ein Feind bekämpfen, den man nicht sehen kann? Die Terroristen arbeiten im Verborgenen, aber die Muslime sind sichtbar. Deshalb ist es leicht, sie abzustempeln und auszugrenzen, zu verachten und für die Untaten verantwortlich zu machen, die in ihrem Namen verübt werden.
Dann hat also der 11. September den Hass auf die Muslime ausgelöst?
Natürlich hat dieser Anschlag schwere Folgen gehabt, nicht zuletzt für den Frieden weltweit. Der Terrorismus macht Angst, und wie du weißt, ist Angst eine der Ursachen des Rassismus. Es ist wie in dem marokkanischen Sprichwort: "Ein einziger schlechter Fisch vergiftet den ganzen Fang." Und vom systematischen Misstrauen gegen alle Muslime bis zum Hass auf sie ist es leider oft nur ein kleiner Schritt.
Zum Autor:
Tahar Ben Jelloun, geboren 1944 in Fes, Marokko, gilt als bedeutendster
Vertreter der französischsprachigen Literatur aus dem Maghreb. Sein literarisches
Werk wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und mit vielen Preisen ausgezeichnet, darunter dem "Prix Goncourt". Sein Kinderbuch "Papa, was ist ein Fremder?" war ein Bestseller, Jelloun erhielt dafür den europäischen "Preis der Künstler für den Frieden" und den "Global Tolerance Award" der UNO. Ben Jelloun lebt in Paris, ist verheiratet und Vater von vier Kindern.
Tahar Ben Jelloun
Papa, woher kommt der Hass?
Gespräch mit meiner Tochter
Mit einem Vorwort von Heiner Geißler
Illustriert von Charley Case
14,90 Euro
Rowohlt Verlag Berlin, erschienen September 2005
ISBN/EAN 3-87134-535-0
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