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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 18.02.2008


Yoko Ono Talking
Clarissa Lempp

Zum 75. Geburtstag lässt der Schwarzkopf und Schwarzkopf Verlag die Jubilarin in einem bunten Zitate-Medley selbst zu Wort kommen. Der Bildband lädt zum Verweilen und Entdecken ein




Am 18. Februar 1933 wurde Yoko Ono als Tochter einer privilegierten japanischen Familie geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Japan und den USA. Als Studentin lernte sie 1953 ihren ersten Mann kennen, den Komponisten und Pianisten Toshi Ichiyanagi, mit dem sie bald die Fluxus- und Avantgarde-Szene mit Happenings und Events eroberte. Aber erst die Begegnung mit ihrem dritten Ehemann verschaffte ihr ein eindimensionales Bild in den Medien, das bis heute durchscheint: 1969 heiratete Yoko Ono den Beatle John Lennon, der am 8. Dezember 1980 von einem geistig verwirrten Fan erschossen wurde. Yoko Ono war damit die berühmteste Witwe der Pop-Geschichte.

John und Yoko
Der Beatle Lennon und die Konzeptkünstlerin Ono lernten sich 1966 auf einer Vernissage von Ono in London kennen. "Sie veränderte mein Leben völlig. Nicht nur physisch. Ich kann es nur so beschreiben: Yoko war wie ein Acidtrip oder als wäre man das erste Mal betrunken. Es war eine so große Veränderung..." (John Lennon, 1972).

Ihre Liebesbeziehung sorgte für allerlei Wirbel und Aufsehen. Die beiden waren unzertrennlich und Yoko wurde der "fünfte Beatle", wofür sie alle hassten. 1970 trennten sich die Beatles schließlich, ein Jahr nachdem Lennon und Yoko Ono heirateten und fortan mit Lennono unterzeichneten.
"Bei John war es so, dass ich mit diesem Typen ins Bett ging, und plötzlich sah ich am nächsten Morgen diese drei eifersüchtigen Schwiegermütter im Zimmer stehen." (Yoko über Paul, Ringo und George 1981)

Musikalisch und künstlerisch beschritten Yoko und John eigene Pfade mit der "Plastic Onoband". Dabei rückten sie ihr gemeinsames Engagement gegen den Krieg in den Mittelpunkt ihrer Events und Songs wie "Give Peace a Chance". Ihre Flitterwochen verbrachten sie 1969 für den Weltfrieden im Bett, zwischen zahlreichen geladenen JournalistInnen. Das "Bed-In" im Amsterdamer Hilton wurde ein Medienspektakel.
"Es gab schon viele Pazifisten vor uns – Gandhi und so weiter, Gurus, die hoch oben in den Bergen meditierten… Wir schocken eine konzeptuelle Schwingung rund um die Welt, die sagt: Macht Liebe… Jeder ist ein Guru. Jeder kann auf der Stelle in seinem Bett meditieren." (Yoko Ono, 1969)

Die Liebesbeziehung stand immer im Vordergrund des öffentlichen Interesses an dem Künstlerpaar. Auch wenn Ono in der Zeit der Ehe mit Lennon ein beachtliches künstlerisches Werk hinterließ, unter anderem Experimentalfilme wie "Bottoms" und Happenings wie das spät gerühmte Cut-Piece. Dass Lennon sich nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes Sean für fünf Jahre an den Herd zurückzog, verursachte von vielen Seiten Ungläubigkeit und Spott. Der Hausmann war eine bis dahin nicht-existente Spezies. Für die (Boulevard-)Presse blieb Yoko Ono die "Hexe", die den Beatle John verzaubert hatte.

Celebrate the witch!

