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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 05.01.2011


Irina Tabunowa - Fehlt noch ein Baum
Clarissa Lempp

Die russische Autorin präsentiert das Tagebuch einer jungen Mutter und seziert dabei vergnüglich den Totales-Glück-Mythos - vom alltäglichen Versorgungswahnsinn bis zur Baby-Konkurrenz in der ...




... Krabbelgruppe.

Auch in ihrem dritten Roman eröffnet die Russin Irina Tabunowa wieder eine neue Perspektive aus dem Leben ihrer Landsfrauen. Nach den Erlebnissen als Telefon-Sex-Mitarbeiterin in "Erwachsenenwelt" und den Trinkgelagen ihrer Anti-Heldin Ira in "Fremdes Territorium", stellt sie dieses Mal den wahnwitzigen Alltag einer jungen Mutter in den Mittelpunkt. Im Tagebuch-Stil tobt sich Tabunowas spitze Feder über den Mythos Kinder-Segen aus und zerlegt dabei bekannt bissig und amüsant den Umstand und den Zustand des Mutterseins.

Mitten in der Stadt lebt Ira einen neuen Lebensabschnitt. Nach dem muskulösem Freund und einer Karriere ist die nächste Planstufe erreicht. Ein Kind zeugen, ein Haus bauen oder einen Baum setzen, diese Dinge werden seit Jahrhunderten oft allzu leichtfertig als Lebensziele festgesetzt. Als bei Ira das Leben nach der Geburt anfängt, drängt sich ihr auch bald die Frage auf: Wäre es nicht einfacher gewesen den Baum zu pflanzen? Zwischen nervenaufreibenden und lautstarken Kommunikationsversuchen des Babys, dem Gefühl der Ent-Subjektivierung und dem Selbstbild einer Milchausgabestelle, wird die müde Protagonistin von dem Wunsch getragen, sich noch in den nächsten 18 Jahren einmal ausruhen zu können. Und während sie sich all das in ihrem Tagebuch von der Seele schreibt - die Nachmittage mit den Konkurrenz-Müttern, das Füttern, das Immer-Dasein, die Zweifel - stellt sie plötzlich fest, dass "sich kümmern" nicht unbedingt heißen muss, sich selbst abhanden zu kommen und dass Mutter und Kind sich eigentlich gar nicht so schlecht anstellen…

Zur Autorin: Irina Tabunowa wurde 1979 in Moskau geboren. Sie arbeitet als Pressesprecherin in einem staatlichen Museum und lebt mit ihrer Tochter in Moskau. (Verlagsinfo)

AVIVA-Tipp: Schonungslos, wortgewaltig und stets höchstunterhaltend entblößt Irina Tabunowa den nicht immer nur glückseligen Zustand einer jungen Mutter, ohne in Zynismus zu ertrinken. Eine erfrischende, aufbauende und gewissenserleichternde Lektüre für bereits Betroffene und solche, die es (vielleicht) noch werden wollen.

Irina Tabunowa
Fremdes Territorium

Aus dem Russischen von Franziska Zwerg
Bvt Verlag, erschienen 2010
Taschenbuch, 224 Seiten
ISBN-13: 9783833306488
9,90 Euro

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

"Fremdes Territorium" von Irina Tabunowa

"Böse Mütter" von Ayelet Waldman


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Beitrag vom 05.01.2011

Clarissa Lempp