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Beitrag vom 30.12.2005
So B. It
Stefanie König
Sarah Weeks Kinderroman erzählt eindrucksvoll die Geschichte der 12-jährigen Heidi, die sich auf eine abenteuerliche Suche nach der Vergangenheit ihrer geistig behinderten Mutter begibt.
Wie viel muss man über seine Herkunft erfahren, um glücklich leben zu können? Mit Sicherheit muss man nicht alles wissen, aber es ist seltsam, wenn man gar nichts von seiner Vergangenheit weiß und es manchmal fast so aussieht, als sei man vom Himmel gefallen. Genauso ergeht es der zwölfjährigen Heidi in Sarah Weeks´ Roman "So B. It". Ihre Mutter ist geistig behindert, der Vater unbekannt.
Heidis Mama spricht nur 23 Wörter wie "Tee", "Kuss", "fertig" oder "blau", nennt sich selbst "So Be It" und wiederholt immer wieder ein geheimnisvolles "Soof".
"Wenn ich die Wahl hätte, wüsste ich lieber Bescheid, als im Dunkeln zu tappen, das will ich ehrlich zugeben", sagt Heidi über die Fragen nach ihrer Vergangenheit.
Mutter und Tochter wären verloren, kümmerte sich nicht Bernadette, die Nachbarin und Heidis einzige Vertraute, um die beiden. Doch selbst "Bernie" kennt die Familiengeschichte nicht. Sie weiß nur: an einem 19. Februar vor zwölf Jahren stand eine völlig verängstigte junge Frau mit einem Neugeborenen auf dem Arm vor der Tür, und die beiden spazierten in ihre Wohnung und "für immer mitten in ihr Herz".
Im Gegensatz zu Heidi scheut die fürsorgliche Bernadette jedoch jegliche Spurensuche. Die Gegenwart ist für sie Herausforderung genug. Sie leidet an Agoraphobie, der Angst, allein ins Freie und über Straßen zu gehen, sie hat ihre Wohnung seit Jahren nicht verlassen.
Nur mit Zander, dem dicken Jungen vom Erdgeschoss, hat Heidi Kontakt, sitzt jeden Nachmittag Viertel nach drei im Treppenhaus und hört gebannt seinen haarsträubenden Lügengeschichten zu. Genauso gern lauscht sie auch den Abenteuern, die ihr Bernie vor dem Einschlafen vorliest.
Heidi - die ihre Geschichte rückblickend erzählt - ist eine Grenzgängerin zwischen Wirklichkeit und Phantasie. Nachdem sie im hintersten Winkel der Küchenschublade eine alte Kamera mit einem belichteten Film entdeckt, lässt sie die Frage: "Wo komme ich her?" nicht mehr los.
Die Fotos - Aufnahmen ihrer Mutter - werden ihr Leben verändern, das Mädchen macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, die in einem Ort namens Liberty im Staat New York verborgen liegt. Im Greyhound-Bus fährt sie die 4.000 Meilen von Reno quer durchs Land nach New York- und damit beginnt das große Roadmovie einer Zwölfjährigen.
AVIVA-Tipp:
Der Roman ist mit Sicherheit keine leichte Kost für junge Menschen, gerade das macht ihn aber auch so besonders.
Er greift gesellschaftliche Tabuthemen auf und verarbeitet sie auf kindgerechte Art und Weise.
Die berührendsten Ereignisse sind sicher die emotionalen Begegnungen der Menschen in ihrer gegenseitigen Zuneigung und Hilflosigkeit und die spannendsten Szenen entstehen, wenn Heidi die Wahrheit hinter den Tatsachen entdeckt. Bis zum Ende fiebert und leidet man mit Heidi mit, und reist mit ihr auf einer spannenden Busfahrt quer durch die USA.
Ein beeindruckendes Buch über das Erwachsenwerden und die Suche nach den eigenen Wurzeln.
Ãœber die Autorin:
Sarah Weeks ist Sängerin, Liedermacherin und Kinderbuchautorin. Seit mehr als zwanzig Jahren schreibt sie für Kinder und macht Bühnenshows in Theatern.
In ihren Büchern beschäftigt sie sich mit der Welt der Kinder und ihrem Verhältnis zu den Eltern, das gerade in der Pubertät viel Stoff für Konflikte birgt. Sarah Weeks schreibt stets aus dem Blickwinkel der Kinder - und der kann ebenso ernst wie urkomisch sein. Neben ihren Kinderbüchern hat sie unter anderem auch Texte für die "Sesamstrasse" und Lieder für den "Winnie the Pooh"-Film von Disney geschrieben. Sarah Weeks lebt mit ihren beiden Söhnen in New York.
Sarah Weeks
So B It - Heidis Geschichte
Ãœbersetzt von Brigitte Jakobeit.
Carl Hanser Verlag, München 2005
ISBN: 3-446-20643-4
224 Seiten, gebunden
15,90 Euro
Ab 11 Jahren90008115&artiId=3528096"