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Beitrag vom 19.03.2009
Maria Sveland - Bitterfotze
Stefanie Denkert
Wie sollen Eltern Kind und Karriere gleichberechtigt unter einen Hut kriegen? Angesichts der noch bestehenden Ungleichheiten wird die 30-jährige Sara nach der Geburt ihres Sohns ganz verbittert.
"Ich bin erst dreißig und schon so verbittert. Ich bin richtig bitterfotzig", muss Ich-Erzählerin Sara sich eingestehen als sie im grauen, kalten Januar im Flieger nach Teneriffa sitzt. Eine Auszeit hat die junge Mutter und freie Journalistin ´bitternötig´, denn nach der schweren Geburt ihres Sohns Sigge und den ebenso schwierigen Monaten danach, ist sie völlig ausgebrannt.
Wo ist die Gleichberechtigung hin, die sie in ihrer 10-jährigen Beziehung mit ihrem Ehemann zuvor gelebt hat? Warum bleibt plötzlich alles an ihr hängen? Und das im familien- und gleichstellungspolitischen Vorbildland Schweden, in dem Maria Svelands Romanheldin lebt.
Das Private ist Politisch
Sara will wieder zu sich selbst finden und Kraft schöpfen, deshalb hat sie eine Woche Pauschalurlaub im sonnigen Teneriffa gebucht. Für ihren Mann Johann, der selbst Freiberufler ist, stellt das kein Problem dar, doch die Menschen in ihrem Umfeld finden es "merkwürdig", wenn eine Frau "Mann und Kind ohne einen triftigen Grund" für ein paar Tage verlässt. Nur eine der subtiler gewordenen Diskriminierungen, die sie als Frau erlebt.
Sara versucht in ihrem "Urlaub", ihre eigenen Probleme zu ergründen und in Relation zu setzen. Warum werden Frauen so bitterfotzig, ertrinken ihren Frust mit Alkohol oder werden auf andere Art selbstzerstörerisch? Und tatsächlich sind viele ihrer persönlichen Probleme ´politisch´. Ist echte Gleichberechtigung in einer Hetero-Beziehung überhaupt möglich? Oder muss sie zwangsläufig an der Liebe scheitern?
Und wenn Gleichberechtigung schon in der Zweierbeziehung so schwierig ist, wie soll sie denn in der Gesellschaft stattfinden?
Sara beobachtet die Paare auf Teneriffa, denkt zurück an ihre eigene Kindheit, an Eltern sowie ihre ersten Liebeserfahrungen und an Gespräche mit gestandenen Feministinnen. Letztendlich weicht die Bitterfotzigkeit dem Kampfgeist, denn Sara will alles: "mehr tanzen, mehr lieben, mehr mit Sigge und Johann zusammen sein, mich mehr mit meinen Freunden treffen, vielleicht einen Malkurs ... die Welt verändern, ... Zeit haben, mich wohlzufühlen." Die muss frau sich erkämpfen, aber es lohnt sich alle mal ...
AVIVA-Tipp: Maria Svelands Buch ist ein Bestseller in Schweden, und so kann der Kiepenheuer und Witsch Verlag, der Charlotte Roches Bestseller "Feuchtgebiete" abgelehnt hatte, hoffen, den nächsten großen feministischen Literatur-Hit zu landen.
Der Titel "Bitterfotze" ist irreführend, denn dahinter versteckt sich kein Schmuddel-Sexroman, sondern ein feministischer Bildungsroman, den frau auch weniger feministisch-orientierten Freundinnen und Freunden (!) mal in die Hand drücken sollte. Denn mit Saras Frust können sich sehr viele Mütter identifizieren, und so ist es Maria Sveland gelungen, der jungen Frauengeneration aus der Seele zu sprechen, aber gleichzeitig ihren Kampfgeist und ihre Hoffnung auf eine gleichberechtigtere Zukunft zu wecken.
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
"Feuchtgebiete" von Charlotte Roche.
AVIVA im Interview mit Ruth Jacoby - schwedische Botschafterin in Berlin über Gleichstellungspolitik in Schweden und Deutschland.
Zur Autorin: Maria Sveland, geboren 1974, absolvierte ein Studium am Institut für Film- und Fernsehwissenschaften in Stockholm und arbeitet seitdem als TV- und Hörfunkjournalistin. Verheiratet, zwei Söhne. "Bitterfotze" ist ihr erster Roman, der in Schweden für großes Aufsehen sorgte. (Verlagsinfos)
Lesen Sie auch das Interview mit Maria Sveland (KiWi).
Maria Sveland
Bitterfotze
OT: Bitterfittan
Kiepenheuer und Witsch Verlag, erschienen im Februar 2009
Taschenbuch, 272 Seiten
ISBN-10: 3462040839
ISBN-13: 978-3462040838
8,95 Euro