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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 13.01.2009


Christiane Feller und Katja Gloger - Bürgerland
Henriette Jankow

Kaum ein Land wurde in letzter Zeit so kontrovers diskutiert wie die USA. Zwei Journalistinnen erzählen elf Geschichten von Menschen, die aus Deutschland in das "Bürgerland" ausgewandert sind.




Amerika: Kaum jemand denkt bei diesem Wort an einen Kontinent der sich über die zum Teil sehr verschiedenen Kulturkreise Kanadas, der USA und Mexikos erstreckt. Amerika, das ist für viele einfach nur das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, von New York bis Los Angeles. Für andere ist es ein Synonym für eine arrogante Weltpolizei oder anspruchslosen Einheitsbrei der Film- und Fernsehindustrie.

Für die beiden Journalistinnen Christiane Feller und Katja Gloger ist es das "Bürgerland", ein Ort, an den man kommt, um sich selbst zu verwirklichen, ungeachtet dessen, woher man kommt. Die Autorinnen erzählen elf Geschichten von Deutschen, die in die USA auswanderten.

Sie erzählen von Pia Hofmann, die als Kranführerin in New York arbeitet. Pia ist in Hessen aufgewachsen und als 16 Jährige in die USA ausgewandert. Erst arbeitete sie als Au pair, dann schlug sie sich mit diversen Nebenjobs durch. Irgendwann erhielt sie über einen Freund die Möglichkeit, eine Ausbildung zur Kranführerin zu machen. Als die Twin Towers 2001 in sich zusammen stürzten, flehte sie ihren Boss an, er solle sie nach Ground Zero abkommandieren. Allein unter Männern half sie mit ihrem Kran bei der Bergung von Menschen. Mittlerweile lebt sie seit über dreißig Jahren in den Vereinigten Staaten und sagt: "Amerika ist mein zu Hause, mehr als Deutschland es je war.".

John heißt eigentlich Hans. Seine Frau Erika und er sehen das Land, in dem sie leben etwas kritischer als die begeisterte Wahlamerikanerin Pia. John kam Anfang der 1950er Jahre nach Amerika, um zu studieren, weil er es sich in Deutschland nicht leisten konnte. Seine Jugendliebe und spätere Frau Erika folgte ihm drei Jahre später. Jahrzehntelang hatte sie Heimweh nach Deutschland. Sie mochte die Oberflächlichkeit der Amerikaner nicht, die jedes Individuum, dem man begegnet, austauschbar macht. Sie haben vier Kinder zu waschechten Amerikanern erzogen, die mit Deutschland nicht viel verbindet. Mit der Zeit hat sie sich damit arrangiert, dass ein "very good friend" bestenfalls ein guter Bekannter ist. Doch die Sehnsucht nach Deutschland starb erst vor ein paar Jahren, als ihr erstes Enkelkind geboren wurde.

Eine besondere Geschichte erzählt auch Erkan Emre, ein türkischstämmiger Deutscher aus Berlin-Kreuzberg. Nach dem Abitur wollte er für drei Monate in die USA reisen, um das Land zu erkunden. Doch er kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück. Er lernte seinen späteren Mentor Stanley Prowler kennen, der ihm den Weg in die New Yorker Architektenszene ebnete. Faszinierend für Erkan war, dass er in New York nicht auf irgendwelche Stereotype festgenagelt, nicht als Türke abgestempelt wurde, so wie es in Kreuzberg der Fall war. Hier galt er einfach als Europäer und entdeckte das Potenzial seiner "Hybrid-Identität" des Deutschen und des Türkischen. Heute arbeitet Erkan als erfolgreicher Architekt im Big Apple.

Christiane Feller und Katja Gloger widmen sich einer Seite Amerikas, die bei aller Kritik an George W. Bush und seiner Politik, hierzulande kaum noch Erwähnung, durch Obamas Präsidentschaft vielleicht jedoch neuen Aufschwung findet. Die elf Porträts der Auswanderer greifen die Philosophie des halbvollen Glases auf und zeigen, dass Selbstverwirklichung in den USA noch gelingen kann.

Zu den Autorinnen:
Christiane Feller
arbeitet seit vielen Jahren als freie Journalistin. Neun Jahre lang berichtete sie für Hörfunk und Fernsehen aus Brüssel über europäische Themen. Seit 2005 lebt und arbeitet sie in Washington D.C.
Katja Gloger war Reporterin beim WDR Fernsehen, wechselte 1989 zum Stern nach Hamburg, für den sie aus Moskau berichtete. Seit 2004 ist sie politische Korrespondentin des Stern in den USA mit Sitz in Washington D.C.

AVIVA-Tipp: Die elf Geschichten sind kurzweilig geschrieben und wecken in Amerika-FreundInnen das Reisefieber. Diejenigen, die dem "American Way of Life" skeptisch gegenüber stehen, mögen einen gewissen Mangel an Kritik feststellen. Andererseits, ist es nicht gerade das Problem der Deutschen, durch Schwarzmalerei vieles so ungeheuer schwer zu machen?

Christiane Feller und Katja Gloger
Bürgerland

edition Körber-Stiftung, erschienen Oktober 2008
Broschiert, 200 Seiten mit s/w-Abbildungen
13 x 20 cm
ISBN: 978-3-89684-071-4
14,00 Euro


Literatur

Beitrag vom 13.01.2009

AVIVA-Redaktion