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Beitrag vom 22.04.2003
Hilde - Meine Liebeserklärung an Hildegard Knef
Gaby Miericke-Rubbert
Für sie hat es immer wieder rote Rosen geregnet - ein intensives, vielschichtiges und bewegtes Künstlerinnendasein und Privatleben, nachempfunden anhand von Bildern durch ihren Ehemann Paul von Schell
"Ich bin den weiten Weg gegangen", sang Hildegard Knef 1974 wie eine Art Resümee. Zwischenzeitlich hatte sie das Ziel aus den Augen verloren, der Weg selbst war von nun an das Ziel. Und wir verfolgen nicht nur ihren kreativen und verästelten Weg zurück, sondern auch ein Stück Film- und Zeitgeschichte anhand eines umfangreichen und spannenden Bildmaterials.
Paul von Schell, mit dem Hilde beinahe 25 Jahre lang bis zu ihrem Tod verheiratet war, hat Dokumente, Anekdoten, Szenenfotos, private Schnappschüsse, Filmplakate und Theatervorankündigungen, Privates und Offizielles mosaikartig zusammengestellt.
Herausgekommen ist eine wunderbare Schwarz-Weiß-Hommage an eine große Künstlerin und an eine beeindruckende Frau.
Hier wird ein Leben von 76 Jahren skizziert, das aufregender, kreativer und intensiver wohl nicht sein konnte. Wir werden an ein Werk von mehr als 40 Filmrollen, 7 Büchern, 30 LPs und CDs und Hunderte von Gemälden erinnert. Die Knef hatte mindestens ebenso viele Karrieren wie Ehemänner, nämlich 3 an der Zahl.
So begann sie mit 17 Jahren ihre schauspielerische Laufbahn am Berliner Schloßparktheater, wurde alsbald für den Film entdeckt und schaffte den internationalen Durchbruch in den 50er Jahren. Sie strahlte gerade in der Nachkriegszeit einen unbändigen Lebenshunger aus:
"Dass man sich das Schöne nimmt, wo man´s kriegen kann" und überzeugte vor allem durch ihre Vielseitigkeit und Authentizität. Sie brillierte in den unterschiedlichsten Rollen, als Männer mordender Vamp, Bauerstochter, Königin und Widerstandkämpferin.
Die Knef gelangte vom Broadway-Musical zur weltberühmten Chansonsängerin, ohne schöne Stimme, aber mit unvergleichlicher Intensität, inspirierenden, selbstverfassten Texten, voller Magie und Nachdenklichkeit. Und begeisterte seit den 60er Jahren auf ihren Konzerttourneen mit anspruchsvollen Liedern über gelebtes und ungelebtes Leben, mal weise, mal melancholisch, träumerisch, immer etwas spröde.
Neben ihren Liedertexten wagte sie sich in den 70er Jahren an eine autobiographische Trilogie.
Der erste Band "Der geschenkte Gaul" wurde in 17 Sprachen übersetzt und war in den USA ein Jahr lang die Nummer 1 auf der Bestsellerliste. Der gefürchtete Berliner Kritiker Friedrich Luft machte sich diesbezüglich folgendermaßen Luft:" Nun kann sie auch noch schreiben. Nun tritt unser Hildchen schon ihre dritte (oder ist es ihre vierte?) Karriere an".
Und last but not least, gemalt hat sie auch, sie begann in Babelsberg eine Ausbildung als Trickfilmzeichnerin und skizzierte gern ihr ganzes Leben lang Szenen aus ihrem Privatleben, porträtierte sich, Familienmitglieder und Impressionen aus der Fremde, aus dem Ausland, wo sie viele Jahre verbracht hatte.
Ihr Privatleben war ebenso bewegt und turbulent wie ihr künstlerisches. Sie pendelte zwischen Berlin, Hollywood, London, New York, Los Angeles und immer wieder Berlin hin und her, hatte als internationale Privatfrau 3 Staatsbürgerschaften und 3 Ehemänner aus 3 Ländern.
Eine "Atlantikbewohnerin", wie sie sich selbst bezeichnete.
Paul von Schells sehr persönliches Vorwort gibt uns einen Eindruck von der Kraft, dem Mut, dem Witz, der Natürlichkeit und dem unstillbaren Wissensdurst seiner Hilde.
Mich hat dieser äußerst unterhaltsame Bildband neugierig gemacht, tiefer in das "Phänomen Hilde" einzusteigen und ich werde wohl dem langjährigen Rat meiner Mutter, einer begeisterten Knef-Anhängerin, folgen und mir endlich ihren "Geschenkten Gaul" ausleihen.
Paul von Schell
Hilde - Meine Liebeserklärung an Hildegard Knef
Bildband
240 Seiten, 350 Abbildungen
Henschel Verlag Berlin, 2003
ISBN: 3-89487-450-3
29,90 €,200586956075"