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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 16.03.2008


Lizzie Doron - Der Anfang von etwas Schönem
Sharon Adler

Die 2003 für "Ruhige Zeiten" mit dem Preis der Gedenkstätte Yad Vashem und 2007 mit dem Jeanette-Schocken-Preis ausgezeichnete Autorin widmet diesen Roman erneut den Überlebenden der Shoah




"Schweig still, mein Kind, hier wachsen Gräber"
Ein "Schlager aus dem Lager" am Ende einer Sendung im israelischen Rundfunk ist für eine Kette von Geschehnissen verantwortlich.
Die äußerst gefragte und erfolgreiche Moderatorin Amalia Ben Ami hat sich mit dem Abspielen dieses Liedes im Sender nicht nur FreundInnen gemacht – aber andere, lang vergessene, werden auf sie aufmerksam.

Ebenso wie Amalia Ben Ami sind auch Chesi und Gadi, die beiden Männer, die sie seit der gemeinsamen Kindheit in einem Tel Aviver Viertel lieben, mit diesem Lied aufgewachsen.
Alle drei sind Kinder von Überlebenden der Shoah. Jetzt, vierzig Jahre später, führt dieses Lied Amalia und Chesi wieder zusammen. Doch nicht nur diese beiden sind Mittelpunkt der Handlung, auch all die anderen verfolgen vehement ein Ziel oder lassen sich passiv durch die Zeiten treiben.

Wir sind der Anfang von etwas Schönem

"Wir sind ein Wunder, hörte ich Chesi sagen. Wir sind der Anfang von etwas Schönem." Die unverheiratete Amalia ist optimistisch, sie fährt nach Europa, doch statt wie erhofft Chesi in Paris zu heiraten, wird sie von ihm für seine Vision eingespannt, das polnische Judentum wiederzubeleben. Amalia kehrt nach Israel zurück, allein, mit nichts als Grabsteinstücken aus dem Geburtsstädtchen von ihrer und Chesis Mutter im Gepäck.

"Wer fährt mit vierundfünfzig nach Paris, um zu heiraten, und kommt mit Grabsteinen aus Polen zurück?"

Die Schicksale von Amalia, Chesi und Gadi und deren Familien in Israel, Europa oder den USA sind untrennbar miteinander verbunden und stehen doch für sich, sind isoliert, einsam und allein.
Die Tragik der zweiten Generation ist in jedem Satz und Wort spür- und erfahrbar.

Zur Autorin: Lizzie Doron, geboren 1953, lebt in Tel Aviv. 2003 wurde ihr Roman "Ruhige Zeiten" mit dem von Yad Vashem vergebenen Buchman-Preis ausgezeichnet. 2007 erhielt sie den Jeanette Schocken Preis - Bremerhavener Bürgerpreis für Literatur. In der Begründung der Jury heißt es: "Lizzie Doron ist eine israelische Schriftstellerin, die jenen eine Stimme gibt, die sie selber nicht erheben, die jenen Raum verschafft, den sie sich selber nicht nehmen könnten. Sie schreibt über Menschen, die von ´dort´ kommen, die den Holocaust überlebten und nun zu leben versuchen. In Israel. Fremd, schweigend, versehrt – und stets ihre Würde wahrend. Mit großer Behutsamkeit nähert die Autorin sich ihren Figuren und mit großem Respekt wahrt sie Distanz."

AVIVA-Tipp: Verstörend schön ist die Geschichte, atemberaubend dicht die sprachliche, feine und auch humorvolle Annäherung der Lizzie Doron an ihre Figuren und deren tragische Schicksale.
"Der Anfang von etwas Schönem" ist ein literarisches und mitreißendes Meisterwerk, dessen einzelne Buchstaben es verdienen, behutsam gelesen zu werden.


Lizzie Doron
Der Anfang von etwas Schönem

Originaltitel: Hatchala schel maschehu jaffe
Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler
Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, erschienen: 17.09.2007
257 Seiten, Gebunden
18,80 Euro
ISBN 978-3-633-54227-7


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Beitrag vom 16.03.2008

Sharon Adler