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Beitrag vom 19.07.2004
Sing mit Schmerz und Zorn – Texte von Arno Lustiger
Sabine Grunwald
Ein Überlebender schildert seine Erinnerungen an die jüdische Kindheit in Polen, die Schrecken der Konzentrationslager, Todesmärsche und den Neuanfang in Deutschland
Die Aufzeichnungen, Texte zum 80. Geburtstag von Arno Lustiger, sind das bewegende Zeugnis eines Menschen, dem es gelang, mehrere Konzentrationslager und zwei Todesmärsche zu überleben. Im Land der TäterInnen hat er einen Neuanfang gemacht.
Arno Lustiger hat lange geschwiegen, wie bei vielen Überlebenden wurde nicht über die Vergangenheit gesprochen. Er wollte nicht an die Zeit erinnert werden, wollte vergessen. Ein SS-Mann beim Todesmarsch sagte ihm:
"Du wirst nicht überleben, aber solltest du überleben, dann wird man dir sowieso nicht glauben."
Das Buch beginnt mit den Erinnerungen an die Kindheit in Bedzin, einer Stadt im polnischen Teil Oberschlesiens. Die Mehrheit der Bevölkerung ist jüdisch: Handwerker, Arbeiter, Kaufleute und Industrielle, Künstler, Politiker und Rabbiner machen die Stadt zum bedeutendsten jüdischen Zentrum in Westpolen.
Arno Lustiger 1924 geboren, träumt als 15jähriger Gymnasiast von einer akademischen Karriere. Doch diesem Traum setzten die Nazis ein Ende.
Die Aufzeichnungen und Reflexionen zeichnen ein persönliches und lebendiges Bild der jüdischen Geschichte und Kultur im 20. Jahrhundert.
Mit Schmerz wird den Opfern der Schoa ebenso gedacht wie den HeldInnen des jüdischen Widerstandes.
"Für die Einsätze gegen die Besatzungsmacht und zur Selbstverteidigung wurden Waffen benötigt. den Kauf und Transport der Waffen übernahmen junge Mädchen, die meisten von ihnen waren unsere Schulkameradinnen gewesen. Sie fuhren als Kuriere in alle Gebiete Polens, auch ins Generalgouvernement."
Thematisiert werden die Qualen des Erinnerns und die Schwierigkeiten des Neuanfangs. Arno Lustiger bleibt in Deutschland, da die Auswanderung nach Amerika durch bürokratische Hindernisse scheitert.
Das vorliegende Werk ist mehr als eine Biographie, es möchte dazu beitragen, allen verfolgten und ermordeten Juden und Jüdinnen Europas eine Stimme zu geben und sie vor dem Vergessen zu bewahren.
Arno Lustiger, 1924 in Polen geboren, Überlebender mehrerer Konzentrationslager und der Todesmärsche Auschwitz und Buchenwald, lebt seit 1945 in Frankfurt/Main. Er ist Mitbegründer der dortigen jüdischen Gemeinde und Ehrenpräsident der Zionistischen Organisation in Deutschland. Arno Lustiger erhielt mehrere Auszeichnungen, u.a. das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und die Moses-Mendelssohn-Medaille.
Er schreibt und forscht zu Themen der deutsch-jüdischen Geschichte, zum spanischen Bürgerkrieg und zum jüdischen Widerstand. Als freier Schriftsteller und Publizist veröffentlicht er in der FAZ, der Frankfurter Rundschau und dem Spiegel.
Im Aufbau-Verlag erschienen bisher: Rotbuch: Stalin und die Juden (1998) und Schalom Liberdad (2001).
Arno Lustiger
Sing mit Schmerz und Zorn
Ein Leben für den Widerstand
Aufbau-Verlag, Berlin, Mai 2004
330 Seiten, gebunden mit S/U
ISBN 3-351-02579-3
22,50 Euro"