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Beitrag vom 12.05.2016
Antje Wagner (Hg.) - Unicorns don´t swim
Clarissa Lempp
Selbstprogrammierte Computerspiele mit Einhorn, in der Halfpipe skaten oder die erste Verliebtheit. In der Anthologie "Unicorns don´t swim" finden alte Mädchenstereotypen coole Gegenentwürfe.
Einhörner schwimmen nicht – lautet die Übersetzung des englischen Titels einer Geschichte von Sabine Funder. Sie ist zu finden neben 21 weiteren Storys in der gleichnamigen Kurzgeschichtensammlung für Mädchen* und andere Menschen ab 12 Jahren. Die ausgewählten Texte stammen von Autorinnen für Kinder- und Jugendbücher, aber auch von solchen, die sonst eher ein älteres Publikum ansprechen. Von etablierten Schriftstellerinnen (zum Beispiel Kinder- und Märchenautorin Ingrid Annel oder Krimiautorin Corinna Waffender) und von Newcomer_innen. Zusammengestellt wurde die Anthologie von der Autorin Antje Wagner, die selbst für Jugendliche (u.a. "Unland") und Erwachsene schreibt.
Die Geschichten erzählen von Mädchen* und Frauen* außerhalb stereotyper Rollenbilder, die mit der eigenen sexuellen Identität konfrontiert werden, sich verlieben, Heldentaten vollbringen oder Fehler machen. Die Menschen verlieren oder endlich finden. Das geht mal komisch, mal berührend oder spannungsgeladen von statten. Kathrin Schrocke hat gleich zwei Geschichten beigesteuert. In "Ira" und "Die Kirschkönigin" wehren sich die jungen Frauen gegen die Lebensplanung und Körperideale, die ihnen die Erwachsenen aufdrängen wollen. Kathrin Schrockes feinsinnige Erzählkunst zeigt sich hier wie in ihrem Romandebüt "Freak City". Das Jugendbuch über ein gehörloses Mädchen erhielt bereits mehrere Preise.
Dis/Ability und Körpernormen sind auch in Juliette Benschs Story "Stahlrücken" Thema. Anja Frisch lässt hingegen in "Djemile" zwei Mädchen im Skateboard-Park aufeinandertreffen. Die eine ist in Berlin aufgewachsen, die andere lebt gerade im Flüchtlingsheim. Dreh- und Jugendbuch-Autorin Vera Kissel beweist in "Baby" ihr Talent für verdichtete Texte und greift dabei die gefährliche Tabuisierung von Sexarbeit auf. Die freie Autorin (u.a. "Missy Magazine") und Spokenword-Performerin Tania Witte zeichnet mit ihrem Queer_Roman "beziehungsweise liebe" das Berliner Liebesleben ab. Ihre Erzählung "Metamorphose" ist die Geschichte eines Trans-Elternteils, aus der Perspektive des Kindes.
Mit "Die Sache am See" und "Feuer und Flamme" hat auch Herausgeberin Antje Wagner zwei Texte eingebracht. Der erste fesselt durch die gespenstische Atmosphäre und die unterschiedlichen Erzählebenen, während der zweite ziemlich subjektiv vom Zusammenleben mit einem Drachen berichtet. Ähnlich fantastisch geht es bei "Der Mentorenball" von Claudia Schuster zu. Sie erzählt von einer futuristischen Gesellschaft und in Anja Kümmels "Elektrisch" ist die Sexualität der Protagonistin der Energielieferant für eine utopische Stadt. So vielfältig wie Mädchen* und Frauen* sind, sind eben auch die Geschichten über sie.
Zur Autorin: Antje Wagner, 1974 in Wittenberg geboren, erhielt bereits mehrfach Auszeichnungen für ihre Jugendromane. Zuvor erschienen bereits "Schattengesicht" und "Unland" – das mit verschiedensten Jugendbuchpreisen ausgezeichnet wurde. "Vakuum" wurde bereits mit dem "Mannheimer Feuergriffel für Kinder- und Jugendliteratur" ausgezeichnet. Die studierte Literaturwissenschaftlerin und Amerikanistin arbeitet auch als Übersetzerin.
Mehr Infos unter: www.wagnerantje.de
AVIVA-Tipp: Mädchen lieben Einhörner, aber nicht nur auf pinken Shirts sondern auch als Superheld_in im selbstprogrammierten Videospiel. Die Anthologie "Unicorns don´t swim" setzt starren Mädchenposen lebendige und mutige Protagonist_innen entgegen.
Antje Wagner (Hg.)
Unicorns don´t swim
Erzählungen
Broschur, 256 Seiten
AvivA Verlag, erschienen Frühjahr 2016
ISBN: 978-3-932338-82-3
www.aviva-verlag.de
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Antje Wagner - Vakuum (Jugendroman, 2012)
Die mehrfach ausgezeichnete Autorin packt den Horror in ihre Jugendbücher - ohne liebestolle Vampire. Im neuen Roman bleibt die Welt in einem unerklärlichen Nebel stehen, der alles verschluckt bis auf fünf Jugendliche.
Tania Witte – Leben nebenbei (Roman, 2012)
In ihrem Fortsetzungswerk erzählt die Autorin, wie es mit den ProtagonistInnen aus ihrem Romandebut "Beziehungsweise Liebe" weitergeht. Größtenteils genderqueere Identitäten wirbeln im Berliner Großstadtleben erneut heteronormative Begehrensstrukturen durcheinander. Der Einsteig ist auch möglich, ohne den Vorgängerroman gelesen zu haben.
Corinna Waffender – Sterben war gestern (Kriminalroman, 2011)
Corinna Waffenders dritter Kriminalroman mit Hauptkommissarin Inge Nowak. Die Berliner Autorin lenkt ihre Figuren einmal mehr in Hochspannung an menschliche Abgründe und schafft mit ihrem gewohnt schwarzen Humor den Dreh zum alltäglichen Wahnsinn.
Anja Frisch - Schneehase (Roman, 2006)
Familien sind schwierig, Freundschaften auch, das dürfte jeder klar sein. Doch auf wie viele verschiedene Arten sie verzwickt sein können, zeigt Anja Frisch in ihrer ersten Buchveröffentlichung.