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Beitrag vom 26.09.2015
Laksmi Pamuntjak - Alle Farben Rot
Maria-Elisa Schrade
Das lange Warten hat ein Ende: Der Debütroman der renommierten indonesischen Essayistin, Lyrikerin und Journalistin, ist nach seinen Gastauftritten in Leipzig und Berlin nun doch schon bereits ...
... vor der Frankfurter Buchmesse bei Ullstein erschienen.
Offenbar sollte das Lesepublikum nicht länger auf die Folter gespannt werden, denn der Roman "Alle Farben Rot" der indonesischen Autorin Laksmi Pamuntjak, der vom 14. bis 18. Oktober 2015 bei der Frankfurter Buchmesse - mit Indonesien als diesjährigem Gastland - vorgestellt werden wird, ist schon jetzt im Buchhandel erhältlich. Kein Wunder, denn der "große Roman über Liebe und Gewalt in Zeiten politischen Aufruhrs", wie der Klappentext des Buches verspricht, tourte bereits seit Jahresbeginn auf mehreren Buchmessen und dürfte daher inzwischen sehnlichst von der deutschen Leser_innenschaft erwartet werden.
Literarische Landschaft bisher durch Männer dominiert
Das Land der siebzehntausend Inseln hat bisher nur wenige Autorinnen hervorgebracht, die den Höhen und Tiefen des indonesischen Schicksals, von Kolonialherrschaft, über Unabhängigkeit, bis Diktatur und schließlich Demokratie, eine so authentische Stimme zu verleihen vermochten, wie es Laksmi Pamuntjak in diesem außergewöhnlichen Roman gelungen ist. Das liegt auch daran, dass die literarische Landschaft Indonesiens sehr lange von Männern dominiert wurde und während der Diktatur unter Suharto von 1965 bis 1998 vieles nicht thematisiert werden durfte. Umso bemerkenswerter ist es, dass heute vor allem auch junge Autorinnen wie Laksmi Pamuntjak mit ihren politischen und gesellschaftskritischen Werken dazu beitragen, dass sich der politische Wind in der Literatur- und Kulturszene Indonesiens langsam dreht.
Tabubruch: Aufarbeitung des indonesischen Volkstraumas
"Für die in Buru Inhaftierten, die mich mit anderen Augen zu schauen gelehrt haben"
(...)
In "Alle Farben Rot" verwebt Laksmi Pamuntjak die tragische Liebesgeschichte von "Amba" und "Bhisma" aus dem indonesischen Volksepos "Mahabharata" mit dem Schicksal eines ungleichen Liebespaares, das infolge des missglückten Militärputschversuchs und dem daraus resultierenden Massaker von 1965-1966 bei einer Straßenschlacht für immer getrennt wird. Erst als alte Frau besucht die Protagonistin Amba die Insel Buru, um herauszufinden, was mit ihrem Geliebten Bhisma geschehen ist, der dort nach ihrer Trennung über viele Jahre als politischer Gefangener in einem Arbeitslager interniert war.
Gefangen zwischen den Welten
Pamuntjak thematisiert auf diesem Weg auf sehr persönliche und eindringliche Weise eines der traumatischsten Kapitel der indonesischen Geschichte, das in Indonesien immer noch größtenteils tabuisiert ist und erschafft zu diesem Zweck mit der Protagonistin Amba eine sehr komplexe, starke und widerständige Persönlichkeit, die unter die Haut geht. Amba hat viele Konflikte auszutragen: Hin und hergerissen zwischen der traditionellen magischen Welt ihrer Eltern und ihren eigenen emanzipatorischen Bestrebungen, versucht sie die ihr durch Familie und Gesellschaft zugeteilte Rolle umzuschreiben. Doch scheint ihr Lebenslauf in einer abergläubischen Gesellschaft, in der die Grenzen zwischen Mythos und Realität fließend ineinander übergehen, bereits durch das Schicksal ihrer Namensschwester aus dem "Mahabharata" besiegelt zu sein. Welchen Preis ist Amba bereit für ihre Freiheit zu bezahlen?
Mit viel Hingabe an die lyrische und mythologischen Tradition Indonesiens gelingt es Pamuntjak auf sehr einfühlsame Weise, das psychische Panorama der indonesischen Gesellschaft und seines kollektiven Traumas auf individueller Ebene abzubilden und so einen literarischen Dialog zwischen Generationen, Kulturen und Geschlechtern zu eröffnen.
(...)
"Für meine Eltern und meine Tochter Nadia"
AVIVA-Tipp: Für westliche Leserinnen ist die Lektüre dieses Buches besonders interessant, weil ihnen die Geschichte Indonesiens aus einer weiblichen Position vermittelt wird, die zugleich durch eine große Nähe und Distanz zur eigenen Kultur bestimmt ist, wodurch verschiedenen Perspektiven möglich werden.
Zur Autorin: Laksmi Pamuntjak, geboren 1971, ist eine angesehene indonesische Lyrikerin, Essayistin und Journalistin. Seit 1994 schreibt sie unter anderem für das liberale indonesische Wochenmagazin Tempo, die Zeitungen Jakarta Post und Jakarta Globe über Politik, Film, Musik und Literatur. Pamuntjaks Gedichte und Kurzprosa sind in verschiedenen internationalen Literaturmagazinen erschienen, außerdem wurden zwei Gedichtbände und eine Kurzgeschichtensammlung veröffentlicht. "Alle Farben Rot" ist ihr Debütroman. Sie lebt mit ihrer Familie in Jakarta
Mehr Infos unter: laksmipamuntjak.com und twitter.com/laksmiwrites
Laksmi Pamuntjak
Alle Farben Rot
Originaltitel: Amba
Aus dem Indonesischen von Martina Heinschke
Ullstein, erschienen am 25. September 2015
Gebunden, 672 Seiten
ISBN: 13 9783550080869
24,00 Euro
www.ullsteinbuchverlage.de