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Beitrag vom 09.05.2009
Annie Proulx - Hier hat´s mir schon immer gefallen
Sabine Grunwald
Mit ihrer dritten Kurzgeschichtensammlung aus Wyoming, die das harte Leben der SiedlerInnen schildert, schreibt sich Annie Proulx in die vorderste Riege der besten Kurzgeschichtenschreiberinnen.
Annie Proulx wurde mit der Verfilmung ihrer Kurzgeschichte "Brokeback Mountain" einem breiten Publikum bekannt, doch auch ihre Romane "Das grüne Akkordeon" und "Schiffsmeldungen" waren schon mehr als ein Geheimtipp.
In ihren Short-Stories gibt es keine Überlebenden. Die raue Landschaft und das harte Klima werden den SiedlerInnen des 19. Jahrhunderts ebenso zum Verhängnis wie den Ranchern und Abenteurern von heute, die ausnahmslos aus den unteren Schichten stammen und am Rande des Existenzminimums leben. Sie träumen von einer Freiheit, die sie in den Bergen mit dem Leben bezahlen, wie die erfahrene Bergwanderin Catlin, die eingeklemmt zwischen Felsbrocken unter der sengenden Sonne ihrem Tod entgegensieht.
Ihre Leidensgenossin Dakotah, das uneheliche, unscheinbare Kind einer verschwundenen Schönheit, wächst bei den Großeltern auf, deren Lieblosigkeit sie in eine allzu frühe Ehe treibt. Ihre Flucht in die Armee bezahlt sie mit dem Verlust eines Armes und dem Tod ihres Kindes.
Auch der blutjunge Cowboy Archie und seine kaum dem Kinderalter entwachsene Frau Rose träumen von einem besseren Leben. Doch während eines eisigen Winters 1886 stirbt Archie an einer Lungenentzündung während Rose nach ihrer Totgeburt einsam und verlassen verblutet.
Mit erbarmungsloser Genauigkeit beschreibt Annie Proulx, wie Beziehungen zerbrechen, an den harten Anforderungen des Alltags scheitern.
In sieben von neun Geschichten erzählt Annie Proulx vom dem aussichtslosen Kampf ihrer ProtagonistInnen gegen das Schicksal, dem sie sich lange entschieden widersetzen, um am Ende doch zu scheitern. Alleine die beiden Teufelssatiren durchbrechen den magischen Realismus ihrer Erzählung und wirken allzu sehr konstruiert. In die Alltagsbeschreibungen ihrer Figuren mischen sich mythische Elemente beispielsweise dann, wenn sie von der rituellen Jagd der Indianer auf die Bisons erzählt. In ihren melancholischen Geschichten geht es auch manchmal humorvoll zu, aber zu lachen gibt es nichts, wenn sie von ihren HeldInnen des Alltags und schrulligen Sonderlingen erzählt, die versuchen, ihr ganz kleines Glück zu finden.
Ebenso wie die Autorinnen Sarah Orne Jewett und Mary Wilkins Freeman würdigt Annie Proulx in ihren Werken die BewohnerInnen und die Landschaft der Neuenglandstaaten um 1900.
AVIVA-Tipp: Wer Interesse an dem Mittleren Westen der USA hat, sollte Annie Proulx' Wyoming-Geschichten unbedingt lesen. Sie ersetzen keine Reise, aber ganz sicher manchen sie neugierig, noch mehr über diesen Landstrich und seine BewohnerInnen zu erfahren.
Zur Autorin: Annie Proulx, 1935 in Connecticut geboren, lebt heute in Denver und Wyoming. Für ihre Romane und Erzählungen wurde sie mit allen wichtigen Literaturpreisen Amerikas ausgezeichnet, dem PEN/Faulkner Award, dem Pulitzerpreis, dem National Book Award sowie dem Irish Times International Fiction Prize. Vor kurzem wurde sie in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen. Bei Luchterhand sind erschienen: "Das grüne Akkordeon" (1997), "Weit draußen. Geschichten aus Wyoming" (1999), "Mitten in Amerika" (2003) und "Hinterland. Neue Geschichten aus Wyoming" (2005). Die Verfilmung ihrer Kurzgeschichte "Brokeback Mountain" (2005) wurde mit drei Oscars ausgezeichnet.
Zur Ãœbersetzerin: Melanie Walz, geboren 1953 in Essen, wurde 1999 mit dem "Zuger Ãœbersetzer-Stipendium" und 2001 mit dem "Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Preis" ausgezeichnet. Sie ist die Ãœbersetzerin von u. a. Antonia Byatt, John Cooper-Powys, Lawrence Norfolk
Annie Proulx
Hier hat´s mir schon immer gefallen
Geschichten aus Wyoming 3
Original: Fine Just the Way it is
Ãœbersetzt von Melanie Walz
Luchterhand Literaturverlag, erschienen Februar 2009
Gebunden, 253 Seiten
ISBN 978-3-630-87286-5
Euro 17,95