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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 08.06.2015


Dominique Manotti - Abpfiff
Helga Egetenmeier

Korruption im hochbezahlten Männerfußball verkauft sich aktuell in den Medien als heißes Thema zwischen sensationeller Aufdeckung und ignoriertem Alltagswissen. Manotti mischt Drogen und...




... wirtschaftliche Verflechtungen noch dazu und komponiert daraus ihren dritten Krimi Noir um den schwulen Commissaire Théo Daquin.

Der Kollege von Daquin, Inspektor Romero vom Pariser Drogendezernat, wird auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums zusammen mit der drogenabhängigen Nicole Speck erschossen. Es ist ein dilettantischer Mord, die zwei Killer sind schnell gefasst. Doch wieso wussten seine KollegInnen nicht, weshalb der Tote mit der kleinen Schwester des schmierigen Stationwarts vom Profi-Klub FC Lisle-sur-Seine unterwegs war?

Die Autorin lässt ihren Roman im Mai 1990 spielen, einen Monat vor der Männer-Fußballweltmeisterschaft in Italien, für die sich die französische Nationalmannschaft nicht qualifizieren konnte. Innerhalb einer Woche kämpft sich der kantige Kommissar espresso- und alkoholgetränkt durch seine Ermittlungen um hochdotierte Männerkörper, die lokalen Politiker und deren Geldgeschäfte. Dazu erhält er immer wieder nützliche Tipps von seinem Teilzeit-Geliebten, einem zierlichen Sportreporter.

Noch stärker als in ihren vorherigen Daquin-Krimis arbeitet Manotti in "Abpfiff" wie eine Karikaturistin. Durch knappe Beschreibungen reduziert sie den Eingriff der Erzählerin und lässt stattdessen die Dialoge die Führung übernehmen. Und wie für sie, als eine der unpathetischsten VertreterInnen des französischen Krimi Noir üblich, erlaubt sie nicht den Hauch eines Happy Ends, weder auf persönlicher noch auf gesellschaftlicher Ebene.

Wo Unsummen für Fußballspieler ausgegeben werden und gleichzeitig die Homophobie regiert, bekommt die Auswahl des Settings mit ihrem unkonventionellen schwulen Kommissar eine leicht utopische Note. Denn obwohl das Liebesleben der Figuren eine Nebenrolle spielt, wird ihre Ausrichtung des Begehrens nie zum Thema. Das ist mit Blick auf die maskulinisierte Sportwelt durchaus interessant, etwas differenzierter wäre die Geschichte allerdings, wenn ein paar Weiblichkeiten das Geschehen mittragen dürften.

Dass die Autorin auch vielschichtigere Erzählungen anlegt und Frauenpower kann, lässt sich unter anderem in ihrem Wirtschaftskrimi "Letzte Schicht" nachlesen, in dem sie die Figur der toughen Rolande Lepetit schrittweise entfaltet. Auch in ihrem Medien- und Polit-Krimi "Ausbruch" versucht die scharfsinnige Lisa Biaggi hinter die Wahrheit zu kommen, die außer ihr niemand wissen will.

Ob der Frauenfußball es jemals in die finanziellen Gefilde schafft, die für Korruption anfällig sind, ist noch offen und aus der heutigen Perspektive heraus auch nicht zu erwarten. Genau deshalb ist er für Fußballinteressierte eine spannende und sehenswerte Alternative zum Geld-Fußball der Männerwelt und bietet ebenso internationale Wettkämpfe, wie dieses Jahr die Frauen-Fußballweltmeisterschaft 2015 in Kanada.

AVIVA-Tipp: Ein schneller Krimi zu einer never ending Story: der Korruption im Männerfußball und allem, was dazu gehört. Als passendes Bonmot dazu liefert Dominique Manotti den ermittelnden schwulen Commissaire, der auf seine harte Tour zwar den Fall löst, jedoch die Welt damit auch nicht verbessert. Wie immer, ein toller Manotti, der jedoch inhaltlich gerne etwas tiefer hätte gehen können.

Zur Autorin: Dominique Manotti ist das Pseudonym der Historikerin Marie-Noelle Thibault, das sich die spätberufene Schriftstellerin nach vielen Jahren politischen Engagements und mehreren Jahren als Gewerkschaftssekretärin zulegte. Am 24. Dezember 1942 in Paris geboren, begann sie erst mit 50 Jahren, Romane zu schreiben. Ihre Bezugspunkte sind der amerikanische Schriftsteller James Ellroy, die neuzeitliche Wirtschaftsgeschichte und die 68er-Bewegung.

Dominique Manotti
Abpfiff

Original: Kop, 1998
Ãœbersetzt von Andrea Stephani
Argument Hamburg, erschienen April 2015
Hardcover, mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 240 Seiten
ISBN-13: 9783867541978
17,-- Euro
www.argument.de


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Helga Egetenmeier