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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 05.07.2010


Jutta Falke Ischinger - Wo bitte geht´s zur Queen. Diplomatische Abenteuer in England und Amerika
Kristina Tencic

Klug und unterhaltsam beschreibt "Frau Botschafter", die Journalistin Jutta Falke Ischinger, die Welt der Schönen, Reichen und Mächtigen in ihren diplomatischen Abenteuern mit den Angelsachsen




Wenn der gemeinsame Möbelkauf zu einem Meeting unter PolitikerInnen wird, Joschka Fischer beim morgendlichen Yoga im Wohnzimmer hereinplatzt und der private Partykeller zum In-Nachtlokal wird, dann ist klar, dass hier etwas anders ist.

Als die Journalistin Jutta Falke mit ihrem Lebensgefährten, dem Diplomaten Wolfgang Ischinger, Anfang September 2001 nach Washington zieht, ist ihnen beiden noch nicht bewusst, was dort in Kürze auf sie zukommen wird. Der Amtsantritt des deutschen Botschafters geht einher mit dem Terror von 9/11, der ja bekanntlich auch vor der Stadt am Potomac nicht Halt machte und die deutsch-amerikanischen Beziehungen durch Schröders "Nein" zum Irakkrieg ins Straucheln brachte.

Doch nicht nur die "vergiftete Atmosphäre" der transatlantischen Beziehung bereitet der Botschaftergefährtin so manch´ unangenehme Gesprächssituation. Auch die bösen Kommentare und Blicke über ihre "wilde Ehe" bekommt sie von der prüden Washingtoner Elite zu spüren, mit denen sie nun Tag für Tag und Abend für Abend diniert, schwadroniert und zelebriert. Washington D.C., das ist für die Autorin "Kommandobrücke und Maschinenraum in einem", in dem allein zählt, wer wen kennt und wie oft man zu den zahllosen Veranstaltungen eingeladen wird. Zwar macht sich die Journalistin recht gut in ihrer Rolle und findet ihre Nische in der Oberflächlichkeit, doch sieht sie sich vor allem auch als Deutsche gebrandmarkt.

"Ob in London, Washington oder sonstwo: Die deutsche Geschichte ist immer präsent. Sie klebt an uns wie ein Steckbrief an der Wand."

Wiederholt kommt sie auf die Sicht der AmerikanerInnen auf das "Tätervolk" zu sprechen, verknüpft dies mit dem blinden Patriotismus der US-Amerikaner nach 9/11 und stellt erstaunt fest, dass Juden/Jüdinnen in den USA die beste und beharrlichste Lobby der Deutschen sind. Sehr erkenntnisreich sind auch Falke-Ischingers Beobachtungen zur britischen Adelsriege nach dem Umzug 2006 in das ihr wohlvertraute und geliebte London. Was es mit den Dukes, Earls und Baronen auf sich hat, musste sich die inzwischen angetraute Botschaftergattin zwar auch erst erklären lassen, doch bis zum Empfang bei der Queen war es dann auch nur noch ein Katzensprung.

Stets souverän und mit dem nötigen Abstand des kritischen Geistes beleuchtet die Journalistin Falke-Ischinger in Reportagen-Manier die Machtstrippen, Eigenarten und Persönlichkeiten der Angelsachsen dies- und jenseits des Atlantiks. Sowohl von deutscher als auch amerikanischer Seite wurde die Journalistin für ihre Artikel stark angegriffen. Arroganz und Snobismus wurden ihr zum Vorwurf gemacht, wobei sie gegen Ende des Buches genau das Gegenteil hervorhebt, dann nämlich, wenn sie davon spricht, wie schwer es für eine/n heimgeholte/n Diplomaten/in sei, sich wieder im nüchternen Auswärtigen Amt und wenig prunkvollen Berlin einzufinden. Das Buch muss somit vielmehr als ein träumerisches Schwelgen in alten Erinnerungen betrachtet werden, eine schriftliche Versicherung, dass all diese Abenteuer auch tatsächlich gelebt wurden.

AVIVA-Tipp: Sehr lesenswert für alle anglophilen Leserinnen, die wissen möchten, wie es ist, der Queen bei der königlichen Nahrungsaufnahme zuzuschauen, mit George W. Bush über die Tochter zu plaudern und mit einflussreichen Ladies Kaffee zu trinken. Indes besticht Jutta Falke-Ischinger mit ihren geistreichen und gut beobachteten Reflexionen über die fremde und die hierin gespiegelte eigene Nation.

Zur Autorin: Jutta Falke-Ischinger arbeitete als Journalistin für Die Welt und über lange Jahre hinweg als Politikredakteurin und später Leiterin des Hauptstadtbüros der Wochenzeitung Rheinischer Merkur. 1998 erschien ihr Buch »Politiker über Politiker« im Reclam-Verlag. Mit ihrem späteren Mann, dem deutschen Diplomaten Wolfgang Ischinger, lebte sie von 2001 bis 2006 in Washington D.C. und von 2006 bis 2008 in London. Auch von dort aus arbeitete sie als freie Journalistin. Nun lebt und arbeitet sie in Berlin.

Jutta Falke-Ischinger
Wo bitte geht´s zur Queen? Diplomatische Abenteuer in England und Amerika

Collection Rolf Heyne, erschienen April 2010
Gebunden mit Schutzumschlag, 288 Seiten, 16 S. Bildteil
ISBN: 978-389910460-8
19,90 Euro


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Beitrag vom 05.07.2010

Kristina Tencic