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Beitrag vom 15.01.2008
PAULA und die Leichtigkeit des Seins. Von Zoran Drvenkar
Tina Kosleck
Paula ist dick. Sehr dick sogar. So dick, dass nicht einmal die Männer in ihrer großen Familie sie noch in die Luft werfen können. Aber dann kommt Onkel Hiram zu Besuch - und Paula hebt ab.
Dass es dicke Kinder auf der Welt gibt, ist keine Neuigkeit. Auch nicht, dass es viele davon gibt, ja, dass sie, wie wir hören, gar immer mehr werden.
Auch hören wir von vielen guten Ratschlägen, die die Kinder und ihre Anverwandten doch bitte befolgen sollen. Gesünder essen. Weniger essen. Mehr Sport. Weniger Computer spielen. Dabei schwingt allzu oft ein Vorwurf mit, denn ist Fettleibigkeit nicht irgendwie meist selbstverschuldet?
Die Stimmen, die mitfühlen, sich einfühlen, nicht mit-leiden oder gar mahnen und belehren, hören wir kaum.
Umso bemerkenswerter, dass Zoran Drvenkar ein Buch über Paula, die ein dickes Kind ist, geschrieben hat, das berührt, anrührt und mitfühlend macht, ohne mahnend zu bemitleiden.
In "Paula und die Leichtigkeit des Seins" geht es nicht um Heilung und Verbesserung, nicht darum, dicke Kinder zu schlanken oder zumindest zu dicken mit guten Vorsätzen zu machen. Zoran Drvenkar lässt stattdessen für Paula die Umstände ändern. Statt unten auf der Erde für einfach alles zu schwer zu sein – selbst im Toten Meer sinkt Paula bis auf den Grund – lässt sie es sich in der Luft richtig gut gehen. Ein Jahr lang bleibt sie allein oben in der Luft schweben, wo sie von ihrer Familie mithilfe von Gasballons bestens versorgt wird, bis "die Einsamkeit ihre Sachen packt und zurückkehrt in die Einöde". Ihre Stelle nehmen viele andere Kinder aus der ganzen Welt ein, die Paulas Schicksal teilen und ein "gesprenkeltes Sternendach voller Jungs und Mädchen" werden.
So gibt es für Paula kein klassisches Ende, kein Happy End, das pragmatisch (und realistisch) als gute Lösung akzeptiert werden könnte. Nein, es gibt nur die Leichtigkeit des Seins.
"Paula und die Leichtigkeit des Seins" ist dabei nicht nur ein Kinderbuch mit einer ausgeprägt phantastischen Note. Auch formal sprengt Zoran Drvenkar den Rahmen des Gewöhnlichen, wenn er Paulas Geschichte quasi in Strophen erzählt, in denen die Zeilen zentriert sind, also links und rechts aus der Reihe tanzen.
"Aber das Leben ist manchmal
wie eine Schneeflocke,
die durch die Luft schwebt
und bei der man denkt,
die landet ja nie auf dem Boden."
AVIVA-Tipp: Ein phantasievolles, poetisches Kinderbuch, das den literarischen Horizont der Leser/innen für ungewöhnliche Erzählweisen öffnet.
Zum Autor: Zoran Drvenkar wurde 1967 in Kroatien geboren und zog als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Berlin. Seit 1989 arbeitet er als freier Schriftsteller und lebt heute in der Nähe von Berlin in einer Kornmühle.
(Quelle: Bloomsbury-Verlag)
PAULA und die Leichtigkeit des Seins
Zoran Drvenkar
Illustriert von Peter Schössow
Bloomsbury Verlag, erschienen März 2007
ISBN 978-3827051967
Ab 6 Jahre
Gebunden, 83 Seiten
12,90 Euro