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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 03.05.2006


Aaltra - Eine rabenschwarze Komödie
Constanze Geißler

Das Debüt des neu gegründeten Filmverleihs Weltecho hat es in sich. In enthaltsamen schwarz-weiß Bildern erzählt der Film über zwei Nachbarn, die sich unter keinen Umständen dem Schicksal beugen.




Die beiden Nachbarn, deren Namen wir nicht erfahren, leben in einer Misere.
Nicht genug, dass der hintere Teil einer Erntemaschine auf die beiden schlägt und sie von der Hüfte abwärts gelähmt bleiben. Nein - einer der beiden sinniert in seinem baufälligen Haus einsam über die Zeit. Der andere wohnt in gescheiterter Ehe ihm gegenüber. Im Rollstuhl aus dem Krankenhaus ankommend, bleibt dessen Ehefrau spurlos verschwunden. Auch das einzige Glück im Leben des Mannes ist zerronnen - die temporeichen Motorradfahrten auf Feldwegen und über Felder.

Der Film "Aaltra" baut zu Beginn eine suggerierend hoffnungslose Stimmung auf, worin die Anti-Helden gefangen sind und mit ihnen die ZuschauerInnen.
Doch die beiden Männer ergeben sich nicht ihrem Schicksal, sondern treten eine Reise an, die sie im Rollstuhl von ihrer Heimat Frankreich bis nach Finnland führt. Hinter ihrem festen Glauben, dass eine finanzielle Entschädigung vom finnischen Hersteller der Erntemaschine winkt, steckt ein Vorwand - mit dem die Filmemacher die Nachbarn aus ihrem Dorf locken und auf einen Selbsterfahrungstrip schicken.
In der fortan tief schwarz-humorigen Reise entpuppen sich die Charaktere der Rollstuhlfahrer als hemmungslos. Für die Hilfsbereitschaft ihrer Mitmenschen haben sie wenig Verständnis. Sie nehmen Angebote wohlwollend entgegen und richten ganz auf Kosten der anderen ihr Dasein ein. In stoischer Ruhe verweilen die beiden im Wasser, das ihnen buchstäblich bis zum Halse steht, um danach weiter unaufhaltsam ihr Ziel zu verfolgen.

Die schwarz-weiß Bilder des Filmes, obwohl sie die Gegenwart zeigen, sind nicht im Hier und Jetzt verankert: Die Bilder sind zeitlos, indem sie ein Gefühl für das Erzählte abseits aller Bissigkeit vermitteln.

Bevor die beiden Männer in Finnland auf die verheißungsvoll blitzenden Augen des Chefs der Firma "Altra" (Aki Kaurismäki) treffen, hören die ZuschauerInnen gemeinsam mit ihnen in einer Kneipe den hingebungsvoll schief interpretierten Evergreen "Sunny". Er ist der wahre Liebessong des Films.

AVIVA-Tipp:
Ein Film für LiebhaberInnen der schwarzen Komödie. Stark moralisch veranlagte ZuschauerInnen werden sich bei "Aaltra" sicherlich schwarz ärgern.


Aaltra
Frankreich, Belgien 2004
Regie: Benoît Delépine, Gustave Kevern
Produktion: La Parti Production
DarstellerInnen: Benoît Delépine, Gustave Kevern, Aki Kaurismäki, Jan Bucquoy, Pierre Carl, Michel De Houx, Isabelle Delepine, Jason Flemyng, Noel Godin u.a.
Lauflänge: 92 Minuten
Kinostart: 4. Mai 2006
www.aaltra.de



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Beitrag vom 03.05.2006

AVIVA-Redaktion