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Beitrag vom 14.09.2005
Erika Mann - eine ungewöhnliche Frau
Karin Effing
Der Geburtstag der Erstgeborenen Thomas Manns jährt sich am 09. November 2005 zum 100. Mal. Aufgrund dessen stellt AVIVA-Berlin "Das Buch von der Riviera" und "Wenn die Lichter ausgehen" vor.
Erika und Klaus Mann, die ältesten der Mann-Kinder, standen sich zeitlebens sehr nahe. Sie reisten nicht nur zusammen, sondern verfassten auch Bücher miteinander. Eines der Gemeinschaftswerke stellt der ungewöhnliche Reiseführer "Das Buch von der Riviera" dar. "Was nicht im Baedeker steht" ist der Zusatztitel des flotten kleinen Werkes, erschienen in der Edition Ebersbach.
Ausgangspunkt des Berichts ist ihre gemeinsame Reise 1931 zur Côte d´Azur, der elegantesten Küste der Welt.
Die passionierte Raucherin und der sensible junge Mann fühlten sich in ihren frühen Jahren ganz dem leichten Leben verpflichtet. Gutes Essen, amüsante Unterhaltung, Luxus jeglicher Couleur und Tanz waren die Beschäftigungen, denen sie ausgiebig nach gingen, auch während ihres Aufenthaltes an der Côte d´Azur. Der Leserin geben sie die entsprechenden Tipps, es ihnen gleich zu tun.
So empfehlen sie das lebendige Restaurant "Lyonnais" in Toulon und einen Plausch mit der Wirtin. Sie meiden die öden Kasinos der Grand Hotels in Nizza, träumen von einem Strandhaus im idyllischen St. Tropez. In schmuddeligen Matrosenpinten leeren sie ihren Kognak und flanieren entlang der Croisette in Cannes. Getanzt wird im Hafenviertel von Marseille und gespielt im Spieler-Paradies Monte-Carlo.
Und natürlich stellen sie uns SchriftstellerInnen und KünstlerInnen vor, die an der Riviera arbeiten und/oder leben, wie Jean Cocteau oder Colette. Die LeserInnen erfahren, warum Balzac und Dostojewski dem Glücksspiel verfielen.
Das alles geschrieben in einem leichten und amüsanten Ton unbeschwerter junger Menschen aus gutem Hause.
Mit dem Beginn des Nationalsozialismus waren die Geschwister Mann auch Unrechtserfahrungen ausgesetzt, die sie schnell politisierten.
In Erika Manns Buch "Wenn die Lichter ausgehen" begegnen die LeserInnen einer Schriftstellerin, die über die Verhältnisse in Deutschland aufklären möchte. In 10 Episoden beschreibt sie den Alltag unter dem Hakenkreuz in einer fiktiven kleinen Universitätsstadt im Süddeutschland der 30er Jahre.
Ein Fremder kommt in diese anscheinend idyllische Kleinstadt. Er sitzt auf dem Marktplatz und macht sich seine Gedanken über Deutschland: So schlimm ist dieser Hitler doch nun wieder auch nicht, denkt er. Dann aber begegnet er zwei SA-Männern, die ihn eines Besseren belehren.
Das Typische und Allgemeine wollte Erika Mann in den konkreten Episoden menschlichen Alltags verdeutlichen. Der Text beruht auf Tatsachen, so betont sie im Nachwort. Sie hat das ausführliche Hintergrundmaterial in der Schweiz gesammelt, wohin sie 1936 mit dem kabarettistischen Theater "Die Pfeffermühle" ausgewandert ist. EmigrantInnen und Bekannte erzählten ihr von den Verhältnissen und den persönlichen Erlebnissen in ihrem Vaterland.
Sie selbst bezeichnete "Wenn die Lichter ausgehen" als eines ihrer "politischen Lehrbücher". Es richtete sich vor allem an das amerikanische Publikum und erschien 1940 in New York unter dem Titel "The Lights go down". Ergänzt wird der Band durch Zeichnungen von O´Haras Codgrave II.
AVIVA-Tipp: Erika und Klaus Mann in ihrer scheinbaren Unbeschwertheit und Lebensfreude führen uns in "Das Buch von der Riviera" in das leichte sonnige Leben ein. In "Wenn die Lichter ausgehen" zeigt Erika Mann den Alltag unter dem Hakenkreuz mit seinen Auswirkungen auf die Menschen und ihr Zusammenleben. Beide Bücher sind durch Zeichnungen ergänzt und so nicht nur lesens- sondern auch anschauenswert.
Erika und Klaus Mann
Das Buch von der Riviera
Edition Ebersbach, Februar 2005
ISBN: 3-934703-95-X
14 Euro
Halbleinen, 119 Seiten http://www./?r=aviva-berlin90008115&artiId=3108565"
Erika Mann
Wenn die Lichter ausgehen
Rowohlt Verlag, Januar 2005
ISBN: 3-498-04496-6
19,90 Euro
Kartoniert, 314 Seiten90008115&artiId=2858835"