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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 15.10.2008


Vendela Vida – Weil ich zu spät kam
Tina Kosleck

Clarissa, einst von ihrer Mutter verlassen, begibt sich nach dem Tod ihres Vaters auf die Suche nach ihren samischen Wurzeln und wird selbst zur Verlassenden.




"Verschwinden ist gar nichts. Das habe ich von meiner Mutter gelernt."

In Vendela Vidas zweitem Roman geht es um das Verschwinden und um das Suchen. Letztendlich bleibt die Frage, wie es nach dem Finden weitergehen kann und warum bestimmte Verhaltensweisen von der nachfolgenden Generation wiederholt werden, obwohl sie selbst einst unter ihnen gelitten hat.

Clarissa lebt in New York. Ihre Mutter verließ die Familie und verschwand spurlos, als Clarissa 14 Jahre alt war. Jetzt ist sie fast 30 und lebt ein scheinbar zufriedenes Leben mit ihrem Verlobten Pankaj. Doch als ihr Vater stirbt, gerät ihre Welt völlig aus den Fugen. Ohne sich von irgendjemandem zu verabschieden, verlässt Clarissa die USA, um im kalten und dunklen Skandinavien nach ihren Wurzeln zu suchen.

"Es war drei Uhr nachmittags, als mein Flieger auf dem Flughafen von Helsinki landete, aber vor meinem Fenster lag schon die Dämmerung, blau-schwarz wie ein Bluterguss."

Ihre Suche, die sie hoch in den Norden führen wird, gestaltet sich beinahe wie eine Schnitzeljagd. Stück für Stück kann Clarissa sich vorarbeiten, Verheimlichtes ans Licht bringen und schließlich ihre Herkunft entschlüsseln. Viele der Menschen, deren Bekanntschaft sie auf ihrer Reise macht, gehören zum Volk der Samen, dem indigenen Volk Skandinaviens. Ganz nebenbei wird so auch Geschichte und Lebensweise der Samen im heutigen Skandinavien in die Erzählung verflochten.

Vendela Vida schildert Clarissas Reise so atmosphärisch dicht, dass die LeserInnen die Kälte Lapplands förmlich selbst spüren können, und sie fühlen auch ihre Wehmut über erlittene Enttäuschungen und vor allem über die vorenthaltene Mutterliebe, obwohl sie selbst diese nie so ausdrücklich formuliert. Der Ton der Erzählerin bleibt immer nüchtern, manchmal fast lakonisch.
Das Original trägt den wunderbaren Titel "Let the Northern Lights Erase My Name", zu dem Vendela Vida nach eigenen Angaben durch ein Gedicht der samischen Lyrikerin Marry Ailoniedia Somby inspiriert wurde.

AVIVA-Tipp: Bis zur letzten Seite ist "Weil ich zu spät kam" eine dichte, bewegende, atmosphärische Novelle und ein page-turner mit unerwarteten Wendungen und viel Spannung.

Zur Autorin: Vendela Vida, geboren 1971, ist Mitherausgeberin der amerikanischen Literaturzeitschrift "The Believer" und lebt in San Francisco. Ihr Debut "Und jetzt können Sie gehen" gehörte zu den literarischen Ereignissen des Jahres 2003. Weitere Infos unter: www.believermag.com
[Quelle: btb Verlag]


Vendela Vida
Weil ich zu spät kam

Originaltitel: Let the Northern Lights Erase Your Name
Aus dem Englischen von Almuth Carstens
btb Verlag, erschienen: März 2008
Gebundenes Buch, 224 Seiten
ISBN 978-3-442-75203-4
19,95 Euro


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Beitrag vom 15.10.2008

AVIVA-Redaktion