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Beitrag vom 30.11.2005
Hildegard Knef
Karin Effing
Im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag ist ein prächtiger Fotoband mit Portraits der Sängerin, Schriftstellerin und Schauspielerin erschienen. Der Fotograf Rico Puhlmann begleitete sie seit den 60ern.
"Meine Mutter und Rico Puhlmann hatten eine Beziehung, die man wohl als einzigartig bezeichnen kann. [...] Vielleicht ist Ricos Blick heute noch überzeugender, wie er die Erinnerung an die strahlende, aber auch wunderbare Komplexität meiner Mutter wach hält und zeigt, welche Wertschätzung er für all die verschiedenen Seiten ihrer Persönlichkeit hatte. Er beherrschte sein Handwerk wie kein anderer und doch, Künstler der er war, bewahrte er genug Abstand um ein ehrlicher Geschichtenerzähler zu bleiben."
Grußwort der Tochter Hildegard Knefs, Christina Gardiner
Hildegard Knef, geboren am 28. Dezember 1925 in Ulm als Hildegard Frieda Albertine Knef, wäre dieses Jahr 80 Jahre alt geworden. 1942 begann eine Ausbildung als Trickzeichnerin bei der UFA bevor sie Schauspielerei an der Filmhochschule in Babelsberg studierte. Mit ihrer Darstellung einer ehemaligen KZ-Insassin in Wolfgang Staudtes "Die Mörder sind unter uns" (1946), dem ersten deutschen Nachkriegsfilm, bewies sie ihr schauspielerisches Talent und eroberte sich ihre verdiente Anerkennung als wichtigste deutsche Charakterdarstellerin. Endgültige Bekanntheit erlangte sie durch den Skandal um den Film "Die Sünderin" (1951), in dem sie mit einer kurzen und für unsere heutigen Verhältnisse harmlosen Nacktszene die Gemüter erhitzte. Ihr internationaler Durchbruch gelang ihr in der Rolle der "Ninotschka" der sie von 1954 bis 1956 in Cole Porters Broadway-Musical "Seidenstrümpfe" ("Silk Stockings") Gestalt gab.
Damit hatte Hildegard Knef eine andere ihrer zahlreichen Begabungen entdeckt und ihre zweite Karriere als Sängerin und Texterin begann. Sie schuf deutsche Chansons und wurde bereits 1968 als beste deutschsprachige Sängerin ausgezeichnet. Ihre rauchig-charismatische Stimme verbindet sich mit den selbstironischen Texten zu melancholisch/kraftvollen Musikstücken. Wie alles, was die Ausnahmekünstlerin krierte, tragen sie das Markenzeichen "Knef":
Sie bezauberte uns mit unzähligen Hits, die bis heute unvergessen und unvergleichlich sind: "Von nun an ging´s bergab", "Für mich soll´s rote Rosen regnen" oder auch "Ich brauch Tapetenwechsel", um nur einige ihrer großartigen musikalischen Werke zu nennen.
Mit "Der geschenkte Gaul" trat die begnadete Sängerin und Schauspielerin ihre dritte Karriere als Autorin an. Das Buch, in dem sie auf offene und starke Weise ihr Leben beschrieb, avancierte zum gefeierten Bestseller und wurde in 17 Sprachen übersetzt. Es folgte "Das Urteil".
Am 1. Februar starb Hildegard Knef an den Folgen einer akuten Lungenentzündung in Berlin.
In "Hildegard Knef. Fotografien von Rico Puhlmann" kann die Leserin das bewegte Leben der Künstlerin mit den wimpernbekränzten Augen begleiten. Der Fotograf arbeitete seit Mitte der 60er Jahren mit der Schauspielerin zusammen. Als Hausfotograf begleitete er sie zu vielen offiziellen Anlässen mit seiner Kamera. Er lieferte die Vorlagen für zahlreiche Covermotive ihrer Schallplatten und inszenierte Lifestyle-Modereportagen, Homestories und Titelbilder für große Zeitschriften. Aussderdem begleitete er sie häufig zu Dreharbeiten und Konzertproben.
Die Herausgeberin Corinna Weidner sichtete und sortierte das Fotomaterial Puhlmanns, um daraus ein wunderschönes Buch zu schaffen. Neben den Fotos, die den Star von seiner offiziellen Seite zeigen, stehen Aufnahmen, die den Moment davor oder danach zeigen, so dass der reale Mensch Hildegard Knef zu sehen ist. Der Prozess der fotografischen Arbeit wird auf diese Weise sichtbar, wie auch ungewohnte und überraschende Inszenierungen der Diva. Hildegard Knef im Swimmingpool, Assoziationen an Bilder Bo Dereks werden in Gang gesetzt. Interessant auch die letzten Aufnahmen: Rico Puhlmann stellt die Knef als eine Art Joan Collins à la "Denver Clan" dar und arbeitet an der Persönlichkeit der Knef vorbei. Fotograf und Fotografierte haben offensichtlich den Draht zueinander verloren.
AVIVA-Tipp: Der Fotoband "Hildegard Knef. Fotografien von Rico Puhlmann" im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erschienen, herausgegeben von Corinna Weidner, zeigt die verschiedenen Gesichter der Hildegard Knef. Wer die großartige Künstlerin von noch nicht gekannten Seiten kennenlernen will, kann dies in dem wunderschönen Band erleben. Für Fans der Knef ein Muss.
Die Herausgeberin:
Die Kunsthistorikerin Corinna Weidner, in München geboren, lebt seit 1993 in Berlin. Sie arbeitete als Kunst- und Gastro-Redakteurin und widmet sich heute als Journalistin und Autorin den Schwerpunkten Kunst, Fotografie, Mode und Musik.
Der Fotograf:
Rico Puhlmann wurde 1934 in Berlin geboren. Fast gleichzeitig mit Hildegard Knef begann er im Filmgeschäft und übernahm als Kinderstar die Titelrolle in "Der Kleine Muck. Er studierte an der Berliner Hochschule der Bildenden Künste Grafik und begann im Berlin der 50er seine Karriere als Modezeichner und Fotograf. Puhlmann machte sich als Modefotograf schnell einen Namen, arbeitete für Magazine wie "Constanze", "Stern" und "Brigitte". Mit Aufträgen für "Harper´s Bazaar", "Glamour" und "Vogue" setzte er nach 1970 seinen Erfolg in den USA fort.
Ausserdem kreierte Rico Puhlmann in den 80er Jahren eine eigene Modekollektion und produzierte einen Kurzfilm, in dem er auch die Regie übernahm. 1996 beendete ein Flugzeugabsturz sein Leben.
Hildegard Knef
Fotografien von Rico Puhlmann
Herausgegeben von Corinna Weidner
Mit einem Vorwort von Christina Gardiner
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Oktober 2005
240 Seiten, ca. 350 farbige und schwarzweiße Fotos
ISBN: 3-89602-662-3
49,90 Euro90008115&artiId=3712408" target="blank">