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Beitrag vom 25.04.2006
Sudabeh Mohafez
Karin Effing
Die im Iran geborene Berliner Autorin überzeugt mit ihrem Debüt, dem Erzählband "Wüstenhimmel Sternenland", sowie ihrem Folgewerk, dem Roman "Gespräch in Meeresnähe". Realitätsnahe Poesie
Jährlich werden mit dem Albert-von-Chamisso-Preis deutsch schreibende AutorInnen ausgezeichnet, deren Muttersprache oder kultureller Hintergrund nicht die deutsche ist. 2006 hat diesen Preis neben Zsuzsanna Gahse und Eleonara Hummel die aus dem Iran stammende Berliner Autorin Sudabeh Mohafez erhalten. Genauer gesagt, die Ex-Berliner Autorin, denn Sudabeh Mohafez lebt seit zwei Jahren in Portugal. Mit zwei eigenständigen Buchveröffentlichungen, beide beim Arche Verlag erschienen, trat sie in Erscheinung. Dem viel beachteten Erzählband Wüstenhimmel Sternenland folgte 2005 der Roman Gespräch in Meeresnähe.
Mit magischer Wirkung und mit präzisen Sätzen schildert sie das Leben zwischen Orient und Okzident.
So spielen die sieben Texte des Erzählbandes Wüstenhimmel Sternenland sowohl in Deutschland, vor allem in Berlin, als auch im Iran. Der Umfang der Geschichten reicht von sehr kurzen Stimmungsbildern bis zu der fast 60 Seiten umfassenden Erzählung Vor Allahs Thron, die im Teheran der 70er Jahre spielt. Sudabeh Mohafez schildert darin einen Tag im Leben von Nahid. Einer Mutter, die mit ihrer Familie in einer Höhle - durch Planen nur notdürftig abgedeckt -in der Nähe von Teheran lebt. Am beschriebenen Morgen steht sie gegen 3 Uhr auf, um sich zum letzten Mal auf den Weg zu ihrer ehemaligen Arbeitgeberin in die europäische Villensiedlung zu begeben. Ihr Ziel ist der Sohn der ausländischen Frau, sie möchte ihn vor der väterlichen Gewalt schützen.
In Sediment erscheint der Protagonistin aus heiterem Himmel der iranische Berg Damâwand mitten in Berlin. Über der Spree auf der Weidendammer Brücke thront er. Durch das sich überlappende Bild der Orte, Spree und Damâwand, materialisiert sich das innere Leben der Ich-Erzählerin in zwei Ländern auf beeindruckende Weise nach außen und wird so erlebbar. Der Berg Damâwand auf der Spree -ein Bild, das man nach der Lektüre nicht mehr vergisst.
Eines der zentralen Themen der studierten Pädagogin, die in ihren sieben Jahren als Geschäftsführerin im zweiten autonomen Frauenhaus in Berlin Erfahrungen sammeln konnte, ist das Thema Gewalt. Im Roman Gespräch in Meeresnähe rückt diese Thematik in den Vordergrund des Geschehens. In immer wieder abbrechenden Sätzen beschreibt sie den mühsamen Kommunikationsversuch zwischen einer Mutter und ihrer Tochter. Beide sind durch schwere Traumatisierungen gefangen und verstummt. Die eine im wortwörtlichen Sinne, die andere im übertragenen.
AVIVA-Tipp: Märchenhaft und zugleich der Realität verpflichtet schildert Sudabeh Mohafez in ihrem Erzählungsband Wüstenhimmel Sternenland das Leben zwischen Iran und Deutschland. Die Gewalt gegen Frauen und Kinder, die diese oft durch Männer ihrer Umgebung erdulden müssen, wird zum Hauptthema ihres Romans Gespräch in Meeresnähe. Beeindruckend und höchst fesselnd.
Zur Autorin:
Sudabeh Mohafez 1963 in Teheran geboren, lebt seit 1979 in Berlin. Studium der Musik. Anglistik und Erziehungswissenschaften. 1993 bis 2000 Geschäftsführerin im 2. Autonomen Frauenhaus Berlin. 2001 Lehrbeauftragte der TU-Berlin. Seit 2002 Übersetzerin, Lektorin und Autorin. Erste Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. 2006 hat sie den Albert-von-Chamisso-Preis erhalten.
Die Autorin im Netz unter www.sudabehmohafez.de
Sudabeh Mohafez
Wüstenhimmel Sternenland
Arche Literatur Verlag, August 2004
Gebunden, 122 Seiten
ISBN: 3-7160-2332-9
17 Euro