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Beitrag vom 06.01.2005
Frauen im Rampenlicht
Sabine Grunwald
Sechs berühmte Schauspielerinnen von der Duse bis zur Dietrich erzählen spannend aus ihrem ereignisreichen Künstlerinnenleben. Herausgegeben von Monica Steegmann und Ingrid Kaech
Die Geschichte des abendländischen Theaters weist unterschiedliche Strömungen auf und reicht bis in 16. Jahrhundert zurück, wo sich erstmals Frauen als Berufsschauspielerinnen etablieren konnten. Sie traten als Sängerinnen und Tänzerinnen auf, waren gebildet und literarisch versiert.
Ihre gesellschaftliche Stellung war problematisch und schwankte zwischen Verehrung und Verachtung. Sie waren von Mäzenen und Gönnern abhängig und den Begehrlichkeiten des Adels ausgesetzt. Auch Dichter und Denker reduzierten das Bild der Schauspielerin auf Sinnlichkeit und Sexualität.
In Deutschland hatte sich die Schauspielerin erst im 18. Jahrhundert die Frauenrollen und die Bühne erobert.
"Die Jagd nach Engagements, das qualvolle Reisen in den Kostümen, der rasche Wechsel der Stücke, die vielen Rollen, die auf Abruf parat sein mussten, die Proben, die kurzen Nächte - nach der Vorstellung wollten die Herren noch unterhalten werden, …das alles war tatsächlich Schwerstarbeit. Und es bedeutete meist auch den Ausschluss aus allen familiären Bindungen. Eine Tochter als "Komödiantin" war inakzeptabel."
Mit Ibsens Nora, Hedda Gabler... betraten im 19. Jahrhundert interessante, realistische Protagonistinnen die Bühne und eröffneten andere darstellerische Möglichkeiten. Auch bahnte sich ein Reputationswechsel an und die Darstellerinnen standen nicht mehr abseits der Gesellschaft.
Dies war die Geburtsstunde der ersten internationalen Bühnenstars.
Sarah Bernhardt (1844-1923) und Eleonora Duse (1858-1924) waren ihre eigenen Unternehmerinnen und Produzentinnen, verantwortlich für die Finanzierung der Inszenierungen und den Unterhalt der Truppe. Herausragende Schauspielerinnen waren auch Tilla Durieux (1880-1971) und Elisabeth Bergner (1897-1986). Obwohl zwei grundverschiedene Persönlichkeiten, hatten sie dennoch die Erfahrung zweier Kriege gemeinsam, ihre Emigration nach 1933 und ihr Engagement am Deutschen Theater unter Max Reinhardt in Berlin.
Adele Sandrock (1853-1937) spielte im Theater an der Wien und im Burgtheater. Ihre Domäne war "die Verkörperung dämonenhafter und leidenschaftlicher Naturen..." 1920 entdeckte sie durch Wedekinds Liebestrank ihr Talent als Komödiantin und feierte in zahlreichen Tonfilmen große Erfolge der schrulligen, unmodernen, komischen Alten.
Helene Weigel (1900-1971), die zukünftige strenge Prinzipalin und tragische Figur der Brecht-Stücke war ebenfalls gebürtige Wienerin. Als sie mit 19 Jahren ihre erste Rolle in Frankfurt spielte, wurde ihr auf Anhieb Temperament, eine starke Begabung, sowie Darstellungsvermögen attestiert. Als spätere Intendantin des Berliner Ensembles sorgt sie für gute Kontakte zu Kulturfunktionären, kümmert sich mit starker Hand um die SchauspielerInnen und verhilft dem BE zu internationalem Ansehen.
Marlene Dietrich (1901-1992) hat die Mutter Courage zwar nie gespielt, zeigte aber Mut, als sie ihren ersten Vertrag mit Paramount Pictures nach ihren eigenen Vorstellungen durchsetzte. Das ihr verhasste Nazi-Regime führte sie an der Nase herum. Ebenso wenig machte sie ein Geheimnis aus ihren diversen Liebschaften - auch mit Frauen - und stellte sich selbstbewusst in Männerkleidung den Fotografen. Aufgeben war ein Fremdwort für sie. Nach dem Krieg steht sie zusammen mit Orson Welles vor den Rundfunkmikrofonen. 1953 produziert sie eine 58teilige erfolgreiche Hörspielserie "Time for Love". Im selben Jahr startet sie weltweit ihre zweite Karriere als Chansonsängerin mit eigener Musikshow. Auch auf der Bühne ist sie der einzige deutsche Filmstar von Weltrum geblieben.
Ergänzt werden die sechs Portraits von einem Literaturverzeichnis, Quellennachweis und Personenregister.
AVIVA-Tipp: Die spannenden Lebensberichte versprechen genüssliches Lesevergnügen!
Die Herausgeberinnen:
Monica Steegmann, geb. 1942, ist promovierte Musikwissenschaftlerin. Sie war Programmleiterin eines Klassiksenders in Mexico City, danach verantwortliche Redakteurin der Zeitschrift "Musik und Medizin". Von 1978 bis 1991 leitete sie Redaktion und Produktion der Kammermusik beim Süddeutschen Rundfunk.
Ingrid Kaech, geb. 1963, besuchte in Wien und München die Schauspielschule. Zehn Jahre lang war sie an verschiedenen Theatern in Deutschland, Österreich und der Schweiz als Schauspielerin, Assistentin und Regisseurin tätig. Seit 1995 lebt sie in Berlin und arbeitet als freie Schauspielerin, Regisseurin, Dramaturgin und Autorin für neue Projekte im Musik- und Sprechtheater.
Von Monica Steegmann (Mitherausgeberin Eva Rieger) liegen im insel taschenbuch außerdem vor. Frauen mit Flügel. Lebensberichte berühmter Pianistinnen, Göttliche Stimmen. Lebensberichte berühmter Sängerinnen.
Frauen im Rampenlicht
Lebensberichte berühmter Schauspielerinnen von Elenora Duse bis Marlene Dietrich
Hrsg.: Monica Steegmann und Ingrid Kaech
Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig, Oktober 2004
Taschenbuch, 347 Seiten
ISBN 3-458-34748-8
12,00 Euro90008115&artiId=2701176"