Bibliothek verbrannter Bücher - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Literatur





 

Chanukka 5785




AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 30.04.2008


Bibliothek verbrannter Bücher
AVIVA-Redaktion

Am 10. Mai 1933 wurden im nationalsozialistischen Deutschland Bücher jüdischer und regimekritischer AutorInnen verbrannt. Nun erscheinen 316 dieser Bücher in einer ganz besonderen Bibliothek.




Am 10. Mai 1933 fanden gleich zwei, für den Ausbau des nationalsozialistischen Machtapparates im Sinne der "Gleichschaltung" entscheidende, Aktionen statt: Am Vormittag wurde die Deutsche Arbeitsfront (DAF) in einem Staatsakt in Berlin gegründet und nachts brannten auf den Scheiterhaufen in vielen Städten in Deutschland die Bücher hunderter SchriftstellerInnen, WissenschaftlerInnen und PublizistInnen.

Studenten und Professoren waren die Hauptakteure bei diesem Autodafé, bei dieser Inszenierung mit "Feuersprüchen", die den "undeutschen Geist" geißelten. Vorangegangen waren Wochen vorher die Erstürmungen von Partei- und Gewerkschaftshäusern sowie von sozialdemokratischen und kommunistischen Verlagshäusern durch Horden der SA.

Das Moses Mendelssohn Zentrum startete unter der Leitung seines Direktors Julius H. Schoeps und dem Geschichtswissenschaftler Werner Treß in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam und dem Olms-Verlag ein ehrgeiziges Projekt: Von den unzähligen 1933 von den Nationalsozialisten verbrannten Büchern sollen 316 in einer "Bibliothek verbrannter Bücher" neu herausgegeben und an über 4.000 Schulen Deutschlands als ein Mahnmahl besonderer Art aufgestellt werden. Die Schulen erhalten die "Verbrannten Bücher" als Geschenk.

Die Internetseiten www.verbrannte-buecher.de sollen interessierten SchülerInnen und StudentInnen die Möglichkeit geben, sich über die historischen Hintergründe der Bücherverbrennungen sowie die verbrannten Werke zu informieren, die 1933 der kulturellen Selbstvernichtung zum Opfer fielen und nun in der "Bibliothek verbrannter Bücher" neu erscheinen. Begleitend soll der Dokumentationsband "Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933" veröffentlicht werden.

Die Seiten zu den einzelnen AutorInnen und ihren Büchern befinden sich dabei noch im Aufbau und werden von der Potsdamer Germanistin Dr. Margrid Bircken und engagierten StudentInnen Schritt für Schritt erweitert.

Für die ersten zehn Bände wurden folgende Bücher ausgewählt:

Salomo Friedlaender: "Kant für Kinder"
André Gide: "Kongo und Tschad"
Theodor Heuss: "Hitlers Weg"
Franz Kafka: "Beim Bau der Chinesischen Mauer"
Gina Kaus: "Morgen um Neun"
Erich Kästner: "Herz auf Taille / Lärm im Spiegel"
Jack London: "Martin Eden"
Anna Seghers: "Auf dem Wege zur Amerikanischen Botschaft"
Walther Rathenau: "Zur Kritik der Zeit"
Kurt Tucholsky: "Lerne lachen ohne zu weinen"

Da die "Bibliothek verbrannter Bücher" den Schulen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden soll, werden SponsorInnen gesucht, die sich an der Finanzierung beteiligen. Weitere Informationen und Kontaktadressen finden Sie unter: Moses Mendelssohn Zentrum.

Lesen Sie auch auf AVIVA-Berlin:
Sex brennt. Ausstellung im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité


Literatur

Beitrag vom 30.04.2008

AVIVA-Redaktion