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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 05.10.2010


Petra Reski - Von Kamen nach Corleone
Britta Leudolph

Die Mafia-Morde in Duisburg 2007 haben in Deutschland allgemeines Entsetzen ausgelöst: Die Mafia in Deutschland? Das kann doch nur ein merkwürdiger Zufall sein, eine grausame Ausnahme. Natürlich...




... ist die Macht der Mafia in Italien unumstritten, aber in Deutschland?

Petra Reski begibt sich in ihrem Buch "Von Kamen nach Corleone. Die Mafia in Deutschland" auf die Spuren der verschiedenen Clans der Camorra, der ´Ndrangheta, der Cosa Nostra oder der Sacra Corona Unita. Sie reist mit einem weißen Alfa Romeo Spider – mit 170 PS – durch das deutsche Ruhrgebiet über Stuttgart in Richtung Italien und macht in den Orten halt, in denen die Mafia zum Teil schon seit Jahrzehnten zu Hause ist. Die ersten Mafiosi kamen als GastarbeiterInnen und bemerkten schnell, wie komfortabel sie im Stillen in Deutschland Geschäfte machen konnten: "Denn wenn die Mafia beschließe, in einem Terrain Geld zu waschen, bedeute dies, dass sie keine Gewalt ausübe, weil sie sonst die Polizei auf den Plan riefe [...]".

Wie die Mafia auf leisen Sohlen eine Stadt unterwandert, zeigt sich zum Beispiel an der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt. So heißt es in einem BKA-Bericht: "Die Investitionen der Mafia [...] würden über ein komplexes System getätigt: ´Vertrauenspersonen werden mit der Durchführung der Kaufverhandlungen beauftragt. Zur Übernahme von Objekten werden teilweise Gesellschaften gegründet und Beteiligungen festgelegt. Bei den Konzessionären handelt es sich in der Regel um reine `Strohmänner´, die in der Hierarchie der Organisation auf einer der unteren Ebenen stehen und fast ausschließlich verwandt mit den Hauptorganisatoren sind. [...] Die Herkunft der Investitionsgelder ist unklar und steht im deutlichen Widerspruch zur finanziellen Potenz der Personen, die öffentlich als Inhaber der Gastronomiebetriebe auftreten. ´"

Die Autorin ist beeindruckt von den Namen aus dem BKA-Bericht: deutsche Ehefrauen, Bankdirektoren oder Rechtsanwälte, die zusammen mit den Mafiosi eine GbR gründen. Wer die schöne Stadt Erfurt schon länger kennt, kann sich nur wundern, über die Vielzahl italienischer Restaurants, Bistros und Eis-Cafes, die in jeder Straße der Altstadt zu finden sind.

Petra Reski gibt einen Einblick in das Innenleben der Mafia, in der Frauen mittlerweile eine ebenso wichtige Rolle spielen wie Männer. Dank nicht vorhandener Anti-Mafiagesetze wissen die verschiedenen Clans Deutschland seit langen als Rückzugsraum und Geldwäsche-Paradies zu schätzen.

Zur Autorin: Petra Reski, geboren im Ruhrgebiet, studierte Romanistik und Sozialwissenschaften in Trier, Münster und Paris und besuchte anschließend die Henri-Nannen-Schule für Journalistik. 1988 begann sie ihre journalistische Laufbahn als Redakteurin im Auslandsressort des Stern. Seit 1991 lebt sie als freie Autorin und Schriftstellerin in Venedig. Sie schreibt Reportagen u.a. für Die Zeit, GEO und den Focus. Sie ist als Feature-Autorin für MDR, WDR, BR, Deutschlandfunk und Deutschlandradio tätig, außerdem hat sie mehrere Bücher verfasst.
Weitere Infos und Kontakt: www.petrareski.com

AVIVA-Tipp: "Von Kamen nach Corleone" führt die Leserin in die Welt der Mafia in Deutschland und Italien. Dabei ist zu spüren, dass der Autorin wesentlich mehr Informationen über die Mafia in Italien zur Verfügung stehen. Dies zeigt, wie unsichtbar die Mafia hierzulande ist. Petra Reski verbindet in diesem Buch ihre Recherchen mit Beschreibungen ihrer Reise mit einem Alfa Spider, was weniger geglückt wirkt. Insgesamt ist ihr ein spannendes Buch gelungen, das auf das mangelnde Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit für die Mafia und die unzureichende Gesetzlage aufmerksam macht.


Von Kamen nach Corleone. Die Mafia in Deutschland.
Petra Reski

Hoffmann und Campe, erschienen September 2010
Gebundene Ausgabe, 340 Seiten
ISBN 987-3-455-50163-6
20 Euro

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern von Petra Reski




Literatur

Beitrag vom 05.10.2010

Britta Leudolph