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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 11.03.2022


Leïla Slimani - Der Duft der Blumen bei Nacht
Joanna Piekarska

Die französisch-marokkanische Bestseller-Autorin Leïla Slimani ("Dann schlaf auch du", "Das Land der Anderen") erzählt in ihrem neuen, sehr persönlichen Buch von einer Nacht, die sie ganz allein im Museum Punta della Dogana in Venedig verbringt: Eine Nacht voller Erinnerungen und eine Liebeserklärung an das Schreiben.




Leïla Slimani gilt als eine der wichtigsten literarischen Stimmen Frankreichs. Ihr bislang größter Erfolg "Dann schlaf auch du" wurde mit dem renommierten Prix Goncourt ausgezeichnet und ist in über 30 Ländern erschienen. Auch die Romane "All das zu verlieren" und "Das Land der Anderen" sowie die Essaybände "Sex und Lügen" und "Warum so viel Hass?" sind internationale Bestseller. Am 28. Februar 2022 erschien Leïla Slimanis neues Buch "Der Duft der Blumen bei Nacht", das gewohnt fesselnd und wortgewaltig daherkommt, aber dennoch so anders, so viel persönlicher als ihre bisherigen Veröffentlichungen ist: Die Leserin lernt Leïla Slimani auf eine neue und private Weise kennen und bekommt Einblicke in die Gedankenwelt der Autorin.

In ihrem neuesten Beitrag zum Kanon französischer Gegenwartsliteratur nimmt Leïla Slimani die Leserin mit ins Museo Punta della Dogana in Venedig, dem legendären venezianischen Baudenkmal, das heute ein Museum für moderne Kunst beherbergt. Hier verbringt die Schriftstellerin auf Einladung zu einem Projekt ihrer Lektorin hin eine Nacht zwischen den Kunstwerken, ganz allein mit ihren Gedanken.

Eine Nacht im Museum

In dem einstigen Zollgebäude der Serenissima trafen Okzident und Orient durch den Handel direkt aufeinander, wodurch sich das Museo Punta della Dogana so gut wie kein anderes für Leïla Slimanis Vorhaben eignet und zum Sinnbild ihrer eigenen Geschichte wird: Sie selbst ist in Rabat geboren und aufgewachsen und lebt heute in Paris. Die Zerrissenheit zwischen den beiden Kulturen und das Gefühl, zu keiner wirklich dazuzugehören, das viele Migrant*Innen kennen, begleiten Leïla Slimani ihr Leben lang. Viele Gedanken, anfangs banal, im Laufe der Nacht immer intimer, die sie in "Der Duft der Blumen bei Nacht" teilt, handeln von der Suche nach der eigenen Identität zwischen den vermeintlich unvereinbaren und gegensätzlichen Kulturen.

Die Leserin begleitet Leïla Slimani dabei, wie sie nach und nach die Kunstwerke entdeckt. Ehrlich gibt sie zu, dass der Grund für ihre Zusage zu diesem ungewöhnlichen Projekt weniger ein Kunstinteresse, als vielmehr der Wunsch nach Isolation und erzwungener Reflexion gewesen seien, von der sie sich Fortschritte im Schreibprozess für den Roman"Das Land der Anderen" erhofft hat. Obwohl die Autorin der Kunst gegenüber eine gewisse Distanz empfindet, was in der beinahe kindlichen Beschreibung der Kunstwerke deutlich wird, bewirken diese dennoch die erhoffte Introspektion: Die Kunst ruft in Leïla Slimani Erinnerungen an ihre Vergangenheit hervor und sie wird gezwungen, sich mit Gefühlen auseinanderzusetzen, die im Alltag oft verdrängt werden.

Die Suche nach der kulturellen Identität

So öffnet sich Leïla Slimani der Leserin allmählich und erzählt von ihrer Kindheit in Marokko, ihrer Familie, ihrer Arbeit als Schriftstellerin und ihrer Liebe für das Schreiben. Ganz allein im Museum stellt sie sich Fragen von Freiheit und vom Eingesperrtsein: Sie denkt über die Mauern nach, die sie mit ihrer Migration nach Frankreich niedergerissen hat, und über jene, die sie um sich selbst errichtet, um ungestört schreiben zu können. Obwohl sich die Autorin im Schreibprozess ihrer Bücher auf den ersten Blick Freiheiten nimmt, wird ihr im Laufe der Nacht klar, dass sie erst das Schreiben richtig befreit hat und dass die andauernde Suche nach ihrer kulturellen Identität hier kein Defizit, sondern im Gegenteil Teil ihrer Selbst ist.

