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Beitrag vom 05.02.2010
Rita Marley - No Woman No Cry. Mein Leben mit Bob Marley
Claire Horst
Bob Marley, den berühmtesten Reggae-Sänger aller Zeiten, kennt wohl jede/r. Seine Frau Rita ist ebenfalls eine erfolgreiche Sängerin und kümmerte sich von Anfang an um die Vermarktung seiner ...
... Musik und um die Kinder – sowohl um die gemeinsamen, als auch um die, die er mit anderen Frauen hatte.
Bereits 2005 erschien ihre Autobiografie, die, wie der Titel verrät, vor allem um das Leben mit ihrem prominenten Mann kreist. Anlässlich des 65. Geburtstags von Bob Marley am 6. Februar 2010 wurde es nun erneut aufgelegt.
Rita Marley wuchs in einer ärmlichen Gegend von Kingston auf, sie verließ die Schule, als sie von ihrem ersten Freund schwanger wurde. Im christlich-konservativen Jamaika der frühen sechziger Jahre war uneheliche Mutterschaft ein Skandal. Der jungen Frau gelang es dennoch, eine Ausbildung zur Krankenschwester abzuschließen und nebenbei als Sängerin in der Frauenband "The Soulettes" zu arbeiten.
Ganz zentral ist für sie - wie für alle ihre Bekannten, die sie in dem Buch beschreibt - die Unterstützung ihrer Familie. Die junge Rita, die ohne Eltern aufgewachsen ist, hat ein enges Verhältnis zu ihrer Tante Vie, die sich mit ihr um die Tochter Cedella kümmert. Als Rita den noch unbekannten Sänger Robert Nesta Marley kennen lernt, ist die Tante zunächst entsetzt. Robert gehört der wenig angesehenen religiösen Gemeinschaft der Rastafari an, die die Bibel teilweise wörtlich auslegen, kein Schweinefleisch essen und vor allem viel "Ganja" rauchen. Sie hält den jungen Mann für einen Herumtreiber.
Rita dagegen ist vor allem von seiner Fürsorglichkeit und von seinem freundschaftlichen Interesse an ihrer Tochter begeistert. Sie beginnt eine Beziehung mit ihm und ist auch bereit, mit ihm in das Dorf seiner Familie zu ziehen - auch wenn es dort weder Strom noch fließendes Wasser gibt. Zurück in Kingston, singt sie mit ihren Freundinnen Judy Mowatt und Marcia Griffiths als "I-Threes" im Background seiner Band, der "Wailers".
Den Handel mit den Aufnahmen der Band übernimmt ebenfalls Rita - auf dem Fahrrad fährt sie die Tonträger aus. Nach ihrer Heirat geht Bob für einige Monate in die USA, wo er arbeiten soll, um die Familie zu unterstützen. Die vielleicht interessantesten Details des Buches sind solche Textpassagen, die allgemeine Informationen über gesellschaftliche Zusammenhänge in Jamaika vermitteln. Wie Marley schreibt, haben fast alle Familien mindestens ein Mitglied im Ausland, eine Person, die sich opfert, um die Angehörigen finanziell zu unterstützen.
Ebenso spannend ist es nach zu verfolgen, wie es Rita gelingt, den Spagat zwischen eigenem künstlerischen Anspruch, der Geburt von sechs Kindern, familiären Verpflichtungen und der Unterstützung ihres Mannes zu machen. Sie geht offen auf die Herausforderungen ein, die Bob Marleys Lebensstil für sie bedeutete: Nicht selten hatte er mehr als ein Verhältnis, zum Teil zu Europäerinnen aus der Musikindustrie. Rita erlebt diese Beziehungen nicht zuletzt als rassistische Herabsetzung, da sie sich als Jamaikanerin von diesen Frauen diskriminiert fühlt. Dennoch nimmt sie zahlreiche außereheliche Kinder ihres Mannes in ihren Haushalt auf.
Obwohl Rita Marley bemüht ist, sich als die selbstbestimmte und starke Frau darzustellen, die sie sicherlich auch ist, schockiert die Beiläufigkeit, mit der sie von der ständigen Untreue und Abwesenheit ihres Mannes berichtet, von der generellen Ausbeutung, die sie erlebt. Dass sie mit ihrer eigenen Solo-Karriere gerade kurz vor dem Durchbruchs stand, bevor ihr Mann an Krebs erkrankte und zur Pflege zu ihr zurückkehrte, berichtet sie mit lakonischem Langmut. Natürlich stellte sie ihre eigenen Bedürfnisse wieder einmal zurück.
AVIVA-Tipp: Für Reggae-Fans ist das Buchs sicherlich ein Muss. Aus allein literarischem Interesse muss man es nicht lesen – Marley ist keine geborene Schriftstellerin, erzählt aber sehr authentisch aus ihrem Leben und vermittelt ein eindringliches Gefühl für den Zeitgeist und das Leben einer Frau im männlich dominierten Jamaika.
Zu der Autorin/Herausgeberin: Alpharita Constantia Anderson wurde 1946 in Kuba geboren. Sie wuchs in Jamaika auf. Seit dem Tod ihres Mannes verwaltet Rita Marley die Bob Marley-Stiftung, die sich um sein Erbe kümmert. Ihre eigene, 2000 gegründete Stiftung setzt sich für die Armutsbekämpfung in unterentwickelten Regionen ein. Zudem tritt sie weiterhin als Sängerin solo und mit den I-Threes auf, unter anderem auf Benefiz-Konzerten. Sie lebt auf Jamaika und in Ghana und ist Großmutter von inzwischen 38 Enkelkindern.
Die Rita Marley-Stiftung im Netz: http://ritamarleyfoundation.org
Rita Marley
No Woman No Cry – Mein Leben mit Bob Marley
Aus dem Englischen von Silvia Morawetz / Werner Schmitz
Mit vielen Fotos, 288 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
Edel Verlag, Edition Rockbuch, Neuauflage Januar 2010
ISBN 978-3-941376-18-2
19,95 Euro