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Beitrag vom 13.07.2004
Auf und davon. Ein überzeugendes Romandebüt von Helena Echlin
Sabine Grunwald
Elisabeth lebt mit Spencer am Rande der Wüste. Ihre Vergangenheit hat sie vermeintlich hinter sich gelassen. Doch bei ihrer Rückkehr nach England wird sie von ihr wieder eingeholt
Die Heldin Elisabeth hat sich Hals über Kopf in Spencer, den pragmatischen, angehenden Arzt verliebt. Zusammen leben sie im amerikanischen Südwesten. Ein provisorisches Haus, aus Flaschen gebaut, am Rande der Wüste, ist ihr zuhause. Elisabeth, eine ehemalige Musikstudentin, die sich eher halbherzig um einen Job kümmert, verschwendet ihre Tage und macht bei Einkaufsfahrten in die Stadt merkwürdige Bekanntschaften. Sie schämt sich wegen ihrer Trägheit, während der agile Lebensgefährte nach Feierabend das Haus renoviert.
Sie ist an diesen Ort gekommen, um zu vergessen, stattdessen suchen sie die Schatten der Vergangenheit heim. Sie denkt an ihre ewig geistig abwesende Mutter, die sich manchmal stundenlang nicht bewegte und kein Wort sprach. Elisabeth ist besorgt - seit über einem Monat lebt sie bereits hier und hat noch nichts von ihren Eltern gehört. Von ihrem schreibfaulen Bruder Duncan eine Nachricht zu bekommen, erwartet sie erst gar nicht. Er hat wahrscheinlich in seinem ganzen Leben noch keinen Brief geschrieben.
Wir hören von der religiösen Granny, die auf die Lebensgeschichten von Heiligen abonniert ist, Reader´s Digest liest und sich mit Katastrophengeschichten vergnügt. Ihr Mann ist mit fünfundvierzig Jahren nach einem Leben mit Kurzgebratenem zum Frühstück gestorben. Er konnte nicht lesen und spielte gerne Jigs auf einer Fidel. Das war alles, was Granny je von ihm erzählte. Als Granny einen Unfall bei einer Pilgerfahrt hat, beschließt Elizabeth, nachhause zu fahren.
Hier wird sie plötzlich von den Schatten der Vergangenheit heimgesucht. Sie erfährt von dem düsteren Geheimnis um den Tod ihres Großvaters und muss Abschied von ihrem Bruder nehmen, der sich durch Selbstmord aus seinem verfahrenen Leben rettet.
AVIVA-Tipp: Der Roman ist eine tour de force in die Kind- und Mädchenzeit einer jungen Frau, die feststellen muss, dass Verdrängung nicht zur Lösung führt. Genau beobachtet und klarsichtig erzählt ist dieser Roman ein erstaunliches Debüt, das auf weitere Werke der jungen Autorin neugierig macht.
Zur Autorin:
Helena Echlin, geboren 1975, lebt als freie Schriftstellerin in San Francisco. Sie läuft gerne Marathon und liebt den Frühling in Mexiko. Auf und davon ist ihr erster Roman.
Helena Echlin
Auf und davon
Aus dem Englischen von Sabine Dörlemann
S. Fischer-Verlag, April 2004
19,90 Euro
283 Seiten, gebunden, Lesebändchen200253753275"