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Beitrag vom 30.11.2002
Roberto Bolaño: Amuleto
Meike Bölts
Amuleto ist eine Liebeserklärung an die Dichter Lateinamerikas, an ihre Lieder, ihre leuchtenden Bücher, an ihr Leben und ihren Tod
Amuleto: Das ist die Geschichte der durchgedrehten Muse Auxilio Lacouture - der "Mutter aller Dichter" - die im September 1968, als der Campus der Nationalen Autonomen Universität Mexikos von der Polizei gestürmt wurde, unentdeckt 14 Tage auf der Frauentoilette der geisteswissenschaftlichen Fakultät zugebracht hat.
Amuleto: Das ist auch die Geschichte der lateinamerikanischen Dichter des letzten Jahrhunderts. Die Geschichte ihrer Freund- und Feindschaften, ihrer Leiden- und Liebschaften, ihrer Eitelkeiten, ihrer Erfolge und all ihrer Wahnsinnigkeiten.
Der Exilchilene Roberto Bolaño hat mit Amuleto einer Episode aus seinem letztem Roman - Die wilden Detektive - einen eigenen Roman geschenkt. Auxilio Lacouture schwingt auf den Flügeln ihrer Erinnerung durch Raum und Zeit. Sie erinnert sich an die Zukunft und erdenkt sich ihre eigene Vergangenheit. Die Toilette ist der Dreh- und Angelpunkt: "mein "Schiff in der Zeit, von wo aus mein Blick auf alle Zeiten fällt, zu denen Auxilio Lacouture geatmet hat".
Ihren wirren Worten zu folgen lohnt sich, denn dann öffnet sich die Literatenwelt der Hauptstadt Mexikos vor dem inneren Auge: Die Liebe zur Literatur vereint sie alle, all "die spanischen Dichter und ihre leuchtenden Bücher".
Amuleto ist eine Liebeserklärung an die Dichter - die Kinder - Lateinamerikas, an ihre Lieder, ihre leuchtenden Bücher, an ihr Leben und ihren Tod: "Dieses Lied, es ist das Zeichen unserer Erinnerung, unser Amulett."
Roberto Bolaño schreibt voller Passion und mit dem Herzen. Er schiebt die Logik bei Seite und bekommt dafür faszinierende und herausfordernde Klarsicht.
Roberto Bolaño
Amuleto
A. Kunstmann, 2002
Preis 16,90 EUR