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Beitrag vom 21.09.2010
Susanne Wadle - Bodycheck
Elina Ioschpa
Bodycheck ist mehr als das erlaubte Anrempeln beim Roller Derby, Eishockey oder American Football. Bei diesem Manöver kommt es besonders auf die Kontrolle des eigenen Körpers an. Wie der Titel...
... des Bildbands "Bodycheck" andeutet, beschäftigen sich auch die Werke von Susanne Wadle mit Körperkontrolle. Bei ihren phantasievollen Performances geht die Künstlerin an ihre Grenzen und beeindruckt die BetrachterInnen mit ihren körperlichen Aktionen.
Susanne Wadle ist die diesjährige Preisträgerin des "ZONTA Kunstpreises", der vom "ZONTA-Club Ludwigshafen Pfalz", einem internationalen Zusammenschluss berufstätiger Frauen, dieses Jahr bereits zum dritten Mal verliehen wurde. Durch die Finanzierung dieses Katalogs und einer Ausstellung im Kunstverein Ludwigshafen will der "ZONTA-Club" herausragende Künstlerinnen unterstützen. Wadle überzeugte die Jury durch ihre "surreal anmutenden Objekte, Installationen und Performances".
Der Bildband "Bodycheck" zeigt auf fünfundsechzig Abbildungen neben dem Frühwerk auch aktuelle Arbeiten von Susanne Wadle. Der einleitende Text der Präsidentin des ZOTA-Clubs Ludwigshafen-Pfalz, Lida von Mengden, führt erzählerisch in das Schaffen der Künstlerin ein und ermöglichen ein tieferes Verständnis der Werke. Plastiken, Performances und Fotoinstallationen werden detailliert erläutert und den einzelnen Schaffensphasen zugeordnet. In einem Gespräch zum Bildband "Bodycheck" verriet Susanne Wadle Lida von Mengden, dass es in deren Kunst darum geht, "eine Gegenwelt zu schaffen, eine Gegenwelt zur Welt unserer Umwelt". Damit stellt sich die Künstlerin in die Tradtion der SurrealistInnen und gestaltet mit ihren Skulpturen und Performances Räume, in denen die Übergänge zwischen Realität und Phantasie verschwimmen.
Wadles Skulpturenreihe "Blüten" von 2003 bis 2008 offenbart eindrucksvoll ihr verspieltes Konzept. Aus dreizehn Blumentöpfen ragen exotisch anmutende Pflanzen, die spitz zulaufenden rosafarbenen Blütenblätter sind kreisförmig angeordnet und ragen tastend in den Raum. Auf den ersten Blick erscheint die Plastik als eine fleischfressende Pflanze. Beim näheren Hinsehen wird jedoch deutlich, dass die elegant gebogenen Blütenblätter Plastikbeine von etwa hundert Barbiepuppen sind. Das Blütenmeer wird zu einem Durcheinander von Körperteilen und enthüllt das gekonnte Spiel der Künstlerin mit der Wahrnehmung der BetrachterInnen.
Susanne Wadle experimentiert aber nicht nur mit der ambivalenten Wirkung von Skulpturen. Insbesondere bei ihren Performances fordert sie die BetrachterInnen heraus ihre Handlungen mitzuerleben und nachzuvollziehen. Durch ihren vollen Körpereinsatz sind diese Aktionen besonders eindringlich. Sie sind eine Art Schauspiel, bei denen die taktilen Erfahrungen des Menschen mit seiner Umwelt veranschaulicht werden sollen. Skulpturen und Objekte, die auch eigenständige Kunstwerke sind, verwendet Wadle als Requisiten und dokumentiert ihre Performances mit effektvollen Farbfotografien.
Körper als Instrument zur Wahrnehmung
Bei ihrer Aktion aus dem Jahr 2002 mit dem Titel "Höhle II" verwendet sie ein großes blaues gehäuseartiges Objekt, dessen Form einem menschlichen Herzen mit all seinen Zugängen ähnelt. In einer weißen Badekappe und einem hellblauen Jumpsuit bewegt sich Wadle schlängelnd auf der Skulptur, ihre Arme und Beine tasten sich am Gehäuse entlang und erforschen die Oberfläche. Dann verschwindet die Performerin im Inneren des Kunstobjektes. Fast schwerelos wirkt die heute 44-Jährige auf den Bildern, die sie im Innenraum der Skulptur zeigen. Sie versucht einen Handstand, dann ein Rad und verharrt anschließend mit angewinkelten Beinen in stiller Pose. Mit ihrem Körper erforscht sie die Plastik und schafft eine magische Atmosphäre.
Auch die aktuelleren Arbeiten von Susanne Wadle knüpfen an das Thema der körperlichen Wahrnehmung an. Die Fotoinstallation "Simon mit Faltschachtel" aus dem Jahr 2007 erzählt über das Erleben eines Kindes und macht das Entdecken einer Dingwelt sichtbar. Mit ihrer Kamera verfolgt Wadle, wie das Kleinkind einen neuen Gegenstand erkundet, wie er in die weiße Schachtel klettert, sie durch die Luft wirft und es sich dann wieder bequem im Inneren des Objekts macht. Mit dieser Fotoreihe hat Wadle auch ein neues Installationsprinzip entworfen. Sie schneidet einzelne Elemente der Fotos aus und installiert sie an der Wand. Gekonnt experimentiert sie mit der Kamera und lässt ein und denselben Gegenstand mal winzig klein, mal überdimensional groß erscheinen. Das Spiel mit Nähe und Ferne und die ungewohnte Anordnung der Fotografien an der Wand eröffnen einen imaginären Raum, in dem die Gesetze der Schwerkraft scheinbar nicht gelten. Diese surrealen Elemente sind das Besondere an Susanne Wadles Kunst, sie erweitern den Erfahrungsbereich der BetrachterInnen, indem sie Bekanntes verfremden und zu einer neuen Wahrnehmung anregen.
Zur Künstlerin: Susanne Wadle wurde 1966 im pfälzischen Landau geboren. Von 1986 bis 1994 studiert sie Bildende Kunst und Geografie an der "Johannes Gutenberg-Universität" in Mainz. Im Jahr 1992 entschied sie sich für einen Auslandsaufenthalt in Dijon in Frankreich und studierte dort an der "Ecole Nationale Supériere d´Art". Anschließend begann sie 1994 ihr Studium der Bildhauerei an der "Staatlichen Akademie der Bildenden Künste" in Karlsruhe, das sie 1998 als Meiserschülerin abschloss. Heute lebt und arbeitet sie in Landau. (Quelle: Verlagsinformationen)
Mehr Infos über die Künstlerin finden Sie unter:
web.me.com
AVIVA-Tipp: Wadles Werke zeichnen sich durch eine besondere Intensität aus. In ihren Performances erspürt die Künstlerin ihre Umwelt und inszeniert den eigenen Körper als Objekt ihrer Kunst. Die körperbezogenen Darstellungen, mit denen Susanne Wadle ihre Aktionen dokumentiert, ziehen die BetrachterInnen unweigerlich in ihren Bann.
Susanne Wadle
Bodycheck
Text von Lida von Mengden
Kehrer Verlag, erschienen 2010
Broschur, 64 Seiten, 65 Farbabbildungen
ISBN: 978-3-86828-148-4
19,80 Euro
Deutsch, Englisch
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