"Wenn eine Mutter das Kind austrägt und ein Vater es aufzieht, hat man sich die Verantwortung geteilt." (Yoko Ono, 1980)
Dass Ono nicht die klassische Mutterrolle übernahm, sondern sich lieber um die Verwaltung und Vermehrung des Lennonoschen Vermögens kümmerte, machte sie zur Zielscheibe der Presse und zum Vorbild der Feministinnen. Während Lennon Brot buk und den kleinen Sean umsorgte, saß sie mit Zigarre rauchenden Geschäftsmännern in schwarzen Anzügen beim Business-Lunch. Sie investierte in Kunst und unterstütze weiter die pazifistische und Umweltbewegung. "Anfangs konnten mein Buchhalter und mein Anwalt nicht damit umgehen, dass ich ihnen sagte, was sie tun sollten." (Yoko Ono, 1980)

Kurz nach dem Tod von John nahm sie auch ihre musikalische Arbeit wieder auf. Zwischen 1981 und 1995 entstanden vier Alben. Für "Rising" arbeitete sie 1995 mit ihrem Sohn Sean zusammen. 2003 landete sie mit einem Dance-Remix ihres 1971er Albums "Open Box" in den Charts. Nicht nur die Gay-Community, für die sich Ono bereits seit den 60ern einsetzte, tanzte zu ihrer neu entdeckten Hits, wie "Walking on thin Ice". Mit 70 Jahren wurde sie zur Disco-Diva und ließ es sich nicht nehmen, selbst in Clubs auf der ganzen Welt zu performen. "Marschieren oder tanzen? Man sollte definitiv durchs Leben tanzen." (Yoko Ono, 2004)

Auch heute noch ist sie eine einflussreiche Menschenrechtsaktivistin und Friedenskämpferin. Ihr politisches Engagement, ihr Einsatz für die Umwelt und den Weltfrieden, stehen aber auch heute noch hinter Bild der Lennon-Witwe. Künstlerische Arbeiten, wie die Installation zum Israel/Palästina Konflikt von 1999, bleiben in der Öffentlichkeit eher unbemerkt. "Ich verleihe meinen Anliegen durch Taten Ausdruck. Aber was ich auch tue, es wird nicht sehr bekannt. Ich habe Plakatwände entworfen, auf denen steht: ´Imagine Peace´. Wenn ich in ein Restaurant gehe, schreiben sie darüber, aber die Plakatwände bekommen keine Erwähnung in der Presse." (Yoko über die Medien, 2004)

Zu ihrem 75. Geburtstag gilt es, die intelligente, willensstarke Avantgarde-Ikone, Friedensaktivistin und Feministin der ersten Stunde neu zu entdecken, die nie nur die Muse Lennons, sondern eine eigenständige, an den postmodernen gesellschaftlichen Veränderungen teilhabende Künstlerin war, ist und hoffentlich noch lange bleibt. "Mein liebstes nächstes Projekt ist das, zu dem ich morgen inspiriert werde." (Yoko Ono, 2002)

AVIVA-Tipp: Der Musikjournalist Nick Johnstone hat hier eine prägnante Auswahl an Zitaten von/zu/über Yoko Ono vorgelegt. Ihr Engagement als Pazifistin kommentiert sie ebenso wie die dunklen Momente ihres Lebens, wie die Entführung ihrer Tochter Kyoko durch deren Vater Tony Cox.
Die Hälfte des Buches macht aber die Beziehung zwischen Ono und Lennon aus, dabei hatte der Autor doch bereits auf dem Klappentext erkannt, dass es durchaus mehr über Yoko Ono zu berichten gibt. Auch wenn der Titel "Yoko Ono Talking" also nicht einhundert-prozentig beschreibt, was wirklich kommt, lädt der Band über das Geburtstagskind doch zum Stöbern, Verweilen und Entdecken ein. Das informative Vorwort und die Bilderteile illustrieren die Zitate-Sammlung und runden den liebevoll-intendierten Blick auf das Wirken und Leben der Avantgarde-Ikone ab.

YOKO ONO – TALKING
Von Nick Johnstone
Ãœbersetzt von Madeleine Lampe und Thorsten Wortmann
Schwarzkopf und Schwarzkopf Verlag, erschienen Februar 2008
192 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und zwei separaten Bildteilen
ISBN 978-3-89602- 825-9
14,90 Euro


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Beitrag vom 18.02.2008

Clarissa Lempp