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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 07.06.2006


Das Schloss im Himmel
Kirsten Boettcher

Nach den großen Publikumserfolgen der Animationsfilme "Prinzessin Mononoke", "Chihiros Reise ins Zauberland" und "Das wandelnde Schloss" wird jetzt endlich...




ein weiterer Filmbaustein des Lebenswerks von Regisseur Hayao Miyazaki aufgearbeitet.

Er ist ein Meister in der Kreation visueller Fantasiewelten. So dass auch wir Älteren mit großen Kulleraugen die wunderschönen Schöpfungen der filmischen Natur bestaunen. Und obwohl fiktiv, wecken die Filme des 1941 in Tokio geborenen Hayao Miyazaki dennoch einen kindlichen EntdeckerInnenimpuls, sofort ebenfalls in entlegenden Wäldern nach magischen Naturgestalten zu stöbern, wie es die Kinoleinwand verspricht. Man muss nur richtig hinsehen, so scheint es.
Im vergangenen Jahr wurde der Kultautor und -regisseur Miyazaki mit dem Goldenen Löwen der Filmfestspiele Venedig für sein Lebenswerk geehrt, nachdem Chihiros Reise ins Zauberland 2003 den Goldenen Bären in Berlin und im darauffolgenden Jahr den Oscar für den besten Animationsfilm gewann sowie Das wandelnde Schloss (bei uns 2005 in den Kinos) immerhin ebenfalls eine Oscar-Nominierung einheimste.

Das Schloss im Himmel, der nun in Deutschland anläuft, ist ein Schritt in die Vergangenheit des Kultregisseurs, denn diese dritte Regiearbeit stammt von 1986: Aus marktrenitenten Gründen wurde der Film im Ausland bis dato nicht gezeigt: Die beiden Freunde und späteren Geschäftspartner Miyazaki und Isao Takahata ärgerten sich nämlich so sehr über die im westlichen Ausland vorgenommenen Zusammenschnitte ihrer ersten eigenen Animationsfilme, dass sie für die nächsten 10 Jahre jegliche Aufführung ihrer Filme außerhalb Japans verboten. In ihrer Heimat jedoch schrieben die beiden ihre Erfolgsgeschichte weiter. Sie gründeten ihr eigenes Studio Ghibhi (sprich: Dschi-Bu-Ri), das alle uns bekannten späteren Erfolgsfilme produzierte. Ghibhi bezeichnet übrigens einen heißen Saharawind sowie ein italienisches Jagdflugzeug. 1997 erst kam der Film Prinzessin Mononoke, der in Japan alle bisherigen BesucherInnenrekorde des Genres brach, in unsere Kinos. Die zehnjährige Publikationslücke will nun der Verleih Universum Film schließen.

Die Geschichte: Die Suche nach einer Legende

Der tapfere Junge Pazu (Nico Mamone) arbeitet schwer in einem Bergwerkstädtchen, als er auf einmal ein Mädchen von Himmel schweben sieht, getragen von der sonderbaren Kraft eines blauen Steins. Das Mädchen, Sheeta (Nathalie Loewenberg), ist auf der Flucht und findet in Pazu einen treuen Freund. Zusammen müssen die beiden Waisenkinder gleich vor zwei Parteien fliehen, die es auf das Geheimnis des Steins abgesehen haben: Die Agenten des Regierungsbeamten Musca (Claus-Peter Damitz) einerseits und die chaotisch organisierte Luftpiraten, angeführt von der schrulligen Mama Dora (Ilona Grande) mit dicken Zöpfen und ihren trotteligen Söhnen auf der anderen Seite. Sheeta und Pazu finden auf ihrer Flucht heraus, dass der blaue Stein von einem legendenumwobenen Ort stammt, den bereits Pazus Vater gefunden zu haben glaubte. Der Kristall gehört zu einer über den Wolken schwebende Insel, auf der das Schloss Laputa stehen soll. Als es dem Beamten Musca gelingt, Sheeta den Kristall abzunehmen, müssen die beiden Kinder ein Bündnis mit den LuftpiratInnen eingehen, um das Schloss im Himmel finden und das Geheimnis ergründen zu können.

Naturkraft gegen von Menschen produzierte Maschinengewalt

Die Idee zu dieser schwebenden Stadt holte sich Miyazaki von Jonathan Swifts Gullivers Reisen, in der die fliegende Insel Laputa entworfen ist. Die Geschichte um das Geheimnis von Laputa ist im 19. Jahrhundert, der Zeit der Industrialisierung, angesiedelt, in dem diverse utopische Entwürfe für Flugmaschinen unter anderem von Jules Verne kursierten. Auch Miyazakis Filmvorspann ist diesen Flugmaschinen gewidmet: Es wimmelt von Propellern, riesigen Windrädern und aus Holz oder Metall gefertigten Flugschiffbäuchen. Im Vergleich zu Prinzessin Mononoke ist Das Schloss im Himmel stilistisch kindlicher, erzählt das Schicksal von Sheeta weniger düster und überrascht gern - wie auch in seinen späteren Filmen - mit charakterlichen und biografischen Offenbarungen. Auch in diesem Werk Miyazakis beeindruckt die Ideenvielfalt, die kleinen Details der Architektur der Bergdörfer, der Insel Laputa, der Roboter, die die Vogelnester beschützen. Doch aufgrund dieser Detailbesessenheit und Schönheit der visuellen Einfälle tritt die Handlung mit seinem Showdown leicht in den Hintergrund. Irgendwie Magie, erinnert man sich später etwas nebulös. Die visuellen Fantasien Miyazakis aber bleiben.


Das Schloss im Himmel (OT: Tenkuu no Shiro Rapyuta)
Buch und Regie: Hayao Miyazaki
Produktion: Studio Ghibli 1986
Musik: Joe Hisaishiro
Verleih: Universum Film, 124 Minuten, frei ab 6 Jahren.
Filmstart: 8. Juni 2006
www.das-schloss-im-himmel.de



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Beitrag vom 07.06.2006

AVIVA-Redaktion