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Beitrag vom 25.01.2005
Bericht aus Ramallah
Danielle Daum
In ihrem zweiten Buch über die besetzten Gebiete dokumentiert Amira Hass eindrucksvoll das Schicksal und den Alltag der PalästinenserInnen im Westjordanland
Amira Hass hat es sich als jüdisch-israelische Journalistin zur Aufgabe gemacht, über die Situation der PalästinenserInnen in den von Israel besetzten Gebieten zu berichten.
Sie ist weder pro-palästinensisch noch nicht anti-israelisch, doch sie kritisiert die Besatzungspolitik Israels ebenso wie die Mißwirtschaft der palästinensischen Führung und nimmt in ihren Artikeln kein Blatt vor den Mund. "Man bezeichnet mich als Korrespondentin für palästinensische Angelegenheiten aber es wäre richtiger, zu sagen, daß ich Expertin für die israelische Besatzung bin." Seit 1991 berichtet sie für die liberale israelische Tagezeitung Ha´aretz aus den Palästinensergebieten. Zuerst aus Gaza, jetzt aus Ramallah, der provisorischen Hauptstadt des Westjordanlandes. Sie schreibt als Israelin für Israelis, denn ihnen möchte sie die Lebensumstände der PalästinenserInnen nahe bringen.
Ihr Interesse gilt nicht den Entscheidungsträgern auf beiden Seiten, sondern den Erfahrungen und Stimmungen der palästinensischen Bevölkerung unter der israelischen Besatzung und den Bedingungen der militärischen Abriegelung, des immerwährenden Ausnahmezustandes, der Ausgangssperren und der alltäglichen Demütigung und wachsenden Armut.
Anders als viele Israelis sieht Amira Hass die Bereitschaft zu Selbstmordattentaten nicht in Religion oder Mentalität begründet, sondern als ein Ausdruck kollektiver Frustration und Wut über ein Leben, das diese Bezeichnung nicht verdient und keine Perspektive offenbart. Sie erklärt, wie viele PalästinenserInnen durch Militärbefehle, Ein- und Ausreiseerlaubnisse und Ausgangssperren praktisch in die Illegalität gedrängt werden. Gleichzeitig bezeichnet sie die palästinensischen Autonomiebehörde als korrupt, undemokratisch und fern jeder rechtsstaatlicher Prinzipien und gibt ihr gehörige Mitschuld am Scheitern des Friedensprozesses.
Bericht aus Ramallah ist eine Sammlung kurzer, in sich geschlossener Reportagen deren Veröffentlichungsdaten untrennbar mit den einzelnen Beiträgen selbst verbunden sind, die aber in ihrer Gesamtheit detailliert und eindrucksvoll die Situation im Westjordanland beschreiben. Amira Hass erzählt in klarem, nüchternem aber zugleich sehr persönlichem Stil Begebenheiten, Schicksale und Zusammenhänge, die fast unbegreiflich sind.
AVIVA-Tipp: Das neue Buch von Amira Hass, Bericht aus Ramallah, ist ein Dokument des immer auswegloser erscheinenden Konflikts zwischen Israel und den PalästinenserInnen und eine wichtige Lektüre für alle, die die Hintergründe für das Scheitern des Friedensprozesses besser verstehen wollen.
Zur Autorin:
Amira Hass wird 1956 als Tochter osteuropäischer Einwanderer in Jerusalem geboren. Sie studiert Geschichte in Jerusalem und Tel Aviv und arbeitet seit 1991 als Korrespondentin aus den besetzten palästinensischen Gebieten für die israelische Tageszeitung Ha´aretz. Von 1993-1997 berichtet sie ausschließlich aus dem Gaza-Streifen und faßt ihre Erfahrungen zu ihrem ersten Buch Gaza. Tage und Nächte in einem besetzten Land zusammen. Seit 1997 lebt und arbeitet sie nun in Ramallah im Westjordanland. Für ihre Reportagen wurde Hass 1999 mit dem World Press Hero Award ausgezeichnet. Außerdem erhielt sie den World Press Freedom Prize, den Prince Claus Award und den Bruno-Kreisky-Preis.
Amira Hass
Bericht aus RAMALLAH
Diederichs Verlag, Februar 2004
240 Seiten, Hardcover m. Umschlag
ISBN: 3720524833
19,95 Euro200262671375"