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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 01.12.2018


The Future is female! Was Frauen über Feminismus denken. Herausgegeben von Scarlett Curtis
Isabel Rohner

Was ist Feminismus? Und was heißt es, Feministin zu sein? Diese Fragen insbesondere jüngeren Frauen näher zu bringen, ist das erklärte Ziel der Herausgeberin Scarlett Curtis. In ihrem Buch "The Future is female!" versammelt sie Beiträge von – in erster Linie im englischen und amerikanischen Raum – bekannten Frauen. Die deutsche Ausgabe ist zwar punktuell um weitere Beiträge ergänzt, wirkt jedoch in Aufmachung, Übersetzung und Stil leider arg amerikanisch.




Eigentlich hätte das Buch "Feministinnen tragen kein Pink und andere Lügen" heißen sollen (Originaltitel: "Feminists don´t wear pink and other lies"). Schade, dass sich der Goldmann Verlag dagegen entschieden hat und stattdessen auf das worthülsenhafte "The Future is female!" setzt. Warum soll eigentlich immer nur die Zukunft weiblich sein – und niemals die Gegenwart oder der Blick in die Vergangenheit? Sehr ermutigend finde ich das nicht, trotz des Ausrufezeichens. Und warum der Umschlag dennoch in knalligem Pink erstrahlt, hat dann wohl doch eher etwas mit Gender-Marketing zu tun als mit der Ironie des Originaltitels. Ach, ich wünschte mir, es wüssten mehr Menschen, dass Rosa kulturhistorisch noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts die Farbe für Jungs und Blau die Farbe für Mädchen war…

Nun aber weg vom Buchdeckel, hin zum Inhalt.

Keira Knightley, Saorise Ronan und die beiden Harry Potter-Ikonen Emma Watson und Evanna Lynch: Was für beeindruckende, tolle Vorbilder, um jüngeren Frauen feministische Themen näherzubringen! Doch ich gebe es zu: Bei Alison Sudol, Charlotte Elizabeth, Zoe Sugg, Rhyannon Styles und der Mehrzahl der insgesamt fast 60 Autorinnen musste ich jeweils "Tante Google" bemühen, um Informationen über deren Hintergründe, Tätigkeiten und Engagements zu bekommen – und auch diese Recherchen blieben meist unbefriedigend. Das Buch selber enthält leider keine weiteren biografischen Angaben, beschreibt die Autorinnen jeweils nur mit einem Wort, manchmal mit zwei Wörtern wie "Schauspielerin", "Aktivistin", "Dichterin", zuweilen steht auch "Feministin". Für mich eindeutig zu wenig. Wenn schon die Perspektiven unterschiedlicher Frauen im Fokus stehen sollen, will ich auch wissen, wer diese Frauen sind.

Die Themen, die die Autorinnen in ihren Beiträgen in den Blick nehmen, reichen dann von ganz praktischen Verhaltens- und Karrieretipps über Menstruation, Selbstbefriedigung und Sex, einen traumatisierenden Bericht über eine Geburt (wirklich stark: Keira Knightley!) sowie historische Fakten über Frauenbewegungen. Das macht das Buch durchaus interessant und vielseitig. Ich muss allerdings gestehen, dass für mich Wörter wie "fantastisch", "unglaublich" und "großartig" in diesem Buch einfach zu oft vorkommen. Hier hätte sich die deutsche Übersetzung mehr Freiheiten nehmen sollen, Ausdrucksweisen auch kulturell dem Sprachraum anzupassen.

Zwar wurde Curtis` Textsammlung für die deutsche Ausgabe gezielt und lohnend um Beiträge von Katrin Bauerfeind (TV-Moderatorin), Milena Glimbovski (Gründerin von "Original unverpackt" und Berliner Unternehmerin des Jahres 2018/2019), Fränzi Kühne (Unternehmerin und Aufsichtsrätin), Stefanie Lohaus (Missy Magazine), Tijen Onaran (Gründerin von Women in Digital) und Karla Paul (Buchkolumne) ergänzt – dennoch bleibt der Eindruck, dass sich Vorbilder und Sprache nicht so einfach auf Deutschland übertragen lassen, wie es sich der Verlag erhofft hat.

AVIVA-Tipp: Ein Buch für Leserinnen, die ohne große Erwartungen gerne in verschiedene Texte reinschmökern. Allerdings empfehle ich denen dann doch direkt das Original.

Scarlett Curtis (Hgin.)
The Future is female! Was Frauen über Feminismus denken

Originaltitel: Feminists don´t wear pink and other lies
Originalverlag: Penguin
Deutsche Erstausgabe im Goldmann Taschenbuch, erschienen 8. Oktober 2018, dem Weltmädchentag
Paperback, Klappenbroschur, 416 Seiten
12 Euro
ISBN: 978-3-442-15982-6

Mehr zum Buch unter: www.randomhouse.de

Herausgeberin von "The future is female" ist die britische Style-Kolumnistin und Pink-Protest-Gründerin Scarlett Curtis. Sie ist die Tochter der Rundfunksprecherin und Skripteditorin Emma Freud, der Urenkelin Sigmund Freuds, und des Filmemachers Richard Curtis.
Mehr Infos unter: www.scarlettcurtis.com, www.pinkprotest.org und www.feministsdontwear.pink
Scarlett Curtis und Emma Freud im Gespräch: www.youtube.com

Zur Übersetzerin: Elke Link, geboren 1962 in Erlangen, hat in München und Canterbury studiert. Sie lebt in Berg am Starnberger See, wo sie zeitgenössische und klassische Literatur aus dem Englischen und Amerikanischen übersetzt. Für Ihre Übersetzung des Romans "Silas Marner" von George Eliot erhielt sie gemeinsam mit Sabine Roth 1997 den Bayerischen Kunstförderpreis in der Sparte Literatur.

Zur Übersetzerin: Kristin Lohmann lebt als freie Übersetzerin und Lektorin in München. Sie übersetzt aus dem Spanischen, Französischen und Englischen und gründete 2009 die Agentur WortSchatz.

Zur Übersetzerin: Johanna Ott begann nach einem Studium der Literaturwissenschaft und Ethnologie ein Masterstudium der Literarischen Übersetzung in München. Seither übersetzt sie Literatur aus dem Englischen und Spanischen.

Beiträge von: Scarlett Curtis, Emma Watson, Keira Knightley, Lolly Adefope, Dolly Alderton, Nimco Ali, Gemma Arterton, Tasha Bishop, Bronwen Brenner, Tanya Burr, Chimwemwe Chiweza, Grace Campbell, Charlie Graggs, Kat Dennings, Beanie Feldstein, Elyse Fox, Alicia Garza, Amika George, Karen Gillian, Jordan Hewson, Akilah Hughes, Jameela Jamil, Skai Jackson, Bridget Jones, Liv Little, Evanna Lynch, Emi Mahmoud, Tapiwa H. Maoni, Dr. Allaa Murabit, Em Odesser, Olivia Perez, Maryam and Nivaal Rehman, Saoirse Ronan, Swati Sharma, Trisha Shetty, Jiernan Shipka, Rhyannon Styles, Alison Sudol, Amy Trigg, Lydia Wilson, Lauren Woodhouse-Laskonis, Alice Wroe, Katrin Bauerfeind, Fränzi Kühne, Milena Glimbovski, Stefanie Lohaus, Karla Paul, Tijen Onaran.

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