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Beitrag vom 07.02.2011
Ann-Monika Pleitgen und Ilja Bohnet - Kein Durchkommen
Marie Heidingsfelder
Ein verschwundener Kollege, ein defekter Satellit, eine absurder Wettstreit und ein Unwetter, das Hamburg aller Klimaprognosen zum Trotz in Kälte und Regen ertränkt – elf Jahre nach ihrem...
...ersten Fall ermittelt Physikerin Nikola Rührmann in einer Zeit, in der das Wetter zum politischen Thema geworden ist.
No Parasan
In Hamburg regnet es Hunde und Katzen - das einzige, was nicht vom Himmel fällt sind verlässliche Daten des Wettersatelliten. Und auch von der stockenden Arbeit am meteorologischen Institut abgesehen, ist Nikola Rühmanns Leben im November vor dem Jahrtausendwechsel nicht besonders heiter: Mit ihrer Freundin Ulli ist Schluss, ein alter Bekannter begeht Selbstmord, in ihren Träumen kämpft sie auf Seiten der Sozialisten im 60 Jahre zurück liegende spanischen Bürgerkrieg und ständig wird sie um spontane Wettervorhersagen gebeten. Aber selbst als dann auch noch ihr Arbeitskollege Gerd verschwindet, lässt sich Nik (oder auch Laus oder Sput-Nik) nicht unterkriegen und stürzt sich elf Jahre nach "Freitags isst man Fisch" in einen neuen Fall, dessen Ausmaße immer weitreichender werden: Warum verschwindet Gerd grade dann, wenn man seine Rechenkünste für einen öffentlichen Auftritt braucht? Wieviel politische Kraft haben die Daten der Wettersatelliten und welche Rolle spielt die verführerische Henri, die auf einmal im internen Netzwerk des Instituts auftaucht?
"Der Tod erschreckt mich nicht. Aber das Ende des Lebens." nach diesem Motto und mit Hilfe von viel starkem Kaffee und Cuba Libre stürzt sich Nikola durch das Tag- und Nachtleben Hamburgs, fällt von einem Milieu ins andere und kämpft gegen die immer gleichen Schranken: No parasan, kein Durchkommen.
Krimi plus...
Die Niederschlagsmenge in deutschen Romanen ist doppelt so hoch wie in der Realität. Doch obwohl dieser Krimi von Ann-Monika Pleitgen und Ilja Bohnet mit seinen Wassermassen in dieser Statistik bestimmt drei regenlose Sommerromane ausgleicht, ist er stimmlich genauso weit von einer Depression entfernt wie seine eigensinnige Heldin. Mit originellen Figuren und einer Menge Sprachwitz führen Mutter und Sohn ihre LeserInnen gekonnt durch das soziale Leben Hamburgs und zeigen einen Ausschnitt der heutigen Gesellschaft: Zwischen politischem Aktivismus, alten Idealen, freier Liebe, wirtschaftlichen Zwängen und einer neuen ökologischen Bewegung. Gekonnt wechseln sie zwischen dem Fall, physikalischem Fachwissen und dem Seelenleben ihrer Protagonistin ohne - allen schweren Themen zum Trotz - die Leichtigkeit und Ironie zu verlieren. Ein Krimi, den man gern schnell liest und dennoch lange darüber nachdenkt.
AVIVA-Tipp: In einer Zeit, da das Wetter vom Smalltalk in die internationale Politik aufgestiegen ist, gelingt dem AutorInnen-Duo Bohnet-Pleitgen genau diese Balance zwischen Leichtigkeit und Schwere: "Kein Durchkommen" ist abwechslungsreich, intelligent und voller Sprachwitz – kurz, ein guter Krimi, der weit über den Tellerrand des Verbrechens hinaus schaut.
Zum AutorInnenduo: Ann-Monika Pleitgen, Managerin, Ehefrau und Co-Autorin des Schauspielers Ulrich Pleitgen, schrieb schon als Kind Kurzgeschichten. Ihr Sohn, der Physiker Dr. Ilja Bohnet, arbeitet am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY). Beim Schreiben des Kriminalromans "Freitags isst man Fisch" (nominiert für den GLAUSER 2010 als bestes Debüt) entdeckten Mutter und Sohn ihre AutorInnenteam-Fähigkeit und schufen die eigenwillige Krimifigur Nikola Rührmann.
(Quelle: Ariadne-Verlag Hamburg)
Bohnet, Pleitgen
Kein Durchkommen
Ariadne Verlag (Argument), Oktober 2010
Broschiert, 251 Seiten
ISBN: 978-3867541831
11,- Euro
www.ariadne.de