"In diesem grenzenlosen Freiraum fällt die soziale Maske. Man kann eine andere sein, man ist nicht mehr definiert über ein Geschlecht, eine soziale Schicht, eine Religion oder Nationalität. Beim Schreiben entdeckt man die Freiheit, sich selbst zu erfinden und die Welt neu zu erfinden."

AVIVA-Tipp: Leïla Slimani erzählt in "Der Duft der Blumen bei Nacht", wer sie ist und welche Bedeutung das Schreiben für sie hat. Berührend und intim, als würde sie der Leserin ein Geheimnis verraten.

Zur Autorin: Leïla Slimani ist 1981 in Rabat geboren und dort aufgewachsen und lebt seit ihrem Studium an der Eliteuniversität Scienes Po in Paris. Ihre Bücher sind internationale Bestseller. Ihren größten Erfolg feierte sie mit dem psychologischen Thriller "Dann schlaf auch du", der in 32 Ländern erschienen ist. 2016 wurde sie für den Roman mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet, dem höchsten Literaturpreis Frankreichs. "All das zu verlieren" ist in 25 Ländern erschienen und ebenfalls preisgekrönt. In den Essaybänden "Sex und Lügen" und "Warum so viel Hass?" widmet sich Leïla Slimani dem Islam und dem Feminismus sowie dem zunehmenden Fanatismus. "Das Land der Anderen" ist der Auftakt einer Romantrilogie, die auf der Geschichte ihrer eigenen Familie beruht. Die Schriftstellerin und Journalistin ist seit 2017 offiziell Botschafterin für Frankophonie.
Mehr zur Autorin und aktuelle Lesungstermine unter: www.penguinrandomhouse.de
(Quelle: Verlagsinformation)

Zur Übersetzerin: Amelie Thoma geboren 1970, studierte Romanistik und Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie arbeitet als Übersetzerin aus dem Italienischen und Französischen und übertrug bereits Leïla Slimanis Werke "Dann schlaf auch du", "All das zu verlieren", "Eine freie Frau" und "Das Land der Anderen" ins Deutsche.
Mehr zur Ãœbersetzerin unter: www.penguinrandomhouse.de

Leïla Slimani
Der Duft der Blumen bei Nacht

Originaltitel: Le parfum des fleurs la nuit
Ãœbersetzt von: Amelie Thoma
Luchterhand Verlag, erschienen am 28.02.2022
160 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN:978-3-630-87687-0
20,00 Euro

Mehr zum Buch und zu Leïla Slimani unter: www.penguinrandomhouse.de

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Das Land der Anderen - Leïla Slimani (Le Pays Des Autres)
Sie ist Französin, er ist Marokkaner: Mit der Geschichte dieses Paares auf ihrer Suche nach kultureller Identität stellt die französisch-marokkanische Schriftstellerin Leïla Slimani ("Dann schlaf auch du") vor dem Hintergrund der Unabhängigkeitsbewegungen in Marokko 1953 rassistische und sexistische Binaritäten infrage. (2021)

Spannende Publikationen der französisch-marokkanischen Schriftstellerin und Journalistin Leïla Slimani rund um die Themen sexuelle Freiheit, Tabus und Rassismus
Es sind sowohl kulturelle, gesellschaftliche, globale Themen als auch Fragen ihrer eigenen Identität, denen Leïla Slimani sorgfältig auf den Grund geht. AVIVA stellt einen Roman, sowie Kolumnen, Gespräche und Essays der "neuen Stimme Frankreichs" vor, die 2016 für ihren Roman "Dann schlaf auch du" mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde. (2019)

Leïla Slimani. Dann schlaf auch du. (Chanson douce)
Das Böse befindet sich manchmal näher, als es Eltern lieb ist. Diese schmerzliche Erfahrung müssen Myriam und Paul Massé auf grausame Weise machen, als sie ihrer gewissenhaften Nanny Louise das Kostbarste anvertrauen, was sie besitzen: ihre Kinder. Der Roman der 1981 in Rabat geborenen Journalistin und Autorin wurde mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet und erschien in 32 Ländern. (2017)


Literatur

Beitrag vom 11.03.2022

AVIVA-Redaktion