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Beitrag vom 04.12.2003
Die Fotografin und Schneesterben - Zwei Krimis von Anne Chaplet
Sabine Grunwald
In Banlieu ist die Hölle los - auch die friedlichsten und schönsten Fleckchen der Welt können böse Geheimnisse wahren, ebenso in Klein-Rhoda, einem Dorf mit unerbittlichen Gesetzen.
Karen Stark, die toughe Staatsanwältin aus Frankfurt versteht die Welt nicht mehr. Eine junge Kollegin wird ihr vor die Nase gesetzt, um ihr den Fall "Eva Rauch" aus der Hand zu nehmen. Was haben die Behörden zu verheimlichen?
Sie glaubt weder an den vermeintlichen Selbstmord der Buchhändlerin, noch an mysteriöse Zufälle. In Frankreich wird eine weitere Frau tot aufgefunden. Neben ihr liegt. eine Waffe, die aus dem gleichen Raubzug wie im Fall Rauch stammt. Irgendetwas ist faul an der Sache.
Die Anwältin vertraut auf ihre Intuition und beschließt spontan, ihren Zwangsurlaub in Frankreich zu verbringen, um auf eigene Faust zu ermitteln. Ihr guter Freund Paul Bremer muss sie begleiten, ist er doch der einzige, der mehr als die Speisekarte lesen kann.
In Banlieu überschlagen sich die Dinge, die wildesten Gerüchte und Spekulationen machen die Runde. Nach Ada Silberman, der toten Fotografin, verschwindet eine weitere Deutsche spurlos. Welcher Zusammenhang besteht zwischen diesen Ereignissen? Warum versuchen die Behörden in Deutschland die Geschehnisse zu vertuschen? Die Spuren führen zurück auf linksradikale Attentate in den 70er Jahren und damit verbundene Traumata.
Die Fotografin
Anne Chaplet
Verlag Antje Kunstmann
München, Februar 2002
ISBN 3-88897-292-2
21,90 Euro
Hardcover, 316 Seiten, Illustrationen mit Vignetten
In einer Ferienhaussiedlung, nicht weit von
Klein-Rhoda, wird ein Toter gefunden. Der Verdacht fällt auf die Besitzerin Krista Regler.
Als sie auch noch gesteht, den Mann überfahren zu haben, scheint alles klar zu sein.
Karen Stark, momentan im siebten Himmel der Liebe, und mit den Gedanken ganz woanders, hat keine Zweifel an der Schuld der Angeklagten. Doch Edith Manning, die Verteidigerin sieht die Sache etwas anders. Während der Verhandlung bringt sie Indizien zutage, die an der Schuld der Mandantin zweifeln lassen. An ihrer Stelle kommt ihr Mann ins Gefängnis, der am eigenen Leibe erleben muss, wie erbarmungslos die Gesetze im Knast sind.
Auch Klein-Rhoda kennt keine Gnade, im Dorf will sich niemand an die Vergangenheit erinnern, alles Schreckliche soll vergessen werden.
Paul Bremer, der in der Dorfgemeinschaft seine zweite Heimat gefunden hat, erfährt, wie gefährlich es sein kann, an Vergangenes zu rühren.
Bis die BewohnerInnen des Dorfes einsehen, dass Verdrängung keine Lösung ist, müssen weitere drei Menschen sterben.
Eine Geschichte voll Schuld und Sühne, Zufall und Schicksal und dem Fluch der Erinnerung.
Das Setting der Krimis ist das - an der Oberfläche - friedliche Landleben. Gerade hier, wo die enge Gemeinschaft besonders aufeinander angewiesen ist, blüht der Fremdenhass. Jeder kennt jeden, und es kann doch nicht angehen, dass einer der Ihren ein Mörder ist. Bekanntlich kommt das Böse immer von außen, von der anonymen Großstadt. Gedanken an Mord und Lynchjustiz beherrschen die Gemüter.
Die Autorin hat ein gutes Gespür für die Psyche und Handlungen ihrer Figuren. Die schwarz-weiß Schablone verrutscht und neue Blickwinkel führen zu überraschenden Einsichten.
Die Autorin Cora Stephan, alias Anne Chaplet arbeitet als Publizistin und Sachbuchautorin in Frankfurt und lebt in der Nähe auf dem Land
Für ihren Roman
"Nichts als die Wahrheit" hat sie den Deutschen Krimipreis 2001 erhalten.
"Die Fotografin" wurde mit dem Radio Bremen Krimipreis 2003 ausgezeichnet.
Schneesterben
Anne ChapletVerlag Antje Kunstmann,
München, September 2003
ISBN 3-88897-336-8
Preis 19,90 Euro
Hardcover, 316 Seiten