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Beitrag vom 05.07.2010
Barbara Frischmuth - Die Kuh, der Bock, seine Geiß und ihr Liebhaber
Claire Horst
Dass es sich bei Barbara Frischmuth um eine eigenwillige Autorin handelt, ist ihren LeserInnen schon lange klar. Weder als feministische Schriftstellerin, noch als Kinderbuchautorin oder als ...
... Verfasserin fantastischer Literatur lässt sie sich vereinnahmen.
Denn die Österreicherin ist das alles zugleich und noch mehr. Auch mit der Geschichte ihrer Tante, der in Yad Vashem geehrten Widerstandskämpferin Edith Hauer-Frischmuth, hat sie sich literarisch auseinandergesetzt. Zu ihren Werken zählen "literarische Gartenbücher" genauso wie Hörspiele und Theatertexte, und die Liste ihrer Auszeichnungen ist beinahe ebenso lang wie die ihrer Werke.
Mit ihrem neuen Werk bleibt sie einem Thema treu, das sie schon länger beschäftigt hat: der Welt der Tiere. "Die Kuh, der Bock, seine Geiß und ihr Liebhaber" nähert sich, wie der Titel schon verrät, auf humorvolle Weise an tierische Metaphern an. Diese Wendungen verraten mehr über uns als über die Tiere, von denen sie vermeintlich sprechen. Und so macht schon der erste Satz der ersten Kurzgeschichte deutlich: Nicht der Ochse interessiert Frischmuth, sondern der ochsenhafte Mensch: "`Was soll`s, sagte die Kuh, die am Herd stand, `von einem Ochsen kann man nicht mehr erwarten als ein gutes Stück Rindfleisch.`"
Fast könnte man von Fabeln sprechen, denn wie bei Äsop stehen auch hier sprechende Tiere für Menschen. Nur dass es Frischmuth übertreibt und jede Metapher, jede Redewendung bis zum Überdruss wörtlich nimmt. Keine fleißigen Ameisen und fröhlichen Grillen bevölkern ihre Geschichten, sondern Ochsen ziehen eine Ochsentour durch, Geißböcke werden zum Gärtner gemacht, Schäfer bringen ihre Schäfchen ins Trockene und Krokodile weinen Krokodilstränen. Wer von so viel Wortwitz nicht nach den ersten Seiten genug hat und den Band genervt in die Ecke wirft, wird mit entlarvenden Porträts wohl bekannter Menschentypen belohnt. Wetterfrosch und Ochsenfrosch überschlagen sich in ihrem Wetteifern um die adelige Fröschin an einem Opernabend, ein Elefant versteckt seine lebensgefährliche Sexsucht hinter der Maske der Spießigkeit, ein Trampeltier steht für die in ihrer Mutterrolle aufgehende Frau - bemerkenswert, dass es Frischmuth gelingt, naheliegende Klischees wie das der Glucke dann doch wieder zu umschiffen.
AVIVA-Fazit: Dennoch ist der Sprachwitz der Texte oft gefährlich nahe am Kalauer, werden zu viele Klischees aufgewärmt. Dass Frischmuth selber Spaß am Schreiben hatte, ist erkennbar. Doch diese Freude überträgt sich nur bedingt auf die Leserin. Zu wenig Gehaltvolles oder zumindest Amüsantes bleibt hängen. Ein großes Plus sind allerdings die Illustrationen von Wouter Dolk, der die Figuren auf eigene Art interpretiert.
Zur Autorin: Barbara Frischmuth wurde 1941 in Altaussee (Steiermark) geboren. Sie studierte Türkisch und Ungarisch und von 1964 bis 1967 Orientalistik in Wien. Lebt als freie Schriftstellerin und Übersetzerin in Altaussee. Wichtigste Werke: "Die Klosterschule" (1968), "Das Verschwinden des Schattens in der Sonne" (Roman, 1973), die Trilogie: "Die Mystifikationen der Sophie Silber" (1976), "Amy oder Die Metamorphose" (1978) und "Kai und die Liebe zu den Modellen" (1979), die Trilogie: "Herrin der Tiere" (1986), "Über die Verhältnisse" (1987) und "Einander Kind" (1990), "Hexenherz" (Erzählungen, 1994), "Die Schrift des Freundes" (Roman, 1998), "Fingerkraut und Feenhandschuh". "Ein literarisches Gartentagebuch" (1999) und "Das Heimliche und das Unheimliche. Drei Reden" (1999). Zahlreiche Kinderbücher (zuletzt "Alice im Wunderland" nach Lewis Carroll), Hör- und Fernsehspiele.
Zum Illustrator: Wouter Dolk, geb. 1962 in Amsterdam, studierte dort Malerei und Textildesign und lebt seit 1986 in Köln. Bekannt wurde er durch exklusive Tapeten für Privat- und Gesellschaftsräume u. a. in Antwerpen, Düsseldorf (Schloss Benrath), Hongkong und New York. (Verlagsinformationen)
Barbara Frischmuth im Netz: www.barbarafrischmuth.at
Barbara Frischmuth
Die Kuh, der Bock, seine Geiß und ihr Liebhaber. Tiere im Hausgebrauch
Gebunden, 140 Seiten
Aufbau-Verlag, erschienen 2010
ISBN: 978-3-351-03297-5
17,50 Euro
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