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Beitrag vom 16.05.2006
Hendrikje, vorübergehend erschossen
Sarah Ross
Ulrike Purschke erzählt in ihrem Debütroman die ungewöhnliche Geschichte einer jungen Frau, die einer nicht enden wollenden Pechsträhne ausgeliefert ist. Doch jeder Horrorfilm hat einmal Happy End.
Es gibt Menschen, deren Leben von Anbeginn an unter einem schlechten Stern zu stehen scheint, die sich selber stets im Weg stehen und sich selbst die Schuld für alles Unglück geben. Zu diesen Menschen gehört Hendrikje, die Protagonistin in Ulrike Purschkes Debütroman "Hendrikje, vorübergehend erschossen", jüngst erschienen bei dtv. Mit ihren 34 Lebensjahren hat Hendrikje Schmidt eine Karriere hinter sich, die man nicht wirklich als filmreif und nachahmungswert bezeichnen kann, und die schließlich mit dem Knast endet. Der spröden Gefängnispsychotherapeutin, Frau Doktor Palmenberg, erzählt sie, wie ihr Leben eine solch drastische Wendung nehmen konnte, denn sie kann vielleicht dafür sorgen, dass Hendrikje vorzeitig aus der Haft entlassen wird.
Alles fing damit an, dass Hendrikje als Tochter eines unbekannten Vaters und einer Mutter, die nach Amerika ging, als sie gerade einmal fünf Jahre alt war, zur Welt kam. Zunächst sieht es jedoch danach aus, als hätte Hendrikje, die sich gemeinsam mit ihrer Oma eine billige Wohnung teilt, ihr Leben im Griff: Am Tag arbeitet sie als Kellnerin in einem Café und am Abend malt sie Bilder in ihrem eigenen kleinen Atelier. Sogar die Aussichten auf eine erste Ausstellung stehen recht gut. Doch dann, an jenem unglückseligen Weihnachten, kommt plötzlich und ganz knüppeldick alles anderes als geplant:
Ihr Freund Ernst läuft weg, die Oma stirbt und als sie aus Nächstenliebe der obdachlosen Paula an Weihnachten ihr Atelier zur Verfügung stellt, brennt dieses ab. Nicht nur, dass die geplante Ausstellung platzt, weil die Arbeiten der letzten fünf Jahre in Flammen aufgegangen sind, auch die Versicherung will nicht zahlen, weil es angeblich Brandstiftung war. Und zu allem Überfluss hat Hendrikje die zu erwartenden Einkünfte ihrer Vernissage bereits im Voraus ausgegeben. Von jetzt auf gleich steht die junge Frau vor einem Berg von Schulden, ist allein und todunglücklich. Ohne Zweifel sie ein besonderes Exemplar von einem Pechvogel, dem sogar der erste Selbstmordversuch gründlich misslingt.
Nicht genug, dass die Protagonistin kein Fettnäpfen in ihrem Leben auslässt, so bittet sie ihre FreundInnen auch noch darum, ihr bei ihrem zweiten Selbstmordversuch behilflich zu sein. Völlig selbstlos ziehen diese mit, doch anstelle von Hendrikje sterben zwei ihrer Freunde - darunter ihr bester Freund Holger. Und da das Unrecht viele Gesichter hat, schieben Hendrikjes sogenannte FreundInnen auch noch ihr die Schuld für Holgers Tod in die Schuhe. Was bleibt, ist die Flucht! So findet Purschkes Unglücksrabe Unterschlupf bei Bruno, einem lakonischen Stammgast aus dem Café. Doch trotz der nicht enden wollenden Aneinanderkettung unglücklicher Ereignisse gelingt es Bruno und der kleinen Punkerin Paula, dass Hendrikje den Glauben an die Menschheit nicht ganz verliert.
Zur Autorin:
Ulrike Purschke, Jahrgang 1961, ging nach dem Abitur von Kassel nach Hamburg und wurde Schauspielerin. Von dort lief sie weg, einem Mann hinterher, über den sie sich dann aber doch sehr geärgert hat. Sie studierte Literaturwissenschaft in Rom und Filmdramaturgie in Hamburg. Seitdem schreibt sie Drehbücher und arbeitet derzeit in Berlin unter Hochdruck an einer schönen Telenovela. Hendrikje ist ihr erster Roman.
AVIVA-Tipp: Ulrike Purschkes Debütroman ist eine warmherzige, witzige und zugleich tragische Erzählung über eine junge Frau, die sich aufgrund ihrer selbstlosen und naiven Art letztendlich selbst ins Aus kickt. Henrikje will eigentlich immer nur das Beste für alle, wird dabei aber von allen ausgebeutet, und steht sich selbst am allermeisten im Weg. Die Schauspielerin und Drehbuchautorin erzählt in ihrem ersten Roman aber auch von der moralischen Stärke eine Frau, die trotz des großen Elends immer noch an das Gute im Menschen glauben kann.
AVIVA-Berlin verlost 5x " Hendrikje, vorübergehend erschossen" von Ulrike Purschke aus dem Deutschen Taschenbuch Verlag. Bitte senden Sie bis zum 22. Juni 2006 eine eMail an folgende Adresse: gewinnspiel@aviva-berlin.de
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Ulrike Purschke
Hendrikje, vorübergehend erschossendtv premium im Großformat, erschienen April 2006
ISBN 3-423-24533-6
220 Seiten, Originalausgabe
12,00 Euro
90008115&artiId=5171958