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Beitrag vom 14.09.2003
Naomi Klein
Meike Bölts
Wer einen Einstieg in die Globalisierungskritik sucht, ist mit No Logo (Riemann) und Über Zäune und Mauern (Campus) nicht schlecht beraten.
Im Herbst 1999 wurde manifest, was bis dahin nur durch Internet-Foren, Gemeinschaftszentren und politische Initiativen geisterte: Beim Treffen der WTO (World Trade Organisation) in Seattle hatte eine Bewegung ihr "coming out". Um die 50.000 AktivistInnen leisteten Widerstand gegen die Auswüchse konzerngesteuerter Globalisierung. Sie prangerten die Missachtung von Menschenrechten, die sich rapide verschlechternden Arbeitsbedingungen, Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung an. Sicher war dies keine einmütige Bewegung. Aber ganz sicher wurde ein Zeichen gegen ausschließlich kapitalistisch orientierte Globalisierung gesetzt.
Zur gleichen Zeit war Naomi Kleins erstes Buch No Logo gerade im Druck. Als es erschien, begann die Entwicklung sich zu verselbständigen und No Logo wurde zu einem Schlüsselbuch für viele GlobalisierungskritikerInnen. Klein bietet breit gestreute Informationen zu den Machenschaften der "Global Player":
Konzerne, die ihre Marke ohne Rücksicht auf Verluste weltweit in alle Lebensbereiche drängen - z.B. Nike mit seinen Sweatshops in Asien, McDonalds und Starbucks mit unerträglichen Arbeitsbedingungen, IBM-Fabriken in den Freihandelszonen - die Liste ist lang.
Nach Jahren der Markenabfütterung wehrten sich jedoch immer mehr Menschen gegen diese Machenschaften. Sie wehrten sich, indem sie sich selbst und andere informieren, bewusst einkaufen, auf die Straße gehen, sich vernetzen, sich solidarisch erklären: Sie fordern "eine bürgerzentrierte Alternative zur internationalen Herrschaft der Marken." Sie verneinen Globalisierung nicht, sie wollen sie nur anders als viele Konzerne.
Beinahe vier Jahre sind seitdem vergangen und "Globalisierung" ist in aller Munde. Naomi Klein hat ihren Teil dazu beigesteuert, denn seit den Demonstrationen in Seattle war sie unterwegs und hat berichtet: Vom ersten Weltsozialforum in Pôrto Alegre und vom Marsch der Zapatisten auf Mexico City im März 2001, von der Krise Argentiniens Anfang 2002, vom 20.Juli 2001, dem Tag, an dem Carlo Giuliani beim G8-Gipfel in Genua von der italienischen Polizei erschossen wurde. Berichte von der Globalisierungsfront: Dieser martialisch anmutende Untertitel ist der Übersetzung zu verdanken. Dispatches From The Front Lines Of The Globalization Debate heißt es im Original.
Über Zäune und Mauern ist eine Sammlung von Reportagen und Reden, geschrieben und gehalten zwischen Dezember 1999 und März 2002. Naomi Klein wollte Bericht erstatten über "Menschen, die sich gegen die Barrieren auflehnen, die sie im Zaum halten sollen, und die Fenster aufreißen und in tiefen Zügen den Geschmack der Freiheit atmen." Dies ist ihr gelungen.
Von vielen KritikerInnen wird ihr - an manchen Stellen nicht zu Unrecht - Naivität und mangelndes Hintergrundwissen unterstellt. Doch nicht zu unterschätzen ist die Kraft, die von ihren emotional eindringlich geschriebenen Reportagen ausgeht. Wenn No Logo und Über Zäune und Mauern dazu führen, dass Menschen sich mit den negativen Seiten der vielgepriesenen Globalisierung auseinandersetzen, dann hat Naomi Klein viel erreicht.
Wer sich tiefergehend zu Globalisierung und Globalisierungskritik informieren möchte, kann hier fündig werden:
http://www.nologo.org
http://www.indymedia.org
http://www.nadir.org
Naomi Klein
Über Zäune und Mauern
Berichte von der Globalisierungsfront
Campus Verlag GmbH, März 2003
ISBN: 3-593-37216-9
Preis: 17,90 EUR200561872075"