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Beitrag vom 20.08.2003
Glückskind
Jana Scheerer
In Karla Schneiders zauberhafter Geschichte muss die elfjährige Suse feststellen, dass die Erfüllung aller Wünsche noch lange kein Glück ist. Das kommt nämlich meistens ganz ungewünscht und nebenbei.
Suse bekommt von der eigenartigen Frau Fortuna einen Zettel geschenkt. "Ich werde dir alle Wünsche erfüllen", steht darauf. Tatsächlich kann Suse in den nächsten Tagen kaum etwas denken, ohne dass es sofort in Erfüllung geht. Das ist ganz schön nervig, merkt Suse bald, denn wenn plötzlich alles nach Kokoseis und Schokoladentorte schmeckt, ist einer doch eher nach einer Scheibe Schwarzbrot zu Mute.
Und als dann auch noch die anderen Kinder der 4a die Sache mit der Wunscherfüllung mitbekommen, fangen die Probleme richtig an: Jede(r) möchte etwas bei Suse "bestellen". Doch das klappt nicht so, wie sie es sich vorstellen: Weil Suse sich diese Dinge nicht wirklich selbst wünscht, gehen die Wünsche auch nicht in Erfüllung.
Bei dieser Gelegenheit wird Suse klar, was ihr eigentlich wirklich fehlt: Echte FreundInnen. Gerade als ihre beste Freundin Yvonne sie wieder einmal stehen lässt, um mit anderen Mädchen zu tuscheln, fällt Suse so ein Freund buchstäblich vor die Füße: Felix stolpert eine Treppe hinunter und in Suses Leben. Für Felix ist sofort klar: "Susanne" kann nur eines bedeuten: "Freundin des Felix"! Und dass Felix nichts anderes heißt als "Freund der Susanne", passt doch bestens.
Suse und Felix werden also beste FreundInnen und teilen ab jetzt ihre Probleme und Sorgen. Suse nervt das Mädchentrio ihrer Klasse, Felix hat schwerwiegendere Probleme: Er besucht statt einer normalen Schule das Sterlington-Institut für besonders begabte SchülerInnen. Dort gibt es strenge Regeln: Unterhaltungsliteratur ist verboten, genauso Fernsehen und alles andere, was hauptsächlich Spaß macht und nicht nur pädagogischen Wert hat.
Dazu gehört auch der Umgang mit Blumen, der Felix besonders große Freude macht. Als Suse ihn in den Blumenladen ihrer Tante führt, erlebt sie, was wirkliches Glück ist: Andere glücklich zu machen. Doch dieses Glück wird bald getrübt: Der Direktor des Sterlington-Instituts erwischt Felix bei seiner unstandesgemäßen Tätigkeit. Das gibt Ärger...
Und dann sind da noch Felix´ Eltern, die alles andere als normal sind: Der Vater ist Hausmann und außerordentlich schüchtern und ängstlich, die Mutter kommt Suse eigenartig bekannt vor. Und wie heißt Felix eigentlich mit Nachnamen? Doch wohl nicht "Fortuna"?!
"Glückskind" ist eine Geschichte über Freundschaft, Glück und Nachsicht. Gerade Suses Freundin Yvonne wird zunächst in einem sehr unvorteilhaften Licht geschildert, doch Suse und mit ihr die LeserIn entwickeln im Laufe des Buches Verständnis für ihr Verhalten. Und zum Schluss findet sogar Yvonne ihr Glück. Dabei erzählt die Autorin humorvoll und mitreißend und macht es schwer, das Buch aus der Hand zu legen.
Karla Schneider wurde 1938 in Dresden geboren und arbeitete als Buchhändlerin und Journalistin. Seit 1979 lebt sie als freie Autorin in Wuppertal. Außer "Glückskind" gehören "Die abenteuerliche Geschichte der Filomena Findeisen" und "Die Reise in den Norden" zu ihren Kinderbüchern.
Am Schluss des Buches erfährt Suse, dass Felix bald die Stadt verlassen wird, um eine andere Schule zu besuchen. Dass ihr Glück sie so bald wieder verlassen will, ist Suse gar nicht Recht. Und doch hat sie mehr gewonnen als die Freundschaft zu Felix: Sie hat erkannt, was Glück ist. So geht es auch der LeserIn, denn nach der letzten Seite ist klar: Glück kann auch zwischen zwei Buchdeckeln stecken.
Karla Schneider
Glückskind
Hanser, 2003
ISBN 3-446-20334-6
12,90 Euro
Hardcover, 196 Seiten 200903799375" .