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Beitrag vom 11.08.2017
Hannelore Hoger - Ohne Liebe trauern die Sterne. Bilder aus meinem Leben
Silvy Pommerenke
Pünktlich zum 75. Geburtstag am 20. August 2017 erschien die Autobiographie Hannelore Hogers, und es finden sich zahlreiche Fotos (und selbstgemalte Bilder) aus dem bewegten Berufs- und Privatleben der Hoger, die auf der Bühne und vor der Kamera eine der ganz Großen ist.
Gewidmet ihrer Tochter Nina, (geboren 1961), deren Vater der Schauspieler Norbert Ecker ist und die ebenfalls als Schauspielerin arbeitet, dreht es sich - neben persönlichen Kindheitserinnerungen des zerbombten Hamburgs - natürlich um die Berufsbiographie der Hoger. Wobei diese weniger chronologisch erzählt wird, sondern eher assoziativ. Ein Gedanke ergibt den anderen, ein Name führt zu einem anderen, ein Ereignis mündet in einem anderen. So liest sich die Autobiographie von Hannelore Hoger - in der etliche bekannte Namen und dazu passende Geschichten auftauchen - wie ein kurzweiliger Erzählband, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Ihr Weg führt sie von Hamburg über Ulm, Bremen und Stuttgart nach Bochum, Köln, Wien und Düsseldorf zurück nach Hamburg und zu diversen Gastspielen im Ausland. Zu Hogers Regisseur_innen zählen Peter Zadek, Augusto Fernandes, Volker Schlöndorff, Margarethe von Trotta, Karin Brandauer oder Alexander Kluge, zu ihren Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne und vor der Kamera Martina Gedeck, Gudrun Landgrebe, Rolf Lassgard oder Götz George. Und die Stücke in denen sie spielte reichen von "Der Widerspenstigen Zähmung" über "Professor Unrat" bis hin zu "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?". Nicht zu vergessen die Verkörperung der Bella Block, mit der sie einem Millionenpublikum bekannt wurde. Hoger zählt zu den Charakterdarstellerinnen, die über eine unvergleichliche Altstimme verfügt, mit der sie unzählige Hörbücher eingelesen hat.
Geboren in den letzten Kriegsjahren und aufgewachsen im Hamburger Rotherbaum-Viertel der Nachkriegszeit hatte sie bereits früh Kontakt zum Theater, da ihr Vater Leo Hoger als Inspizient und Schauspieler am Ohnsorg-Theater arbeitete. Mit 16, nach der Mittleren Reife, geht Hoger auf die Schauspielschule und wird bereits mit 19 von dem deutlich älteren österreichischen Schauspieler Norbert Ecker bei einem kurzen Tête-à -Tête schwanger. Tochter Nina wird geboren und wächst zum großen Teil bei den Großeltern auf, da Hannelore Hoger häufig auswärts Engagements hat.
Neben der autobiographischen Erzählung gewinnt die Leserin zudem durch Gespräche mit Alexander Kluge und Thilo Wydra einen weiteren Einblick in das Berufsleben Hogers. Von ihrem Privatleben erzählt Hannelore Hoger indes nur wenig, und vielleicht gibt es darüber auch nicht viel zu erzählen. Denn fast in einem Nebensatz erklärt sie: "Ich war in meinem Leben nur mit wenigen Männern zusammen. Meistens wurde ich verlassen oder betrogen". Beim Lesen tauchen da automatisch Parallelen zur Figur der Bella Block vor dem inneren Auge auf: Etwas spröde, bisweilen schroff, so trägt sie dennoch das Herz auf dem rechten Fleck und ist zutiefst verletzlich. Von einer "inneren Melancholie" spricht Hoger, und dass sie das Leben wohl schwernimmt.
Die Grenzen zwischen Hoger und Block scheinen fließend zu sein. Dazu passt denn auch die fast provokante Antwort auf die Frage von Thilo Wydra, ob sie feministisch sei: "Emanzipiert ja, feministisch nein. Was heißt das denn eigentlich? Was versteht man darunter?" Und auch wenn sie nach eigenen Worten "als zickig, zumindest nicht unschwierig" gilt, so schimmert immer wieder die charmante und sympathische Frau durch, die sich selbst nicht so wichtig zu nehmen scheint. Spätestens in ihrem Schlusssatz wird das deutlich: "In meiner Karriere habe ich Hollywood nicht erreicht, aber wenn die phantastische Isabelle Huppert endlich einen Oscar bekäme, empfände ich das als ausgleichende Gerechtigkeit."
AVVA-Tipp: Die Autobiographie "Ohne Liebe trauern die Sterne" ist längst überfällig gewesen. Auch wenn sich die assoziativen Schilderungen ihres Lebens überwiegend auf die Berufsbiographie beziehen, so erfährt die Leserin zwischen den Zeilen doch einiges über die privaten Hochs und Tiefs der Schauspielerin. Und durch die zahlreichen Fotos ist es fast eine visuelle Zeitreise durch die Theater- und Filmgeschichte Deutschlands. Ein absolutes Muss für alle Hoger-Fans!
Zur Autorin: Hannelore Hoger ist deutsche Schauspielerin und Regisseurin. Geboren am 20. August 1941 in Hamburg. Sie gab 1961 ihr Bühnendebüt am Ulmer Theater. Es folgten Stationen u. a. in Bremen, Stuttgart, Bochum und am Schauspielhaus Hamburg. Mit der Rolle der Polizeikommissarin Bella Block, für die sie zahlreiche Auszeichnungen bekam, wurde sie einem breiten Fernsehpublikum bekannt. Weitere Kino- und Fernsehrollen u. a. in "Katharina Blum", "Die Artisten in der Zirkuskuppel", "Der Sommer des Samurai", "Die Patriotin", "Deutschland im Herbst", "Falsche Liebe - Die Internetfalle". In dem TV-Anti-Apartheits-Film "Ellas Geheimnis" (2010) spielt sie die weibliche Hauptrolle und im Kinofilm "Henri 4" (2010) Katharina von Medici. Auszeichnungen u. a.: 1994 Grimme-Preis, 1996 Goldener Löwe, 1998 Goldene Kamera und 2002 Bambi als beliebteste TV-Kommissarin. 1975 Schauspielerin des Jahres ("Theater heute"). (Quelle: Who´s Who - Peoples Lexicon)
Mehr Infos im "Abendjournal Spezial: Hannelore Hoger" (4. Mai 2017) media.ndr.de und im Interview mit dem Tagesspiegel (15.05.2017), www.tagesspiegel.de und unter www.agentur-regine-schmitz.de
Hannelore Hoger – Ohne Liebe trauern die Sterne
Bilder aus meinem Leben
Rowohlt Verlag, erschienen April 2017
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 304 Seiten
Mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen
ISBN: 978-3498030346
Euro 19,95
www.rowohlt.de
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