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Beitrag vom 24.09.2005
Frauen Porträts Kinder
Maren Westensee
1989, unmittelbar vor der Wende, kam Angela Fenschs Bildband „Kind Frau“ heraus. Nun, im Jahr 2005, hat die Fotografin den Zyklus beendet und die Mütter und Kinder erneut vor die Kamera geholt.
Im Osten, der kurz vor dem gesellschaftlichen Umbruch stand, wurde der Bildband "Kind Frau" bei seinem Erscheinen kaum beachtet. Im Westen dagegen zeigte er sich als großer Erfolg. Schließlich präsentierten die Bilder nicht nur junge Frauen jenseits einer sozialistischen Haltung, sondern auch die Möglichkeit von Individualität in einer zentral gelenkten Gesellschaft. Die als Bestandsaufnahme geplante Arbeit entpuppte sich als ein Nachruf auf eine im Untergang begriffene Welt.
Fensch fotografierte nicht auf traditionelle sozialdemokratische Weise, sondern in der Art der Mode - und Modelfotografie. Das macht die Aufnahmen auch heute noch interessant, weil sie relativ frei von der ideologischen Sichtweise junge Frauen aus Berlin porträtierte, die in keiner festen Familienbindung lebten und berufstätig waren. Die Posen sind selbst gewählt und spiegeln etwas von der Einstellung der jungen ostdeutschen Mütter und der Fotografin.
Doch durch die ausgewählte Inszenierung verschweigen die Bilder den Alltag der Menschen, ihr Leben. Oft nackt oder zumindest halbnackt aufgenommen, sind es Porträts schöner, junger, selbstbewußter Frauen und ihrer Kinder, die mit der abgelichteten Umgebung eine Einheit bilden. Diesen Fotos von gestern gegenüber gestellt sind diejenigen von 2005, die in "Frauen Porträts Kinder" hinzugekommen sind.
Was hat sich verändert? Was ist geblieben? Auf den ersten Blick erkennbar sind aus den Kindern Erwachsene geworden, zum Teil selbst schon Eltern. Beziehungen haben sich verändert, Mutter und Kind stehen selbstbewußt nebeneinander. Formale und Hell-Dunkel-Aspekte korrespondieren in einigen Bildpaaren auf interessante Weise.
Doch auch die Inszenierungen haben sich zum Teil sehr stark verändert. Ungewöhnliche, interessante Posen junger, unangepaßter Menschen wandelten sich leider zum Teil zu langweiligen, sterilen Raumportraits, in denen die Menschen einfallslos nebeneinander gestellt wurden. Andere Fotos aus dem Jahr 2005 strahlen aber zumeist durch die Formensprache noch Stärke aus.
AVIVA-Tipp: Eine interessante Gegenüberstellung von Fotos, die zum Vergleichen einladen. Leider verlieren einige der neueren Bilder viel von der Ausstrahlungskraft, Freiheit und Schönheit, die den älteren inne wohnt. Die Aufnahmen von 1989 sind auf jeden Fall eine wahre Augenfreude.
Ermöglicht wurde sie durch die Förderung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und durch die freundliche Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Land Brandenburg gemeinsam mit der Sparkasse Uckermarck, der Städte Schwedt und Prenzlau.
Angela Fensch
Porträts Frauen Kinder 1989 und 2005
Nicolai Verlag, erschienen September 2005
ISBN 3-89479-251-5
ca. 96 Seiten, ca. 70 Abb. im Duotone. 22 x 28 cm
Gebunden mit Schutzumschlag
19.90 Euro
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